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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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hatten, war beunruhigend, beängstigend genug. Mehr noch, der Graf und sein Sohn hatten einen Umweg nach Passau gemacht. Wozu? Um ihren Vater aufzufordern, mit ihnen nach Jerusalem zu ziehen? Und würde sie ihn dann jemals wiedersehen? So viele Menschen würden von dort nicht mehr zurückkehren. Sie hatte von Fürsten, Grafen und Rittern gehört, die vor ihrem Aufbruch ins Heilige Land ihr Testament verfassten. Und selbst der Papst sollte gesagt haben, dass die Pilger, die für Jesus Christus das Kreuz nähmen, viel für den Namen Christi leiden müssten.
    Warum also sollte ihr Vater gehen, das ganze Handelsunternehmen hing an seiner Person, er arbeitete Tag und Nacht, überließ niemandem die Abwicklung der Geschäfte, kontrollierte alle Wareneingänge, prüfte jedes Fass Salz, das in seinem Handelshof umgeladen und nach Böhmen, Österreich oder Ungarn weitertransportiert wurde. Es würde alles zugrunde gehen ohne ihn. Warum nur verhielt er sich den Adeligen gegenüber so demütig und bewirtete sie, und zwar fast königlich.
    Voller Unruhe, Sorge und Angst stand Alice auf. Der Fußboden war eiskalt. Sie fror trotz des wollenen Tuches, das sie sich um die Schultern gelegt hatte.
    Leise öffnete sie ihre Tür und spähte in den nur äußerst mäßig von Öllampen erleuchteten Gang. Sie sah, wie der Ritter Bernhard von Baerheim auf eine Gruppe junger Männer zuging und sich zu ihnen stellte. Sie schienen sich lebhaft, wenn auch leise, zu unterhalten. Alice mochte nicht an ihnen vorbeigehen und entschied sich, noch einen Augenblick in ihrem Zimmer zu warten. Sie horchte an der Tür, die Stimmen entfernten sich zwar, die Männer waren aber offenbar nur ein paar Schritte weitergegangen und vor der Tür des Grafen Otto stehen geblieben. Auf keinen Fall wollte Alice gesehen werden, wie sie nachts durch das große Gebäude schlich. Wollte sie also ihren Vater sprechen, und sie platzte, sie verging vor Angst, er könnte mit nach Jerusalem ziehen, so musste sie den entgegengesetzten Weg einschlagen, den verbotenen. Sie musste an der Steintreppe vorbeigehen, vor der ihr grauste.
    Alice griff sich ein Licht und ging klopfenden Herzens Richtung Steinhaus, in dem steinerne Stufen zum verlassenen Tanzsaal führten.
    In diesem Teil des Gebäudes war es finster. Ihr Licht war das einzige und es erhellte die quaderförmigen Steine nur spärlich. Alice konnte immer nur wenige Schritte weit sehen. Bald müsste sie die Treppe zum Tanzsaal erreicht haben. Erschrocken blieb sie stehen – ein Geräusch. Ratten, dachte sie. Sie horchte still und starr. Nichts. Sie hörte nichts mehr. Es war wohl eine Täuschung, dieses tastende Geräusch auf der Treppe. Oder ein Geist?
    Alice brachte nicht den Mut auf weiterzugehen. Sie hastete in ihr Zimmer zurück, schloss die Tür hinter sich zu, verriegelte sie und dachte: Nimm dich zusammen.
    Die eigentliche Gefahr besteht darin, dass Vater mit den Kreuzrittern fort nach Jerusalem zieht. Also los – aber nun durch den linken Gang.
    Stimmen waren auch nicht mehr zu hören.
    Alice schlich in den Flur hinaus, in dem alle Lichter erloschen waren.
    Sie hörte Schritte. Jemand kam aus der Richtung der verbotenen Treppe.
    Unwillkürlich und ohne dass sie es erklären könnte, löschte sie ihre Kerze. Die Schritte kamen näher.
    Alice erschrak, das konnte nur ein Mann sein. Obwohl der Unbekannte kein Licht angezündet hatte, bewegte er sich sicher und schnell durch die Gänge, die so schwarz und dunkel waren, wie nur Gräber sein können.
    Alice verbarg sich in einer Nische.
    Sie beschloss, der fremden Gestalt zu folgen. Es waren Neugierde und Übermut, Abenteuerlust, vor allem aber das unbestimmte Gefühl, dass sie etwas sehr Wichtiges unwiderruflich versäumen würde, wenn sie dem Mann nicht nachging.
    Und wenn es ein Dieb, gar ein Mörder ist?, kam es ihr in den Sinn. Aber der Mann wollte sich offenbar gar nicht verstecken, sondern trat nach einer Biegung durch ein Tor in die Halle, in der vor Kurzem noch lautes Stimmengewirr geherrscht hatte.
    »Ich habe dich erwartet«, hörte Alice ihren Vater sagen. »Ich dachte, du kämest früher«, fuhr er fort.
    »Karl, du hofftest, ich käme überhaupt nicht. Du hast mir doch diesen Knaben als Bedienung gegeben, um mich nicht selbst geleiten zu müssen. Was allerdings auch überflüssig war, schließlich kenne ich mich hier zur Genüge aus.«
    »Dieser Knabe ist Martin, der Sohn von Martha. Sie war Alice’ Amme. Unlängst ist sie übrigens gestorben. Sie liegt

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