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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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sein mochte. Ledig und kinderlos, wie er war, interessierten ihn die Vorbereitungen des anstehenden Festes naturgemäß erheblich weniger als die Arbeiten an seinem Buch. Der Verlag drängte, der Lektor mahnte, die Zeit schien davonzulaufen – und außerdem liebte Kohlbruch seine Arbeit. Mochten auch die anderen verständnislos ihre Köpfe schütteln, wenn sie von seinen Themen hörten, er liebte sie und konnte sich nichts anderes vorstellen als seine Arbeit. Was konnte es auch Wichtigeres geben als die Behandlung der Fragen, wo und warum sich im frührömischen Germanien Tempel und Altäre des Parthergottes Mithras befunden hatten, den die römischen Soldaten so liebten und der so viele augenfällige Parallelen zu Christus aufwies?
    Auch heute hatte er schon den ganzen Tag über seinen Büchern und Schriften gesessen, und die Augen waren darüber müde geworden. Schwer tasteten sich seine Augen über die Zeilen, und selbstder tiefschwarze Kaffee, der in einer riesigen Thermoskanne immer noch dampfend auf dem Tisch stand, vermochte die Müdigkeit nicht mehr zu vertreiben, die ihn plötzlich übermannte. Er nahm die randlose Brille ab, sein fast kahler Kopf sank schwer auf die Arme, und Sekunden später war Cäsar in einen tiefen Schlaf versunken.
    So hörte der schlafende Gelehrte nicht die leisen Schritte, die sich vorsichtig den Gang entlangtasteten. Kurz leuchtete eine schwere Taschenlampe auf, um den Gang für eine Sekunde seiner Dunkelheit zu entreißen, dann erblickte die bullige, dunkle Gestalt den Lichtschein im letzten Raum des Ganges. Unmerklich zuckte sie zusammen. Und immer noch nicht hatte sie den Raum gefunden, den sie suchte. Ob er im zweiten Stock war? Zurück zum Treppenhaus, weg von diesem Licht, das Gefahr und Entdeckung verhieß. Doch bei diesem hastigen Rückzug übersah die Gestalt die Dianafigur, die in einer schmalen Nische auf einem niedrigen Sockel stand, das Geschenk eines dankbaren Studenten, der in diesen Gängen nach achtzehn Semestern doch noch unverhofft sein akademisches Glück gemacht hatte. Zwar gelang es noch, die Figur festzuhalten und vor einer abrupten Zerstörung auf dem harten Boden zu bewahren, aber die Taschenlampe fiel mit schepperndem Geräusch zu Boden ...
    Professor Kohlbruch schreckte hoch. Für einen Augenblick wusste er nicht, wo er war. Er reckte den Hals, der von der unbequemen Haltung schmerzte. Seine feingliedrigen Hände griffen nach der Brille, die auf den Boden gefallen war. Dann fiel ihm das Geräusch wieder ein. Wer konnte denn zu dieser Zeit im Gebäude sein? Er hatte doch hinter sich abgeschlossen. Sollte noch ein Mitarbeiter ...
    Müde erhob er sich und öffnete die Tür. Der Gang lag in völliger Dunkelheit. Bis zum Lichtschalter waren es nur wenige Schritte ...

XV.
     
    Das Land der Barbaren empfing mich mit der gleichen Kälte, in der ich es verlassen hatte. Eis, Schnee und Stürme verzögerten unsere Reise und gaben uns einen Eindruck von den widrigen Umständen, die uns erwarteten. Mich, der ich ja gerade erst aus dieser unwirtlichen Region zurückgekehrt war, mochte das nicht überraschen, aber die Klagen vieler meiner Kameraden, die man aus südlichen Gefilden erstmals hierhin versetzt hatte, ließen mich mitunter schmunzeln.
    Unser Auftrag war klar umschrieben: Wir hatten mit aller Kraft die Rhenuslinie zu sichern, sie mit Befestigungen und Kastellen zu einem unüberwindbaren Grenzwall auszubauen, dem Limes. Der Cäsar hatte offensichtlich jegliches Expansionsstreben in Richtung Osten aufgegeben und stattdessen Verteidigung und Erhalt der bestehenden Grenzen angeordnet.
    Was soll ich den Leser mit den Einzelheiten langweilen, die mein Dienst mit sich brachte. Vier Jahre lang tat ich Dienst am Rhenus als Tribun der Legio XXI Rapax in einem kleinen Städtchen, das die Einheimischen Ara Ubiorum nannten. Zusammen mit den drei anderen Legionen unterstand sie dem Befehl des Legaten Cäcina. Den Oberbefehl hatte drei Jahre lang Tiberius selbst gehabt, doch als er nach Rom zurückbeordert wurde, erhielt Germanicus, der Sohn seines verstorbenen Bruders Drusus, das Oberkommando. In dieser Zeit passierte nichts, was der Erinnerung wert und für eine Notiz in diesem Schriftstück angemessen wäre. Zwar unternahm Tiberius einige kleinere Vorstöße über den Rhenus, doch kam es nie zu Gefechten, da die Germanen sich bei unserer Ankunft stets aus ihren Dörfern zurückzogen.
    Vielleicht mag es noch interessieren, dass es einen Anschlag auf das Leben unseres

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