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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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das Leben kostete. Wir nährten uns von dem, was Feld und Wald dem Hungernden darboten, immer in der Angst, auf marodierende Germanentruppen zu stoßen. Zwei unserer Kastelle passierten wir in sicherer Entfernung, sie waren bis auf die Grundmauern niedergebrannt, und der Hauch von Tod und Verwesung hing über ihnen.
    Am vierten Tag gelang es uns, mit unserer letzten Lanze einen Rehbock zu erlegen. Wir tauchten unsere Münder in das warme Blut und saugten es gierig wie Tiere auf. Am nächsten Tag stießen wir zum ersten Mal auf einen germanischen Jagdtrupp. Die Hilfe der Götter, aber mehr noch die Trunkenheit der Barbaren mag es gewesen sein, die uns die rettende Flucht ermöglichte.
    Am sechsten Tag nach unserer ehrlosen Flucht führte uns das Schicksal mit zehn Kameraden der XVIII. Legion zusammen, die wie wir dem Tode näher waren als dem Leben. Sie berichteten in abgehackten Worten von schlimmen Untaten der Germanen und schürten unsere Angst zusätzlich. Sie hatten jede Hoffnung verloren. Einzig ihr Centurio, ein gewisser Marcus Caelius, schalt sie Angsthasen und unwürdige Feiglinge. Einen Arm hatte er verloren, und nur mit Fetzen war der blutige Stumpf abgebunden. Aber die Worte dieses Mannes habe ich noch im Ohr, sie verfolgen mich noch heute in manchen Träumen:
    »Wer seid ihr, Kameraden? Seid ihr römische Legionäre? Seid ihr Soldaten oder feige Weiber? Habt ihr euren Fahneneid vergessen, denihr einst dem Princeps, dem Senat und dem Volk von Rom geleistet habt? Wir mögen durch Trug und Hinterhalt eine Schlacht verloren haben, aber niemals den Krieg. In wenigen Tagen werden wir an den Ufern des Rhenus stehen. Seid gewiss, wir werden uns von dieser schmählichen Niederlage erholen, und die Götter wissen, dass wir diese Schmach rächen werden, die jetzt wie das Feuer der Unterwelt in unseren Herzen brennt. Niemals verzagen – das war stets die Devise unserer Legion! Und jetzt weiter, Kameraden! Wir schaffen es!«
    Jahre später stand ich vor seinem Grabstein in Castra Vetera, den ihm sein treuer Bruder errichtet hatte. Er hatte es nicht geschafft!
    Aber ich schaffte es!
    Am zwölften Tag nach unserer Flucht stieß ich mit fünf Mann, die mir noch geblieben waren, auf eine Patrouille der Unsrigen, die uns ins sichere Lager nach Castra Vetera brachte. Ich vermochte keine Freude zu empfinden, sondern blickte unsere Retter aus stumpfen, seelenlosen Augen an, zu sehr hatte mich ein namenloses Entsetzen gepackt.
    Freilich hatte sich die schlimme Kunde schon längst bis hierhin herumgesprochen. Immer wieder mussten wir erzählen, immer wieder. Ich höre jetzt noch, wie die Feder des alten, missmutigen Schreibers über den Papyrus kratzt, um uns alle Einzelheiten des schrecklichen Geschehens zu entlocken und für eine begierige Nachwelt festzuhalten.
    »Für die Akten«, hatte der Alte gemurmelt, »die in Rom wollen alles ganz genau wissen!«
    Wussten sie es überhaupt schon?
    Ruhe, Schlaf und gute Nahrung brachten mich langsam wieder zu Kräften. Die Wunden meines Körpers aber heilten schneller als die meiner Seele. In den langen Nächten hörte ich die Schreie meiner gequälten Kameraden, sah die grausamen Fratzen der Barbaren, die hingeschlachteten Legionäre in ihrem verzweifelten Todeskampf. Ihre Körper hingen an Bäumen oder verwesten auf den Opferaltären der Barbaren. Überall war Blut, Blut, Blut.
    Zwei Wochen nach meiner glücklichen Ankunft in unserer Garnison erhielt ich zusammen mit dreißig anderen Überlebenden den Befehl, mich sofort nach Rom zu begeben, zur Berichterstattung ...

VIII.
     
    Zwei Tage, nachdem Hellinger seinen Fund an den pensionierten Oberstudienrat übergeben hatte, klingelte es plötzlich Sturm an seiner Tür. Hellinger hatte gerade unter der morgendlichen Dusche gestanden, band sich ein Handtuch um die Hüfte und eilte zur Tür. Ein Blick durch den kleinen Türspion reichte, um das hochrote Gesicht von Dr. Wiegand zu erkennen. »Augenblick, komme sofort!«
    Rasch zog sich Hellinger einen Trainingsanzug über, trocknete den schwarzen Haarschopf notdürftig mit einem Tuch und öffnete.
    Zornbebend stürmte Wiegand in die kleine Wohnung und fuchtelte sichtlich erregt mit einem Zeitungsblatt vor Hellingers Nase herum.
    »Mann Gottes, verstehen Sie das unter Diskretion?«
    Verblüfft warf der junge Mann einen Blick auf die Schlagzeile des »Kölner Express«:

»Sensationeller Fund unter Kölner Kirche! Handwerker fand uralte Schriftrollen unter St. Pantaleon. Die Archäologen

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