Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)
ungewöhnlich, denn ich weiß, dass er an seinem Buch arbeitet, und das auch nachts. Ich wollte ihm ein frohes Fest wünschen und rief ihn über Handy an. Dass er sich nicht meldete, machte mich stutzig. Ich beschloss nachzusehen und fand ihn blutüberströmt in seinem Zimmer ...«
Die Polizei tappt noch im Dunkeln. Spuren an der Hintertür des Instituts weisen auf einen Einbruch hin. Aber was haben die Täter gesucht? Was könnte dort von solchem Interesse sein, dass es ein Menschenleben wert ist? Die polizeiliche Fahndung läuft auf Hochtouren ...
»Ich könnte euch sagen, was die Täter dort gesucht haben.« Ein Zug von Bitterkeit grub sich in Wiegands Gesicht. Mit einem Fluch warf er die Zeitung zur Seite. Er achtete nicht darauf, wie die Kaffeetasse umkippte und ihren schwarzen Inhalt über die Bettdecke ergoss. Er hatte es vorausgesehen. Diese verdammten Schriftrollen! Ein erstes Opfer hatten sie gekostet und noch dazu eins, das mit derSache gar nichts zu tun hatte. Die unbekannten Gegenspieler waren skrupellos, das hatte er geahnt, aber ein Mord ...?
Seine Finger griffen zum Telefon. Sein Gesprächspartner schien neben dem Telefon gesessen zu haben, denn schon nach einem Klingeln wurde abgehoben.
»Krings.«
»Hallo, Thomas. Ich bin’s!«
»Justus! Mein Gott, du hast es gelesen, nicht wahr? Ich hätte dich auch gleich angerufen. Sie waren hinter den Schriftrollen her!«
»Wo sind die Rollen?«
»In unserem ... in unserem Safe. Aber der befindet sich im Keller, da wären sie nie rangekommen! Ich wollte sie nach den Feiertagen zum Römisch-Germanischen Museum bringen. Ich kenne da ...«
»Es tut mir so Leid, was passiert ist!« Wiegands Stimme klang brüchig.
Einen Augenblick lang schwieg sein Gesprächspartner.
»Ich kannte Eugen Kohlbruch gut. Er war ein feiner Mensch, ein sehr feiner Mensch. Mein Gott, so ein Ende zu finden. Mit zertrümmerter Schädeldecke ...«
Wieder Schweigen, eine Nase wurde vernehmlich geschnäuzt. Dann fuhr die Stimme fort: »Die Polizei wird Fragen stellen – auch an mich!«
»Thomas, du darfst auf keinen Fall die Schriftrollen erwähnen. Das würde uns alle, die wir an der Sache beteiligt sind, in große Gefahr bringen.«
Wieder Schweigen.
»Thomas, bist du noch da?«
»Natürlich«, gab die Stimme unwirsch zurück, »wo soll ich sonst sein. Aber wie soll es denn weitergehen? Ehrlich, Justus, bei allem wissenschaftlichen Interesse und unserer Freundschaft, die Sache wird mir zu heiß. Genauso hätte ich anstelle des armen Eugen da sitzen können. Ich arbeite oft außerhalb der Öffnungszeiten ...«
»Ich verstehe, Thomas. Tu mir einen Gefallen, alter Freund, hol die Schriftrollen aus dem Safe und bring sie mir. Kannst du das für mich tun?«
Dr. Krings nickte. »Je eher ich sie los bin, umso besser. Heute Mittag hast du sie. Und was wirst du damit anfangen?«
»Ich werde sie dem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben, der Kirche. Soll die zusehen ...«
»Hältst du das für eine gute Idee?«
»Im Augenblick für die beste, oder fällt dir was Besseres ein?«
»Nein! Ich ... ich meine, wahrscheinlich hast du Recht! Um eins bin ich bei dir. Mit den verdammten Rollen!«
»Um eins!«
XVII.
Es begann damit, dass die Legion zusammengerufen wurde. Dies geschah kurz vor den Iden des Septembers im Jahre 767 nach Gründung der Stadt unter dem Consulat des Sextus Pompeius und des Sextus Appuleius.
Sechstausend Mann, in Reih und Glied geordnet nach ihren Cohorten, erwarteten die Worte ihres Befehlshabers. Cäcina stand auf einer Holztribüne und richtete zum ersten Mal das Wort an uns: »Männer der XXI.! Ich habe soeben Nachricht aus Rom erhalten: Den unsterblichen Göttern hat es gefallen, unseren göttlichen Cäsar aus dieser Welt abzuberufen! Unser ehemaliger Oberbefehlshaber Tiberius wurde zum Nachfolger ernannt.«
Sofort begannen Einzelne mit Vivatrufen für den neuen Kaiser, und wenig später leistete die ganze Truppe ihren Eid auf Tiberius. Gleichzeitig aber waren vereinzelt auch murrende Stimmen zu hören. Die einen forderten mehr Sold, weil sie sich gegenüber den Prätorianern zurückgesetzt fühlten, die anderen mochten gar Tiberius nicht anerkennen, da sie den überaus beliebten Germanicus auf diesem Thron sehen wollten. Zog sich dieser Unwille zunächst vereinzelt durch die Truppe, so nahm er in den nächsten Tagen an Umfang zu, und dies umso mehr, als man hörte, dass auch die anderen Legionen ihre Unzufriedenheit offen erklärten.
Innerhalb kurzer
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