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Die Pilgergraefin

Die Pilgergraefin

Titel: Die Pilgergraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Mittler
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Mailand zu begleiten. Sowohl Joséphine als auch Jérôme hatte er einen Beutel mit Münzen hinterlassen und Letzterem befohlen, sich, sobald der Medicus ihn für reisefähig erklärte, einer vertrauenswürdigen Gruppe anzuschließen, die von Avignon in den Norden des Landes Richtung Paris unterwegs war. Natürlich auf Filou, der seines Reiters harrte.
    Er selbst war aufgebrochen, nachdem Monsignore Petrocelli ihn im Auftrag Seiner Heiligkeit aufgefordert hatte, wichtige Papiere zum Herzog von Mailand zu bringen, die man nur ihm, dem überaus vertrauenswürdigen Kurier des Königs, überantworten wollte.
    Robyn hatte sich vor seinem Aufbruch noch nach einem neuen Knappen umgesehen, aber keinen gefunden, mit dem er den langen Ritt verbringen wollte, und sich deshalb dazu entschlossen, den Weg von Avignon nach Mailand allein zurückzulegen. Da Jérôme zwar ein liebenswerter und recht unterhaltsamer Begleiter, doch nicht immer der vorzüglichste Knappe war, hatte er sich auf der Reise von Paris nach Avignon mitunter sowieso des Öfteren selbst behelfen müssen und war deshalb sicher, die Strecke nach Mailand auch ohne die Dienste eines Schildknechtes bewältigen zu können.
    Sein Pferd hatte sich im Stall des „Coq au Sud“ mehrere Tage lang gut ausruhen können, während er darauf gewartet hatte, wieder bei Monsignore Petrocelli vorsprechen zu können und weitere Aufträge zu erhalten.
    Im Vergleich zu der Entfernung, die zwischen Paris und Avignon lag, hielt Robyn die Strecke, die er noch bis Mailand zu bewältigen hatte, für kürzer. Allerdings hoffte er, dass Gian Galeazzo Visconti es nicht für nötig befinden würde, ihn auch noch nach Rom zu schicken. Denn nach all der Zeit, die seit seinem Aufbruch aus Paris vergangen war, sehnte er ein Ende des langen Ritts herbei – zumal er die gleiche Strecke ja noch einmal zurücklegen musste.
    Und so ritt Robyn nach einem kurzen Gebet für eine gute Reise, in das er auch Jérôme mit einschloss, links von sich die Ausläufer der Alpen und auf der anderen Seite das blaue Mittelmeer, gen Mailand, ohne zu ahnen, welche Abenteuer und Überraschungen ihn im Land der Welschen erwarteten. Und sein Leben völlig verändern würden.
    Warum auch immer, Robyn hatte sich die Strecke von Avignon nach Mailand bei Weitem kürzer vorgestellt als die von Paris nach Avignon. Aber vielleicht kam sie ihm auch nur deshalb so lang vor, weil er allein ritt. Nun fehlte Jérôme ihm doch, denn seine Scherze, aber auch sein voreiliges, teilweise unbesonnenes Handeln hatten stets für Abwechslung gesorgt, wenngleich auch nicht immer für die erwünschte. Hätte er ihn nicht hier und da zurückgehalten, wären sie in so manch brenzlige Situation geraten. Nun hoffte er von ganzem Herzen, dass der Bursche alsbald genesen und in sicherer Reisebegleitung auf dem Rücken von Filou zu seiner Mutter heimkehren würde.
    Um sich abzulenken von der Eintönigkeit des einsamen Ritts – denn auch wenn er kein sehr redseliger Mann war und oft mehrere Tage lang mit niemandem ein Wort wechselte außer mit dem Wirt oder der Wirtin der Herberge, in der er abends Unterkunft suchte –, rief er sich die eine oder andere Episode seines abenteuerlichen Lebens als Kurier des Königs ins Gedächtnis.
    Unvergesslich würde ihm stets die Mission bleiben, die ihn nach England geführt hatte – nicht nur wegen der schauerlichen Überfahrt, bei der er geglaubt hatte, sein letztes Stündlein hätte geschlagen. Sondern auch, weil es einer der wenigen Aufträge gewesen war, die zu keinem guten Ergebnis geführt hatten. Offiziell hatte er dem bereits senilen König Edward III. eine Depesche überbracht. Inoffiziell aber hatte er sich mit dessen Sohn John of Gaunt, dem Duke of Lancaster, der die Regierungsgeschäfte führte, sowie mehreren französischen Spionen am englischen Hof in aller Heimlichkeit getroffen. Und wenn er bei Letzterem erwischt worden wäre, hätte ihn das den Kopf gekostet. Robyn schüttelte sich. Nein, die Fahrt nach England barg keine guten Erinnerungen, auch wenn er mit dem Leben davongekommen war.
    Seine weiteste Reise hatte ihn gar ins Morgenland geführt. Mehr als ein Jahr war er unterwegs gewesen, hatte die Pracht und Herrlichkeit der Paläste orientalischer Herrscher bestaunt und auch so manch erhaltenes Bauwerk aus der Zeit der Römer und Griechen bewundert. Verglichen mit deren Schönheit kam ihm der Louvre, König Charles’ neue Residenz, recht düster vor. Auch die Bildung und das Wissen

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