Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
halten es für das Wahre und Eigentliche«, übersetzte Markus den Predigtext.
    Ich weiß, wohin ich gehe, dachte Teresa, alle Zeichen haben mir den Weg gewiesen.
    »Wir sollen im Haus des Vaters zur Ruhe kommen. Deshalb müssen auch wir zielgerichtet unseren Weg gehen. Viele können uns darin Vorbild und Wegweiser sein. Einer aber hat gesagt: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, außer durch mich.«
    Jesus Christus? Er leitete sie, er war immer bei ihr, er beschützte sie. Führte der Weg ins Himmelreich? Würde sie alle dort wiedersehen, auch ihre Mutter? Ach, wie sehr hatte sie ihr gefehlt in den letzten Jahren! Wie grausam das Leben mit den Menschen spielen konnte. Für ihre Mutter wollte sie den Kandelaber finden. Eine Träne rann Teresa die Wange herab. Markus sah sie besorgt von der Seite an. »Was ist mit dir?«, flüsterte er.
    »Ach, nichts. Ich musste an etwas denken.«
    Der Priester erteilte die Heilige Kommunion und sprach zum Abschluss das Vaterunser. Begleitet vom dröhnenden Klang der Orgel und dem Läuten der Glocken, verließen sie zusammen mit den anderen Gottesdienstbesuchern die Kirche. Auf dem Monté Jean XXIII. hatten Händler ihre Stände aufgebaut, verkauften Rosenkränze, kleine Kreuze, Heiligenfiguren, Votivtafeln und Nachbildungen des Papstpalastes in Miniatur. Aber auch Selen und Kleingebäck wurden angeboten, Lavendel- und Olivenöl in Flaschen und Krügen.
    »Du hast die Predigt gehört, Teresa«, begann Markus.
    Teresa wandte sich ihm zu. Er hatte einen Ausdruck in den Augen,den sie nicht zu deuten wusste. Sie blieb stehen, und auch die beiden Männer hielten im Gehen inne.
    »Ihr beide habt sie gehört«, fuhr Markus fort. »Und für mich ist der Zeitpunkt gekommen, die Reise abzubrechen und nach Hause zurückzukehren. Sie führt uns alle ins Verderben!«
    Etwas schrillte in Teresa auf. Markus wollte sie auf eine falsche Fährte locken. Wahrscheinlich steckte er doch mit den Feinden unter einer Decke und wollte, dass sie den Kandelaber fanden. Er wollte den Ruhm, das Glück und den Reichtum für sich selber haben.
    »Geh nur«, zischte sie, »geh brav nach Hause und verkrieche dich hinter dem Ofen! Du bist mir ein schöner Begleiter. Mich beschützen wolltest du? Du hast es ja noch nicht einmal geschafft, uns die Gefahren vom Leibe zu halten!«
    Das Gesicht des jungen Mannes wurde bleich. Die ganze Gestalt, die immer so aufrecht gewesen war, fiel in sich zusammen.
    »Wenn du so denkst, Teresa, werde ich auf der Stelle gehen, meine Sachen holen und nach Hause reiten.«
    »Jetzt bleib doch noch einen Augenblick«, warf Froben begütigend ein. »Was spricht denn dagegen, dass wir unsere Reise fortsetzen?«
    »Ich kann es mit meinem Gelübde nicht länger vereinbaren, einem Ding nachzujagen, von dem ich nicht einmal weiß, ob es das gibt, das aber schon während der Suche danach so viel Unheil anrichtet.«
    Froben schnaubte. »Natürlich gibt es dieses ›Ding‹, wie du es nennst«, sagte er. »Hätten unsere Vorfahren sonst darüber berichtet? Friedrich von Wildenberg hat den Kandelaber ins Heilige Römische Reich gebracht, wahrscheinlich unter Einsatz seines Lebens. Und dieser Kandelaber war verschwunden, das bezeugen die Eintragungen in den Annalen des Klosters. Warum sollen wir nicht danach suchen?«
    »Lasst es doch einfach gut sein«, meinte Markus. Dabei sah er Teresa direkt in die Augen. Sie schauderte, doch dann kam die Wut in einer heißen Welle zurück.
    »Gerade die Morde und die Verfolgung durch die Reiter zeigen doch, dass wir es mit außerordentlich gefährlichen Gegnern zu tun haben! Es wäre eine Sünde und eine Schande, ihnen das Kleinod zu überlassen.«
    »Merkst du nicht, dass du dabei bist, sie dorthin zu führen, wo es sich befindet?«
    »Wir müssen ihnen eben zuvorkommen«, mischte sich Froben ein. »Nie und nimmer lasse ich mich von meinem einmal eingeschlagenen Weg abbringen. Schon gar nicht von einem Novizen und Bibliotheksgehilfen!«
    Markus errötete heftig, stellte sich aufrecht hin und erklärte: »Ich werde besser nicht nach Hause gehen, sondern nach Santiago de Compostela, wie wir es die ganze Zeit vorgegeben haben. Dort kann ich vielleicht Vergebung meiner Sünden erlangen, die ich euretwegen auf mich geladen habe.«
    Die Umstehenden waren aufmerksam auf sie geworden und schauten dem Streit wie einem Schauspiel zu. Markus drehte sich auf dem Absatz um und verschwand in Richtung Rue de Monnaie , in der die Herberge

Weitere Kostenlose Bücher