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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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hatte sich wieder eingestellt, und die Männer folgten willig unseren Befehlen. Die Aussicht auf ein baldiges Gefecht hatte genügt, um die Disziplin wieder aufzurichten.
    Es war uns bekannt, dass die Germanen in diesen Nächten ein großes Fest feierten, und so durften wir mit nachlässiger Wachsamkeit rechnen. Meine Cohorte gehörte zu dem Truppenteil, der unter Cäcinas Befehl vorauszumarschieren und den nachfolgenden Truppenden Weg zu bahnen hatte. Eine sternhelle Nacht wies uns den Weg zu den Dörfern der Marser. Und während die Einwohner noch ihren Rausch vom Fest ausschliefen, umstellten wir die Siedlungen. Dann begann der Angriff aus dem Nichts der Dunkelheit. Wie soll ich es beschreiben? Wir verwüsteten alles mit Feuer und Schwert. Kein Geschlecht, kein Alter fand Erbarmen. Menschliche wie göttliche Stätten wurden dem Erdboden gleichgemacht. Diese Menschen hatten nicht nur unverschuldet für die Raserei zu büßen, die sich unsere Leute vorher bei der Meuterei geleistet hatten, sie wurden auch für die Tücke des Arminius bestraft, an der sie doch keinen Anteil hatten. Schlafende, Waffenlose, Kinder und herumirrende Greise wurden erschlagen, wir hatten keine Verluste.
    Ohne Zweifel gehörte dieses Unternehmen nicht zu den Ruhmestaten unserer Feldzeichen, aber gleichwohl war es nötig gewesen, und unter diesem Aspekt betrachtete ich die entseelten Opfer unseres Feldzuges ungerührt. Sie waren eben zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen!
    Als sich die Nachricht von dem Massaker in den verschneiten Wäldern herumgesprochen hatte, sannen die Bructerer, Tubanten und Usipeter auf Rache. Sie besetzten die Waldgebirge, durch die wir unseren Rückweg nehmen mussten. Aber Germanicus wiederholte nicht den Fehler, den Varus einst gemacht hatte. So traten wir den Rückweg in geschlossener Kampfformation an, an der Spitze die Reiterei und die Auxiliarcohorten. Dann folgte die I. Legion. Die anderen Legionen, darunter auch meine XI., deckten die Flanken, die XX. sicherte die Nachhut.
    Dennoch gerieten wir angesichts der Übermacht zunächst in Gefahr, und mich beschlichen ungute Erinnerungen an die furchtbare Schlacht unter Varus. Aber Germanicus hielt von seinem Pferd aus mit lauter Stimme eine Rede und rief: »Männer, das ist die Stunde, jegliche Schmach zu tilgen und die Meuterei in Vergessenheit zu bringen. Das ist die Stunde, Schmach in Ehre und Unehre in Ruhm zu verwandeln. Heftet das Blut der Barbaren an eure Adler und reinigt sie somit von aller Schuld!«
    Diese wenigen Worte reichten, um jede aufkeimende Verzagtheit zu tilgen. Die Männer schlugen auf ihre Schilde, riefen hämische Parolen zu den Feinden und rückten vor. Der Mut unserer Männer war erneut entbrannt. In einem einzigen Ansturm durchbrachen wir die geschlossenenReihen der Feinde, trieben sie ins offene Feld und machten sie nieder. Unsere Verluste waren gering, die Barbaren aber wurden fast aufgerieben.
    Und die gleichen Männer, die wenige Tage zuvor noch kaum gezögert hatten, ihre vorgesetzten Offiziere zu schmähen und gar niederzumachen, brachen jetzt in Hoch-Rufe aus und trugen ihre siegreichen Generäle auf den Schultern ins Lager, an der Spitze den vergötterten Germanicus und Cäcina.
    Ich erlitt eine Verwundung am linken Arm, die mir aber weniger Schmerz als Ruhm eintrug. Wir hatten gesiegt. Die Moral der Truppe war wiederhergestellt, die Schmach der Meuterei getilgt. In Ruhm und Ehre flatterten unsere Feldzeichen über dem Winterquartier, das wir alsbald bezogen.

XVIII.
     
    Leichenblass lauschte Hellinger Wiegands Worten.
    »Mein Gott, ein Mord! Das habe ich nicht gewollt ...«
    Tonlos hauchte seine Stimme in die schmale Muschel des Handys. Dr. Wiegand hatte ihn umgehend nach dem Gespräch mit Dr. Krings angerufen und ihn auf einer Baustelle in Hürth erwischt, mitten zwischen einer Ladung neuer Heizungsrohre und modischer Keramikbecken.
    »Frank, wir müssen die Rollen zurückgeben. An die Kirche!«
    Schweigen auf der anderen Seite.
    »Wollen Sie, dass noch ein Mensch stirbt?«
    Wieder keine Antwort, nur ein schweres Atmen strömte durch den Hörer. Wiegand begann ungeduldig zu werden.
    »Mann Gottes, Frank, antworten Sie doch! Was ist denn los mit Ihnen? Ich bekomme die Rollen heute Mittag zurück, danach werde ich sie ...«
    »Nein! Das werden Sie nicht tun, Doc!«
    Hellingers Stimme klang ungewohnt scharf. So hatte er mit seinem netten Nachbarn nie zuvor gesprochen.
    »Aber ...«
    Die Stimme wurde wieder sanfter, verlegte

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