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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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aber zusammen«, fuhr Bernhard fort. »Wir Ritter werden von Kindesbeinen an dazu erzogen, Schmerzen zu ertragen. Meinst du, das Üben mit Holzschwertern tue nicht weh? Meinst du, das Kämpfen mit Lanzen, und sei es nur zur Vorbereitung auf den Kampf, führe nie zu Verletzungen? Wie viele Knappen werden niemals zum Ritter geschlagen, weil sie ein Auge oder einen Arm verlieren oder sich beim Reiten auf besonders störrischen Pferden unheilbare Brüche zuziehen oder sterben, weil sie ihrem Herrn fast noch als Kind in den Kampf folgen müssen. Ich behaupte, kein Stand, auch nicht der geistliche, ist dem Leiden Jesu Christi so nahe und ähnlich wie der unsere. Denn wir sind jederzeit zu Schmerzen und zum Tode bereit. Aber keine Sorge«, sagte er lachend. »Vor meinem Aufbruch nach Jerusalem habe ich eine weise Frau aufgesucht, sie hat mir unermesslichen Reichtum verheißen, und da ich noch nicht reich bin, kann mir heute Nacht nichts passieren.«
    Sie waren bei den Pferden angelangt und ritten ins Lager des Herzogs zurück. Es brannten nur noch die Lagerfeuer, die Menschen schienen alle zu schlafen, denn schon ganz früh am Morgen wollten sie die Zelte abbrechen und nach Konstantinopel ziehen.
    Der Ritter Bernhard von Baerheim brachte Alice bis zu ihrem Wagen.
    Er verabschiedete sich mit den Worten: »Ich komme noch heute Nacht.«

    Alice hatte Angst um ihn, das war klar.
    Dabei tat sie ihm mit diesem Auftrag nur einen Gefallen, bereitete ihm ein Vergnügen.
    Viel an Abwechslung hatte diese Pilgerfahrt nun wahrhaftig noch nicht gebracht.
    Natürlich, eigentlich sollte er das Verbot des Herzogs beachten, aber schließlich hatte er ihm keinen Treueeid geleistet. Dieser nächtliche Spaziergang in die nunmehr verbotene Stadt wäre ein begrüßtes Mittel gegen seinen ärgsten Feind, die Todsünde der Melancholie. Es hatte in seiner Heimat keinen passenden Krieg gegeben, er konnte sich als Ritter nicht bewähren, es fehlten Kampf und Gefahr. Der vom Papst ausgerufene Gottesfriede wirkte fort, an hohen Festtagen nicht gegeneinander kämpfen zu dürfen, ja, sich möglichst überhaupt nicht zu befehden oder gar zu töten, sodass sich ihm außer dem Glücksspiel wenig Anreize zu irgendeiner Aufregung boten. Andere Beschäftigungen aber, wie beispielsweise Feldarbeit, waren unter seinem Stand. Geld und den Zehnten einzutreiben, dafür war der Verwalter der Burg zuständig. Herrschen, das war das Amt seines Vaters – leider.
    Etwas mehr achtgeben sollte er schon. Allerdings, dieses Vorhaben hier, unbemerkt in die Stadt einzudringen und der hübschen Alice ein Gift für ihren kranken Vater zu bringen, das war auch nicht wirklich gefährlich, denn der Herzog ließ nur dem Schein nach Wachen aufstellen. Die müden Fußsoldaten dort erwarteten sehnsüchtig den Morgen, um endlich von diesem öden Ort wegzukommen. Hier gab es nun wirklich nichts mehr zu holen. Nur so ein schwächlicher, willenloser Kaufmann konnte in Selymbria noch einen Schatz verborgen wissen.
    Den Juden müsste er wahrscheinlich nicht einmal verletzen.
    Also, es reichte sicher, dem Mann Angst einzujagen. Wer hätte jemals gehört, dass sich ein Jude ernstlich gewehrt hätte. Mit ein wenig Androhung von Gewalt also ließe sich diese Angelegenheit regeln. Er erhielte den Schlafmohn. Dann könnte er noch die Dankbarkeit Alice’ genießen, nun, sie war reizend. Sie zu besitzen, war sicher lohnender als der Spaß mit so einer Magd, mit der er sich hätte vergnügen können.
    Alice bildete sich bestimmt ein, sie stehe in seiner Schuld, und fürchtete sich davor, ihm zu Diensten sein zu müssen.
    Irrtum, er brächte ihr nur den Schlafmohn, sonst nichts.

    Beim ersten Anzeichen des Morgengrauens zog sich der junge Ritter von Baerheim den wattierten Waffenrock an, darüber das Kettenhemd, griff nach seinen mit Sporen besetzten flachen Lederschuhen und schnallte das aus einem Lederriemen bestehende Wehrgehenk um. Während er nach seinem Schwert griff, blickte Bernhard zu seinem Vater hinüber, der eben im Begriff war, sich seinen Nasalhelm aufzusetzen, der die kräftige Nase verdeckte, sodass der herrische, machtbewusste Mund betont wurde.
    Der Vater war der Herr seiner frühen Kindheit.
    Bernhard sah ihn damals nur selten, und meist nur dann, wenn er von ihm geschlagen wurde.
    Was üblich war. Kinder wurden eben hart gezüchtigt, ob Bauernjunge oder Grafensohn.
    Nur ein einziges Mal hatte der Vater ihn bei der Hand genommen, war die Leitern mit ihm emporgestiegen, um auf der

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