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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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Spitze des Turmes seinem Sohn mitzuteilen, dieses weite Land mit seinen Menschen habe er zum Lehen erhalten. Das war an dem Tag gewesen, an dem Bernhard als Page zu dem Grafen Bodewin geschickt wurde, um die Fähigkeiten und Tugenden eines Ritters zu lernen als da waren Gehorsam, Tapferkeit, Reiten und Kämpfen sowie furchtlos Schmerzen und dem Tod entgegenzusehen. Seine Eltern aber, den übermächtigen Vater sowie seine strenge Mutter, auch seine vertraute Amme, die all seine Unartigkeiten kannte, ihn tröstete und trotzdem oftmals verriet, seine jüngere Schwester Kunigunde, die nun gerade standesgemäß verheiratet worden war und anders als Alice in den letzten Jahren bis zu ihrer Verheiratung jede Nacht in ihrer Kammer eingeschlossen wurde, sie alle hatte er bis zu seiner Schwertleite niemals wiedergesehen.
    In Bernhards Gedanken war der Vater die vielen Jahre der Trennung der Herr geblieben, achtungsgebietend, dem unwidersprochen gehorcht werden musste. Und tatsächlich strahlte seine Erscheinung noch immer sein Machtbewusstsein aus. Der Vater hatte es nicht mehr nötig, sich in irgendwelchen Kämpfen Ruhm zu erwerben, seine Würde gründete auf der Gewalt, die er über seine ihm untergebenen Ritter, seine freien und unfreien Bauern ausübte. Er hatte die Macht, Recht zu sprechen und Strafen zu verhängen.
    Bernhard hatte es als Junge erlebt, wie ein Dieb, ein junger Mann, der einem Schenkwirt ein Huhn gestohlen hatte, in Ketten auf die Burg geführt und in den Kerker geworfen wurde. Der Vater und Burgherr aber, als er einige Tage später von der Jagd zurückgekommen war, hatte ihm aus Jähzorn die Hand abschlagen lassen.
    Es war und blieb so, die Macht stand auf der Seite des Vaters, wie auch jetzt, da er sich entschlossen hatte, mit seinem einzigen Sohn in den Heiligen Krieg zu ziehen.

    Graf Otto und Bernhard verließen das Zelt, das hinter ihnen von den Bediensteten abgebrochen wurde. Das Heer formierte sich. Die Ritter standen bei ihren Streitrössern. Die Fußsoldaten bildeten Reihen, in deren Mitte sich der Tross befand. Es stellten sich die nur mit Messern und Knüppeln bewaffneten Pilger dazu, die Frauen und Kinder, auch Alice’ Wagen, und weit hinten jene Damen, deren Bekanntschaft Alice zu Beginn des Kreuzzuges an der ungarischen Grenze gemacht hatte.
    Es war Tag geworden. Zum unermesslichen Erstaunen und Entsetzen der beiden französischen Gesandten des Kaisers Alexios stand das ganze Heer regungslos in geordneten Reihen, den Blick nach vorne gerichtet. Nicht ein einziges Kind wagte zu weinen oder unruhig zu sein.
    Das Heer wartete.
    Da geschah es.
    Majestätisch hob Herzog Gottfried von Bouillon den Arm. Wie vom Himmel erschallte augenblicklich aus den Hörnern und Trompeten das Signal zum Aufbruch. Gleichzeitig wurden die Banner emporgehoben und wie ein Mann saßen sämtliche Ritter auf, gerüstet, gespornt und kampfbereit.
    Wie von einer unsichtbaren Hand zum Willen, Jerusalem zu erobern, getrieben und zur Treue bis in den Tod regiert, setzte sich das Heer in Bewegung.

    Den 23. Dezember 1096 verbrachte Alice damit, am Goldenen Horn vor den Toren Konstantinopels um einen geeigneten Lagerplatz für ihren Wagen zu streiten.

Konstantinopel, 23. Dezember 1096 – April 1097
    Auf glänzend bunten, mit goldenen Kordeln eingefassten weichen Kissen lagerte Anfang Januar der junge Ritter von Baerheim und blickte zu Balduin, des Herzogs Bruder, der mit bleichen, fast weißen, harten Gesichtszügen und tiefschwarzen Haaren sporenklirrend sein prächtiges, hell erleuchtetes Zelt durchschritt. Duftkerzen brannten in unzähligen Kandelabern, die auf niedrigen Tischen standen, gehalten von mit Hirtenmotiven verzierten Stützen.
    Bernhard spielte mit einem Rosettenkästchen, das er durch die Hände gleiten ließ und auf dessen Deckel zwei Platten mit Kampfdarstellungen zu sehen waren. Im linken Teil richtete ein nackter Reiter auf einem sich aufbäumenden Pferd sein Schwert gegen einen Bären, auf dem rechten stürmte eben dieser Reiter mit seiner Lanze gegen einen zwar mit Schild und Lanze bewaffneten, ansonsten aber, abgesehen von einem nach hinten flatternden Mäntelchen, ebenfalls nackten Krieger.
    Bernhard wunderte sich über die offen zur Schau gestellte Blöße ihrer Helden, die darzustellen die Byzantiner sich nicht scheuten.
    Kriegerisch wirkten die Fakten, die Balduin mit klarer Stimme vortrug. Er rief ins Gedächtnis, dass es Kaiser Alexios selber war, der den Papst um ein Kreuzfahrerheer gebeten

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