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Die Physiker

Die Physiker

Titel: Die Physiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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sich in Hut und Mantel von der Leiche ab, kommt nach vorne.
    FRL. DOKTOR: »Eine Havanna?«
    INSPEKTOR: »Nein, danke.«
    FRL. DOKTOR: »Schnaps ?«
    INSPEKTOR: »Später.«
    Schweigen.
    INSPEKTOR: »Blocher, du kannst jetzt photographieren.«
    BLOCHER: »Jawohl, Herr Inspektor.«
    Man photographiert. Blitzlichter.
    INSPEKTOR: »Wie hieß die Schwester?«
    FRL. DOKTOR: »Monika Stettier.«
    INSPEKTOR: »Alter?«
    FRL. DOKTOR: »Fünfundzwanzig. Aus Blumenstein.«
    INSPEKTOR: »Angehörige?«
    FRL. DOKTOR: »Keine.«
    INSPEKTOR: »Haben Sie die Aussagen, Guhl?«
    GUHL: »Jawohl, Herr Inspektor.«
    INSPEKTOR: »Wieder erdrosselt, Doktor?«
    GERICHTSMEDIZINER: »Eindeutig. Wieder mit Riesenkräften.
    Nur diesmal mit der Vorhangkordel.«
    INSPEKTOR: »Wie vor drei Monaten. Er setzt sich müde auf den Sessel rechts vorne.
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    FRL. DOKTOR: »Möchten Sie nun den Mörder –?«
    INSPEKTOR: »Bitte, Fräulein Doktor.«
    FRL. DOKTOR: »Ich meine, den Täter sehen?«
    INSPEKTOR: »Ich denke nicht daran.«
    FRL. DOKTOR: »Aber - «
    INSPEKTOR: »Fräulein Doktor von Zahnd. Ich tue meine Pflicht, nehme Protokoll, besichtige die Leiche, lasse sie photographieren und durch unseren Gerichtsmediziner begutachten, aber Möbius besichtige ich nicht. Den überlasse ich Ihnen. Endgültig. Mit den andern radioaktiven Physikern.«
    FRL. DOKTOR: »Der Staatsanwalt ?«
    INSPEKTOR: »Tobt nicht einmal mehr. Brütet.«
    FRL. DOKTOR (wischt sich den Schweiß ab) : »Heiß hier.«
    INSPEKTOR: »Durchaus nicht.«
    FRL. DOKTOR: »Dieser dritte Mord - «
    INSPEKTOR: »Bitte, Fräulein Doktor.«
    FRL. DOKTOR: »Dieser dritte Unglücksfall hat mir in >Les Cerisiers< gerade noch gefehlt. Ich kann abdanken. Monika Stettier war meine beste Pflegerin. Sie verstand die Kranken.
    Sie konnte sich einfühlen. Ich liebte sie wie eine Tochter. Aber ihr Tod ist noch nicht das Schlimmste. Mein medizinischer Ruf ist dahin.«
    INSPEKTOR: »Der kommt schon wieder. Blocher, mach noch eine Aufnahme von oben.«
    BLOCHER: »Jawohl, Herr Inspektor.«
    Von rechts schieben zwei riesenhafte Pfleger einen Wagen mit Geschirr und Essen herein. Einer der Pfleger ist ein Neger. Sie sind von einem ebenso riesenhaften Oberpfleger begleitet.
    OBERPFLEGER: »Das Abendbrot für die lieben Kranken, Fräulein Doktor.«
    INSPEKTOR (springt auf) : »Uwe Sievers.«
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    OBERPFLEGER: »Richtig, Herr Inspektor. Uwe Sievers.
    Ehemaliger Europameister im Schwergewichtsboxen. Nun Oberpfleger in >Les Cerisiers<.«
    INSPEKTOR: »Und die zwei andern Ungeheuer?«
    OBERPFLEGER: »Murillo, südamerikanischer Meister, auch im Schwergewicht, und McArthur - er zeigt auf den Neger -
    nordamerikanischer Meister, Mittelgewicht. Stell den Tisch auf, McArthur.«
    McArthur stellt den Tisch auf.
    OBERPFLEGER: »Das Tischtuch, Murillo.«
    Murillo breitet ein weißes Tuch über den Tisch.
    OBERPFLEGER: »Das Meißner Porzellan, McArthur.«
    McArthur verteilt das Geschirr.
    OBERPFLEGER: »Das Silberbesteck, Murillo.«
    Murillo verteilt das Besteck.
    OBERPFLEGER: »Die Suppenschüssel in die Mitte, McArthur.«
    McArthur stellt die Suppenschüssel auf den Tisch.
    INSPEKTOR: »Was kriegen denn unsere lieben Kranken ? Er hebt den Deckel der Suppenschüssel hoch.
    Leberknödelsuppe.«
    OBERPFLEGER: »Poulet à la broche, Cordon bleu.«
    INSPEKTOR: »Phantastisch.«
    OBERPFLEGER: »Erste Klasse.«
    INSPEKTOR: »Ich bin ein Beamter vierzehnter Klasse, da geht's zu Hause weniger kulinarisch zu.«
    OBERPFLEGER: »Es ist angerichtet, Fräulein Doktor.«
    FRL. DOKTOR: »Sie können gehen, Sievers. Die Patienten bedienen sich selbst.«
    OBERPFLEGER: »Herr Inspektor, wir hatten die Ehre.«
    Die drei verbeugen sich und gehen nach rechts hinaus.
    INSPEKTOR (sieht ihnen nach) : »Donnerwetter!«
    FRL. DOKTOR Zufrieden ?«
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    INSPEKTOR (Neidisch) : »Wenn wir die bei der Polizei hätten«
    FRL. DOKTOR: »Die Gagen sind astronomisch.«
    INSPEKTOR: »Mit Ihren Schlotbaronen und Multimillionärinnen können Sie sich das ja leisten. Die Burschen werden den Staatsanwalt endlich beruhigen. Denen entkommt keiner.«
    Im Zimmer Nummer 2 hört man Einstein geigen.
    FRL. DOKTOR: »Wieder die Kreutzersonate.«
    INSPEKTOR: »Ich weiß. Das Andante.«
    BLOCHER: »Wir wären fertig, Herr Inspektor.«
    INSPEKTOR: »Dann schafft wieder mal die Leiche hinaus.«
    Zwei Polizisten heben die Leiche hoch. Da stürzt Möbius aus Zimmer Nummer 1.
    MÖBIUS: »Monika! Meine Geliebte!«
    Die Polizisten mit der Leiche bleiben stehen,

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