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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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letzter Pfennig ausgegeben wäre.
    Bald nun müssten sie sich durch Plündern selbst versorgen und vor dem Hunger bewahren. Der Krieg ernährt den Krieg. Das war schon immer so.
    Das würde Alice bald auch verstehen. Nur jetzt war sie wohl noch etwas zimperlich.

    Also, was tun?
    So spät noch zu ihr gehen?
    Tatsächlich schlief Alice nicht, sondern saß auf ihrem Wagen und summte ein Lied vor sich hin. Es klang weder fröhlich, was auch nicht zu erwarten gewesen wäre, noch sehr traurig.
    »Alice«, rief er leise und trat aus der Dunkelheit dicht zu ihr heran.
    »Ich glaube, ich habe ein Versprechen einzulösen. Magst du noch?«
    »Mit Euch spazieren gehen? Es ist Nacht. Es ist nicht schicklich.«
    »Neulich, als du von mir einen Dienst begehrtest, hattest du keine Einwände.«
    »Ich komme ja auch mit«, flüsterte Alice.
    Der Vater schläft, dachte sie für sich. Er hat wieder etwas von dem Schlafmohn genommen. Wie lange der wohl noch reicht?
    Alice überzeugte sich, dass der Vater tatsächlich nichts bemerkte. Dann griff sie nach einem Tuch gegen die Kälte. Bernhard sah zu, wie sie es sich umlegte.
    Schweigend durchquerten sie nebeneinander das Lager. Sie gelangten zu einem kleinen Waldstück, Pinien, wie Alice vermutete, denn in der Dunkelheit konnte sie kaum etwas erkennen, schon gar nicht den Pfad, der zum Hafen führte. Bernhard nahm ihre Hand. Alice zog sie erst zurück, als sie auf eine gepflasterte Straße stießen, die am Goldenen Horn entlangführte.
    Hier war Leben.
    Schiffe lagen am Ufer, aus Tavernen drangen Geräusche, Musik, Lärm, Streit. Menschen waren noch unterwegs, meist Männer. Und hinter ihnen, wenn sie sich umblickten, ließ sich die gewaltige Stadtmauer des unerreichbaren Konstantinopels erahnen.
    Alice blickte sich mehrfach um, ob sie wohl jemanden kannte, sie wollte keineswegs mit Bernhard angetroffen werden.
    Bernhard verstand das und führte Alice möglichst schnell aus der Menge heraus, er wollte sie ungestört sprechen, unbeeinflusst von äußeren Reizen, das hatte er sich vorgenommen.
    Endlich allein mit ihr in der Dunkelheit am Wasser, das leise gegen die Holzbohlen schwappte, begann er:
    »Ich habe gesehen, wie du Brot verteilt hast, wie die Kinder dich umstanden und du das Brot gebrochen hast. Es war ein schöner, edler Anblick.«
    Alice wusste nichts darauf zu antworten.
    »Woher hattest du es?«
    »Wir hatten Hunger. Wir, ich meine die Frauen, die in den Zelten um meinen Wagen wohnen. Die Kinder hatten besonders Hunger und sie taten mir leid. Da habe ich meinen Freundinnen Hildegard und Theresa den Vorschlag gemacht, dass wir zu den Bauern in der Umgebung gehen, um Brot zu kaufen. Welch ein Glück, der erste Bauer, vor dessen Tür wir standen, war katholisch!
    Die Bauersleute waren dankbar, dass wir katholische Christen gekommen sind. Sie haben uns zu essen gegeben und mir diese schöne Tunika geschenkt. Nun, Ihr könnt sie jetzt nicht so gut sehen.«
    »Du schaust darin sehr hübsch aus«, bemerkte er.
    Alice fühlte sich geschmeichelt, lenkte das Gespräch aber lieber wieder auf die Bauersleute.
    »Die Frau konnte Latein und hat uns auch etwas von ihren Leiden hier erzählt.
    Stellt euch vor, Kaiser Alexios hat vor einigen Jahren alle lateinischen Kirchen in Konstantinopel schließen lassen. Nicht eine katholische Kirche sei geöffnet gewesen und man bedenke, der Kaiser habe für sich und den Hof allein acht Kirchen, die sich um den Kaiserpalast herum befänden. In Konstantinopel gäbe es byzantinische Kirchen an jeder Straßenecke.
    Wo aber sollte nun ihre kleine neugeborene Tochter getauft werden?
    Der Priester sei dann zu ihnen nach Hause gekommen.
    Die Frau sagte, sie habe immer das Gefühl, die Taufe sei irgendwie nicht richtig gewesen. Am liebsten hätte sie es, jetzt, da die katholischen Kirchen seit Kurzem wieder geöffnet seien, dass ihre Tochter noch einmal getauft würde. Aber das ginge ja nun auch nicht.
    Ich kann das verstehen«, sagte Alice leise, »ich habe auch Angst um meinen Vater und um seine Seele. Ich habe deshalb Weihnachten einen Priester gebeten, mit meinem Vater das Abendmahl zu feiern. Der Priester ist zwar mit zu meinem Vater auf den Wagen gekommen, hat aber nur mit ihm gebetet und ihn gesegnet.«
    »Gesegnet?«, Bernhard lachte auf. »Das hat dein Vater auch nötig.«
    »Wieso?« Alice schaute ihn verständnislos an.
    »Dein Vater ist verflucht. Ja, du hörst richtig. Ich dachte, du wüsstest es. Der Bruder deines Vaters, der jetzt Abt ist, hat

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