Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pilgergraefin

Die Pilgergraefin

Titel: Die Pilgergraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Mittler
Vom Netzwerk:
werde ich mich Äbtissin Hildegardis von Fronholtz anvertrauen, noch will ich den Baron ehelichen. Ich schließe mich Pater Anselms Gruppe an und pilgere gen Rom!“
    Ächzend erhob Anna sich. „So dies Euer fester Wille ist, Herrin, werde ich Euch begleiten! Jemand muss sich schließlich um Euch kümmern.“
    „Ach, liebe Anna, nichts anderes habe ich von dir erwartet“, erwiderte Leonor ein wenig zu selbstgefällig. „Nichtsdestotrotz stelle ich dir frei, heimzukehren und bei deiner Schwester zu wohnen – sofern sie noch lebt. Immerhin ist sie viele Sommer und Winter älter als du.“
    Anna schüttelte den Kopf. „Nein. Mit Marie habe ich mich nie gut verstanden.“ Sie verdrängte den Gedanken daran, warum es zum Zerwürfnis mit ihrer Schwester gekommen war. „Ihr hingegen, Herrin, seid mir ans Herz gewachsen wie eine eigene Tochter. Bei meinem Leben will ich Euch schützen und dem Herrn des Himmels danken, wenn ich an Eurer Seite die Wunder der Ewigen Stadt sehen und am Grab von St. Paul um Vergebung meiner Sünden beten darf.“
    Ein trauriges Lächeln umspielte Leonors Lippen. „Welche Sünden sollten denn dein Gewissen belasten, du Gute?“ Sie tätschelte Anna die Hand. Diese griff sich ans Herz. Die Erinnerungen an eine längst vergangene Sünde stürmten jetzt doch auf sie ein. Aber sie biss sich auf die Lippe, um ihrer Herrin nichts zu verraten. „Ich hingegen habe, wie du weißt, eine schwere Schuld auf mich geladen.“
    Wieder schüttelte Anna den Kopf. „Ich weiß, was Euch bedrückt. Indes sehe ich das anders als Ihr. Es war Gottes Wille, Euren Gemahl und …“
    Heftig unterbrach Leonor die getreue Dienerin: „Ich trage die Schuld und werde Buße dafür tun!“

5. KAPITEL
    R obyn ignorierte die bewundernden Blicke der Wirtsmagd, mit denen sie ihn von Kopf bis Fuß maß. Anscheinend fand er überall das Wohlgefallen der Frauen, gleich ob Magd oder Edelfräulein. Er wusste, die Schankdirne würde nur zu gern ihre – schmutzigen – Röcke für ihn heben. Doch danach stand ihm nicht der Sinn. Außerdem galt seine Sorge Jérôme, der oben in der einzigen Gästekammer ächzend und stöhnend auf einer schmalen Pritsche lag.
    „Gibt es hier im Dorf einen Feldscher oder Chirurgus?“, verlangte er zu wissen.
    Die junge Magd riss den Mund auf. „Einen Chi…chi…rurgus?“ Offensichtlich gab es keinen, denn so wie das Mädchen stotterte, hatte es das Wort wohl noch nie zuvor gehört.
    „Du wirst doch wissen, was ein Feldscher ist?“, hakte Robyn nach. „Meister Loudon ist tot. Starb letztes Jahr. Hatte Wundbrand im Bein.“
    Nun, dieser Feldscher wäre gewiss nicht von großem Nutzen gewesen, wenn er sich nicht einmal selbst hatte helfen können. Dann werde ich mich wohl allein um Jérôme kümmern müssen, dachte Robyn. Jetzt war er beinahe dankbar dafür, dass er sich bei jenem Turnier – in dem der Gegner ihn mit seiner Lanze aus dem Sattel gestoßen hatte, was ihm, gottlob, zuvor noch nie widerfahren war – eine Rippe gebrochen hatte. Damals hatte der Leibarzt des Königs ihn gut versorgt, und so wusste er in etwa, was jetzt zu tun war.
    „Bring mir Streifen von Linnen“, befahl er und deutete mit der Hand an, wie breit die Stoffstücke sein sollten.
    „Vom Lin…ne…n“, stotterte die Magd erneut.
    Innerlich fluchend sah Robyn sie ungläubig an. War das Mädchen tumb, oder kannte es noch nicht einmal Linnen? „Linnen … Laken … Streifen!“
    Nun schien es der Magd zu dämmern. „Streifen …“ Sie nickte. „Muss ich die Wirtsfrau fragen.“
    Robyn griff in die Ledertasche, die er am Gürtel seiner Tunika trug, holte eine kleine Münze hervor und drückte sie dem Mädchen in die Hand. „Bring die Streifen nach oben. Und beeile dich.“
    Mit großen Schritten verließ er die Schankstube und kletterte über die knarzende Stiege nach oben. Beinahe hätte er sich den Kopf gestoßen, als er das Ende der schmalen Treppe erreichte. Geduckt trat er durch die niedrige Tür in die Dachkammer und warf einen Blick auf Jérôme, der noch immer ächzte und jammerte. War es ein Fehler, den entfernten Vetter in seine Dienste zu nehmen? fragte Robyn sich erneut. Gewiss, er mochte den fröhlichen Burschen, der oft einen Scherz auf den Lippen hatte und mit seinen Fragen und Späßen den Ritt kurzweilig werden ließ. Doch durch sein unbedachtes Handeln und den Sturz vom Pferd verzögerte sich die Reise bereits schon jetzt. Und Robyn wusste, Eile war geboten, damit er das wichtige

Weitere Kostenlose Bücher