Die Pilgerin
Leinentücher über den Arm gelegt hatte und mehrere kleine Töpfchen aus Steingut auf einem Brett balancierte, als sei er eine Magd. Die Bediensteten stellten die Sachen auf den Tisch und verließen auf einen Wink des Ritters den Raum.
Nachdem die Tür sich hinter ihnen geschlossen hatte, sah Aymer de Saltilieu Tilla lächelnd an. »Ich denke, der Ritt auf dem ungewohnten Sattel hat dir etliche blaue Flecken und vielleicht auch ein wund geriebenes Hinterteil verschafft. Du wirst erlauben, dass ich deine Wundstellen behandle.«
Tilla wurde steif wie ein Brett und schüttelte wild den Kopf. »Bleibt mir vom Leib!«
»Siehst du mich als Feind an, von dem du keine Gunst annehmen willst, oder gibt es einen anderen Grund?« Der Ritter sahaus wie ein Kater, der noch ein wenig mit der Maus spielen will, bevor er sie frisst. Es fehlte nur wenig und er hätte vor Vergnügen geschnurrt.
Tilla zog sich bis an die Wand zurück. »Es gibt keinen anderen Grund!« Sie versuchte, ihrer Stimme Festigkeit zu verleihen, doch ihr klapperten vor Aufregung die Zähne.
Aymer blieb neben dem Tisch stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und blickte mit leichtem Spott auf sie herab. »Meine Liebe, du vermagst vielleicht ein paar tumbe Narren zu täuschen, aber nicht mich. Ich habe auf den ersten Blick erkannt, dass tatsächlich eine Frau in diesem Gewand steckt. Wenn du jedoch weiter leugnen willst, werde ich meinen Vetter rufen. Wenn der begreift, was du wirklich bist, wird er dich besteigen wie ein brünstiger Bulle und dich hinterher seinen Söldnern überlassen. Noch bevor der Letzte davon mit dir fertig ist, wirst du den Tag deiner Geburt verfluchen und die Eltern, die dich gezeugt und geboren haben, gleich mit dazu.«
»Was wollt Ihr von mir?« Tilla war in heller Panik, denn sie vermochte den jungen Franzosen nicht einzuschätzen.
»Dich erst einmal verarzten und dabei mit dir reden. Du und deine Freunde – ihr könnt hundertmal behaupten, allein unterwegs gewesen zu sein, doch das vermag nur ein Narr wie mein Vetter zu glauben. Ich tue es nicht. Ihr Allemands tretet die Pilgerreise nie in so geringer Zahl an. Auch wäre dies Felicias Absichten zuwidergelaufen. Nur wenn sie in einer Gruppe Unterschlupf findet, kann sie sich halbwegs sicher fühlen. Eine Dame mit zwei Begleitern fällt auf, und wenn mein Vetter eine Tugend aufweist, so ist es Beharrlichkeit. Er wird Felicia weiterhin verfolgen und nicht eher aufgeben, bis er sie gefunden hat oder sie wohlbehalten bei ihrem Oheim angelangt ist.«
»Wir waren wirklich nur zu dritt!« Auch diesmal wies Tillas Stimme nicht die Festigkeit auf, die sie sich gewünscht hätte.
Ritter Aymer lachte leise auf. »Es sieht so aus, als wäre nicht nur Hugues hartnäckig. Du scheinst es auch zu sein. Doch jetzt zeige deine Schenkel, damit ich sie versorgen kann.«
»Niemals!«
Das Lachen des Ritters steigerte sich. »Ich kann auch meine Leute zu Hilfe holen. Doch befürchte ich, sie werden wiederkommen, wenn ich weg bin. Sie sind sehr schwer von Frauen fernzuhalten, verstehst du!«
Tilla kniff die Lippen zusammen und gab keine Antwort. Aymer de Saltilieu schien auch keine zu erwarten, denn er trat nun an das Bett, fasste sie am Arm und zog sie nach vorne. Sofort rollte sie sich wie ein Igel zusammen und fauchte wie eine Katze.
»Lasst mich in Frieden.«
»Ich glaube nicht, dass ich das tun will, meine Liebe. Weißt du, mich interessiert, weshalb ein Mädchen in der Kleidung eines jungen Mannes eine Pilgerreise antritt.«
»Selbst wenn es so wäre, ginge es Euch nichts an!«
»Da bin ich anderer Ansicht! Im Augenblick bist du in meiner Hand. Ich könnte über dich herfallen und mich an deinen Schreien ergötzen, so wie mein lieber Vetter es tun würde. Allerdings ziehe ich die sanfte Art vor.«
Tilla riss die Augen auf. »Ihr wollt mich also benutzen?«
»Einen Erfolg haben wir schon, denn du hast eben zugegeben, dass du ein Mädchen bist. Wenn du weiterhin so brav bist, können wir auch noch die restlichen kleinen Probleme zwischen uns lösen. Was das andere betrifft, so sage ich nicht Nein. Eines Ritters Schwert sollte stets erprobt werden, und du bist ein ganz besonderer Bissen.«
»Ich bin weder hübsch noch …«, begann Tilla, wurde aber sofort von dem Ritter unterbrochen.
»Auch wenn mein Vetter dein Gesicht gezeichnet hat, so bist du doch recht ansehnlich. Außerdem reizt es mich, ein Mädchen mit deinem Mut unter mir zu spüren. Ich schlage dir ein Geschäft vor. Du
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