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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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ausrichten, obwohl er in seinem bisherigen Leben jede Form der Gewalt vermieden hatte. Aber der vorsichtige Blick um die Ecke zeigte, dass das Treppenhaus ebenso leer war wie der Gang. Niemand!
    Kohlbruch fröstelte. Ein Gefühl unbestimmter Furcht bemächtigte sich des gelehrten Mannes. Hier im Gang war es recht kalt, und die Aufregung tat ein Weiteres. Beides verursachte eine plötzliche Spannung in seinem Bauch, die zur baldigen Entleerung der Blase dringend riet. Kohlbruch seufzte. Muss ich wohl geträumt haben, machte er sich selbst Mut.
    Er wollte schon zurückgehen, da fiel sein Blick auf den Boden. Deutlich waren schmutzige Spuren auf den hellen Fliesen zu sehen – und sie führten nach oben! Kohlbruch war mutig genug gewesen, sich bis ins Treppenhaus vorzuwagen, aber auch vernünftig genug, jetzt den Rückweg anzutreten. Ganz offensichtlich waren Einbrecher im Haus. Das war etwas für die Polizei. Vergessen war die Blase, lähmende Angst kroch plötzlich in ihm hoch, sein Herz begann zu pochen. Er war ein Mann der Wissenschaft, kein Held!
    Vorsichtig ging er zurück, rückwärts, immer den Blick auf das Treppenhaus gerichtet. Von da kam Gefahr, wie ihm seine gesträubten Nackenhaare signalisierten. Er löschte das Licht des Ganges, um sich den etwaigen Blicken des unbekannten Eindringlings zu entziehen, und tastete sich behutsam zu seinem Zimmer zurück.
    Hier hatte sich nichts verändert. Das Manuskript, der warme Schein der Tischlampe, die Thermoskanne, der dampfende Kaffee in der Tasse, das strahlte eine gewisse Ruhe und Sicherheit aus, die er im Gegensatz zu der gefährlichen Kälte des Treppenhauses als wohltuend empfand.
    Seine Hand griff nach dem Hörer, zitternd wählten die Finger den Notruf der Polizei – 110. Endlose Sekunden lauschte er den Signalen aus dem Hörer. War denn da keiner ...?
    »Polizei!«
    »Hier Professor Kohlbruch. Ich befinde mich im Archäologischen Institut der ...«
    Weiter kam er nicht, denn im gleichen Augenblick fuhr eine schwere Taschenlampe mit brachialer Gewalt auf seinen Kopf nieder. Mit einem gurgelnden Geräusch brach er zusammen, der Telefonhörer fiel zu Boden.
    Die spätere Obduktion sollte zeigen, dass bereits dieser erste Schlag die zarte Gehirnschale des Gelehrten zertrümmert hatte.

    ***

    Als die Kölner am nächsten Morgen aufwachten, fanden sie ihre Stadt mit einem dichten weißen Teppich bedeckt. Zwei Tage vor Weihnachten! Stille Nacht, weiße Nacht! Während die meist sommerbereiften Autofahrer noch über die Straßenverhältnisse schimpften und die Hausbesitzer mit mürrischer Miene ihrer Streupflicht nachkamen, nachdem sie in den hintersten Ecken ihres Kellers das Streusalz gesucht hatten, kannte die Begeisterung der Kinder kein Ende. Weiße Weihnachten, wann hatte man das hier zuletzt gehabt? Die Eltern rechneten nach und fanden, dass das schon einige Jahre her sein mochte. Da tat es der Stimmung auch keinen Abbruch, dass die weiße Pracht an vielen Stellen der Innenstadt schon zu tauen begann.
    Ein Vorteil des Ruhestandes, so fand Dr. Wiegand, war ohne Zweifel, dass man morgens etwas länger im Bett bleiben konnte. Er hatte sich die Zeitung geholt, das Kissen zurechtgezupft, eine große Tasse Kaffee gemacht und das übliche Croissant mit einer Übermenge Erdbeermarmelade bestrichen. Sein Blick fiel auf die Schlagzeile:

»Irak-Krise auf dem Höhepunkt! Kanzler glaubt aber an den Frieden! Außenminister reist nach New York!«

    Aber gleich daneben, im Regionalteil, stand eine weitere:

»Mord in der Universität! Professor (62) wurde erschlagen! Motiv noch völlig unklar!«

    Wiegand legte den Teller weg, nahm einen hastigen Schluck Kaffee und schlug den Lokalteil auf. Seine Finger fuhren fahrig über den Text, den ein gewisser M. Lejeune verfasst hatte:

Köln. In der Universität, genauer im Archäologischen Institut, hat sich in der letzten Nacht eine dubiose Bluttat ereignet. Prof. Eugen K. (62) wurde mit zertrümmerter Schädeldecke in seinem Arbeitszimmer aufgefunden. Wahrscheinlich wäre die Tat so bald noch nicht entdeckt worden, da das Institut wie die übrigen Räumlichkeiten der Universität über die Feiertage geschlossen ist. Es ist jedoch der Aufmerksamkeit eines Institutsmitarbeiters zu verdanken, dass die Tat noch in der Nacht entdeckt wurde. Dazu Dr. L., wissenschaftl. Mitarbeiter: »Ich hatte mein Fahrrad am Institut vergessen und wollte es in der Nacht noch holen. Ich sah Licht im Zimmer von Professor K. Das ist nicht

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