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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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knospenden Begierden der neuen Verbindung zu kosten, denn eine Woche später erhielt ich den Befehl, nach Germanien aufzubrechen. So zärtlich der Abschied von Claudia war, die mich in dieser kurzen Zeit schon allzu lieb gewonnen hatte, so kühl war der Abschied von meinem Vater. An diesem Tag sah ich ihn zum letzten Mal!
    An den Nonen des Dezembers brach ich auf, um meine Rückkehr in das ungeliebte Land der Barbaren anzutreten.

XIV.
     
    Wenn es in Köln schneit, bricht jeder Verkehr zusammen. Dafür reichen bereits wenige Schneeflocken aus. Das war schon immer so, und es ist auch kein Grund zu sehen, warum sich das ändern sollte. Der Kölsche an sich fährt nämlich mit Vorliebe Auto in südländischem Fahrstil, schimpft ausgesprochen gern wie ein römischer Taxifahrer und ist chronisch so schlecht bereift wie ein Touristenbus aus Genua, vor allem im Winter. Wie in manchen anderen Bereichen wird Köln also auch in dieser Beziehung seiner Bezeichnung als »Rom des Nordens« bestens gerecht.
    Rechtzeitig vor dem Weihnachtsfest hatte ein dunkler Himmel Tonnen leichter Schneeflocken über der Domstadt entleert und zum schon erwähnten Verkehrschaos geführt. Der Schnee blieb zwar nicht liegen, doch die matschige Pracht reichte aus, um den Verkehr zum Erliegen zu bringen und den Autofahrern so manche wüste Beschimpfung zu entlocken.
    Missmutig stand Hellinger mit seinem Golf in einem Stau, der sich vom Neumarkt bis zu den Ringen erstreckte. Im Geiste ging er die Vorbereitungen durch, die er vor den Festtagen noch zu erledigen hatte: einkaufen, das Geschenk für die Oma, einen Baum hatte er auch noch nicht, dann noch ein paar Kerzen für die gemütlichen Abende ...
    Das plötzliche Klingeln seines Handys weckte ihn aus seinen festlichen Betrachtungen. Ein kurzer Blick zur Seite und nach hinten, keine Polizei in der Nähe. Hellinger hob ab.
    »Wiegand hier. Hallo Frank.«
    »Hallo Doktor. Was gibt’s?«
    »Ich hatte Besuch!«
    »Besuch? Von wem?«
    »Ein junger Kaplan namens Wagenbach. Eigentlich wollte er zu Ihnen, aber ich habe ihn ... äh ... abgefangen. Er kam im Auftrag des Generalvikariats. Frank, die Sache spitzt sich zu. Sie drohen mit Anwalt und Gericht, wenn sie die Schriften nicht kriegen.«
    Seufzend legte Hellinger den Gang ein und fuhr einige Meter.
    »Und?«, fragte er gedehnt. »Was sollen wir nach Ihrer Meinung tun?« Aber er kannte die Antwort bereits.
    »Am besten wäre es, Sie gäben die Rollen an den rechtmäßigen Eigentümer zurück. Vielleicht könnte man mit der Kirche so etwas wie einen Finderlohn aushandeln.«
    Hellinger musste abrupt bremsen, weil ein portugiesischer Lastwagen vor ihm ins Schleudern kam. Seine Stimme wurde lauter.
    »Kommt überhaupt nicht infrage! Man weiß doch, wie geizig die sind. Die gehen doch selbst sonntags mit dem Klingelbeutel rum, wenn kein vernünftiger Mensch arbeitet.«
    Dr. Wiegands Lachen dröhnte durch den Hörer.
    »Im Ernst, Doktor, das ist meine große Chance, endlich mal etwas Kohle zu machen. Außerdem finde ich die Sache inzwischen richtig spannend. Wann erlebt man schon mal so etwas?«
    Weitere zehn Meter Fortschritt. Die Stimme Wiegands klang wieder ernst.
    »Frank, die Sache ist riskant. Ich spüre es!«
    Hellinger lachte. »Doktor, Sie sehen Gespenster!«
    »Wir werden sehen. Auf jeden Fall sollten Sie heute Abend vorbeikommen. Bringen Sie Conny mit. Und Appetit. Ich mach uns eine Pizza.«
    Dem Angebot konnte Hellinger nicht widerstehen.
    »Bin in zwei Stunden bei Ihnen!«
    »Ist recht!«

    ***

    Auch rund 1 400 km weiter südlich waren die Vorbereitungen für das hohe Fest in vollem Gang. Rom brummte wie ein Bienenschwarm. Die eleganten Modegeschäfte zwischen der Spanischen Treppe und der Via del Corso verzeichneten Einnahmerekorde, an den prachtvoll dekorierten Schaufenstern der Via Condotti drückten sich die Menschen die Nase platt, und auch die bescheideneren Läden in der Via del Tritone mochten sich über geringe Umsätze nicht beklagen. Dies war die einzige Zeit, in der Rom nicht den Touristen, sondern den Einwohnern gehörte, und die Romani genossen dieses seltene Vergnügen. Wer seine Einkäufe schon beendethatte, saß in einer der zahllosen Trattorias, trank seinen Cappuccino oder verzehrte die unvermeidliche Pasta. Selbst die bei Touristen so beliebten Treffpunkte an der Piazza del Popolo oder der Piazza Navona waren fest in einheimischer Hand.
    Wenn man aber die Verkehrsfluten des Centro Storico verlässt und über den Corso

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