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Die Pilgergraefin

Die Pilgergraefin

Titel: Die Pilgergraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Mittler
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„Verlier nur nicht den Mut.“
    Auch Anna füllte ihren knurrenden Magen mit Wasser und hoffte, dass ihre junge Herrin recht behalten möge.
    Leonor erhob sich, schulterte das Bündel und begann das, wie sie glaubte, letzte Stück des Aufstiegs in Angriff zu nehmen. Mühsam schlurfte Anna an ihrer Seite daher, und erneut wanderten Leonors Gedanken zurück zu den Geschehnissen in Freiburg. Sie wusste wirklich viel zu wenig über das, was damals geschehen war. Zwar hatte Anna ihr kurz nach den Vorfällen im Stadtpalais der von Tannecks berichtet, doch in ihrem Gram hatte sie ihr kaum zugehört.
    „Sage mir, Anna, was ist damals in Freiburg wirklich geschehen? War es die Pest, die meine Lieben dahingerafft hat?“
    Die Kammermagd holte tief Luft, denn der steile Aufstieg fiel ihr schwer. „Nun, zunächst sprach man von der Pest, aber dann fiel auf, dass keiner der Toten die üblichen Beulen aufwies.“ Sie schnaufte. „Herbert, der Gehilfe des Medicus Weilersbronn, den man gerufen hatte, da sein Herr auswärts bei einer Kranken weilte, vermutete jedenfalls eine neue, noch unbekannte Seuche, die Meister Kniebis von seiner Handelsreise aus dem Morgenland nach Freiburg eingeschleppt hat.“ Anna blieb stehen, um Atem zu schöpfen. Das Vorankommen in dieser Höhe war aber auch zu beschwerlich.
    „Eine neue Seuche also?“, fragte Leonor. „Hat Gott uns nicht bereits genug mit der Pestilenz gestraft?“
    „Ja, da mögt Ihr recht haben. Aber die Wege des Herrn sind unerforschlich.“ Sie griff sich an den Hals. „Wie Ihr wisst, habe ich Euch daraufhin bei Nacht und Nebel nach Eschenbronn geschafft. Nur spärliche Kunde drang aus Freiburg zu uns, doch was man hörte, klang danach, als hätte die neue Seuche keine weiteren Opfer gefordert, außer denen, die am Gastmahl Eures Schwagers teilnahmen“, wiederholte sie, was sie ihrer Herrin schon einmal mitgeteilt hatte. Zu gern hätte sie der Gräfin, die offensichtlich hoffte, weitere Einzelheiten zu erfahren, solche mitgeteilt, aber mehr wusste sie auch nicht.
    Leonor stolperte über einen Stein, fing sich indes, bevor sie stürzte. „Das ist schon seltsam, Anna. Gemeinhin ist es doch so, dass Fieber oder Pestilenz vielen Hundert Menschen den Tod bringt und der Totengräber kaum seinem Geschäft nachkommen kann.“
    Anna nickte. „Ja, aber dies scheint keine der üblichen Seuchen zu sein, die sonst über die Menschheit hereinbrechen. Allerdings was weiß ich arme alte Frau schon über solche Dinge.“
    Obwohl sie sich in einer so prekären Lage befanden und Leonor wusste, dass Anna glaubte, schwer krank zu sein, meinte sie leichthin, um ihre Kammerfrau zu ermutigen: „Ach, du Gute, so alt bist du nun auch wieder nicht. Gewiss wirst du noch viele Sommer und Winter an meiner Seite erleben, bevor dein Schöpfer dich zu sich ruft.“ Beruhigend fasste sie Anna an der Hand. „Schau, wir haben den Pass fast erreicht, nun geht es endlich wieder hinab in ein Tal, in dem Menschen leben. Vielleicht gibt es dort sogar einen Heilkundigen, der sich um dich kümmern kann.“
    Anna glaubte jedoch nicht so recht daran. Eine innere Stimme sagte ihr, dass sie Rom und das Grab des Apostels Paulus nicht mehr erblicken würde. Dennoch biss sie die Zähne zusammen und setzte einen Fuß vor den anderen, derweil der scharfe Schmerz durch ihren Leib fuhr.
    Als Robyn in die Kammer trat, lag Jérôme auf einer mit einem Strohsack bedeckten Pritsche. Zwar schnarchte er laut, warf sich indes unruhig hin und her. Er ging zu seinem Knappen, legte ihm die Hand auf die Stirn und stellte fest, dass sie heiß war. Neben der Bettstatt befand sich ein grob gezimmerter kleiner Tisch, auf dem ein Fläschchen stand, das, wie Robyn vermutete, den Arzneitrank von Docteur Eusebius enthielt. Da er große Stücke auf den Medicus hielt, der ihm vor zwei Jahren eine ausgezeichnete Salbe für seinen Schwertarm gegeben hatte, der bei einem Scharmützel mit einem Raubritter verletzt worden war, vertraute er auch jetzt auf die Heilkünste des provenzalischen Arztes. Dieser wurde gelegentlich sogar, wie Robyn erfahren hatte, in die Papstburg gerufen, wenn einer der zahlreichen Prälaten dort medizinischer Hilfe bedurfte. Seiner Heiligkeit Gregor XI. hatte er indes noch nicht zur Seite stehen dürfen, denn im Dienste des Papstes standen mehrere Leibärzte, die sich allein um dessen Wohlergehen kümmerten.
    Robyn musterte die Kammer, die nur spärlich möbliert, aber einigermaßen sauber war. Bei seinem letzten Besuch

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