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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ihr, suchte ihre Pforte und stieß mit aller Kraft hinein.
    Sie keuchte und zischte ihm einige Worte zu, die wohl bedeuten mochten, dass er weniger wild sein sollte, doch Sebastian beackerte sie wie von Sinnen und ließ erst von ihr ab, als er mit einer fast schmerzhaften Intensität zur Erfüllung kam. Er blieb noch eine Weile auf ihr liegen, während sie bereits versuchte, ihn von sich wegzuschieben. Schließlich stand er auf und zog sich wieder an. Die Augenblicke der Lust waren verflogen und nun schämte er sich seiner Triebhaftigkeit.
    Er kam jedoch nicht dazu, diesem Gefühl lange nachzuhängen, denn die junge Frau schlüpfte in ihr Kleid und kam dann mit einer bezeichnenden Handbewegung auf ihn zu. Ihr Blick zeigte, dass sie für diesen scharfen Ritt gut entlohnt werden wollte.
    Jetzt erst begriff Sebastian, dass er sich mit einer Hure eingelassen hatte, und schalt sich einen Narren. Es gab keine Stadt auf der Welt, deren Töchter sich fremden Pilgern und Wanderern nur für Gottes Lohn hingaben. Mehr als diesen konnte er ihr jedoch nicht geben, denn de Saltilieus Männer hatten ihm den Geldbeutel weggenommen, und er besaß keinen lumpigen Heller mehr. Er versuchte, ihr das klarzumachen, doch sie sah ihn mit großen Augen an, drohte ihm mit der Faust und begann zu keifen, dass ihm die Ohren schmerzten.
    »Beim Teufel, ich kann dir nichts geben«, schrie Sebastian zurück.
    Seine Gesten waren wohl beredt genug, denn die Schimpfkanonade steigerte sich und jetzt stürmte auch noch die Alte aus der Küche herein, wechselte ein paar Worte mit der Jüngeren und begann gemeinsam mit ihr auf Sebastian einzuschlagen. Ehe er sich versah, hatten sie ihn aus dem Haus getrieben. Auch auf dem Weg zu dem kleinen Platz mit dem Brunnen ließen sie nicht von ihm ab, sondern schrien nur noch lauter. Andere Huren, die sich hier versammelt hatten, um auf unbeherrschte Gimpel wie ihn zu lauern, schlossen sich ihnen an und prügelten auf ihn ein.
    Flucht war unmöglich, und um sich wirksam wehren zu können, waren es einfach zu viele. Sebastian verfluchte sich und seine Gier, wusste sich aber nicht mehr zu helfen und brach zuletzt in Tränen aus. Als er dachte, es könne nicht noch schlimmer kommen, klang plötzlich Tillas Stimme auf.
    »Was ist denn hier los?«
    Obwohl sie deutsch sprach, hielten die Furien inne. Die Hure, mit der Sebastian sich vergnügt hatte, starrte Tillas Pilgerumhang an und schien zu begreifen, dass die beiden zusammengehörten. Breitbeinig stellte sie sich vor Tilla hin und redete auf sie ein. Was sie sagte, konnte auch diese nicht verstehen, doch die Gesten der Frau besagten alles.
    Im ersten Augenblick wollte Tilla nicht glauben, dass Sebastian sein Seelenheil aufs Spiel gesetzt und während der Pilgerfahrt eine Hure aufgesucht hatte. Dann aber wallten Zorn in ihr auf und heftige Verachtung. Da der Aufruhr immer mehr Leute angelockt hatte und sie sich der unerwünschten Aufmerksamkeit schämte, zog sie ein paar Münzen aus ihrem kleinen Beutel und warf sie der Hure hin. Diese raffte das Geld an sich, zählte es und verschwand so schnell, als hätte sie Angst, Tilla könnte etwas davon zurückverlangen. Auch die meisten anderen kehrtender Szene den Rücken und so schrumpfte die Gruppe, bis außer Tilla nur noch Vater Thomas, Blanche, Hedwig und Starrheim, die Sebastians verzweifelter Stimme gefolgt waren, um diesen herumstanden.
    Sebastian schämte sich in einem Maß, wie er es noch nie empfunden hatte. Die Tatsache, dass ausgerechnet Tilla den Hurenlohn für ihn bezahlt hatte, war für ihn schmerzhafter als die Prügel, die er früher von seinem Vater empfangen hatte, und ihrer Miene nach würde er in der nächsten Zeit wohl nichts zu lachen haben.
    Jetzt trat Vater Thomas auf ihn zu, legte die Hand auf seine Schulter und sah ihn lange an. Dann schüttelte er den Kopf. »Du hast schwer gesündigt, mein Sohn, und damit den Segen des heiligen Jakobus verspielt. Du bist es nicht mehr wert, mit uns zu ziehen. Nimm dein Bündel und gehe deiner Wege!«
    Im ersten Augenblick verstanden die anderen Mitglieder der Gruppe nicht, was er damit meinte, doch dann begriffen Tilla und Sebastian fast gleichzeitig, was dies für ihn bedeutete. Vater Thomas hatte ihn als Sünder aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen. Das Urteil schien Tilla im ersten Augenblick gerecht zu sein. Doch als sie in Sebastians fassungsloses Gesicht blickte, fühlte sie gegen ihren Willen Mitleid mit ihm und wandte sich an ihren

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