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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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sich beleidigt zurückzog, schloss Renata sich in den folgenden Tagen immer mehr Tilla an. Meist setzten sie sich auf das gemauerte Brückengeländer und beobachteten Pilger und andere Reisende, die ihrer Wege gingen.
    Dort sah Renata Tilla eines Morgens fast übermütig lächelnd an. »Ich hätte nicht geglaubt, dass ich nach den Erfahrungen in Frankreich noch einmal mit Freude bei einem Mann liegen könnte. Aber Peter ist ein sanfter Mensch und behandelt mich, als bestände ich aus Glas. Ich muss ihn direkt überreden, ein wenig kühner vorzugehen.« Sie seufzte, jedoch nicht aus Kummer, sondern weil diese schöne Zeit in wenigen Monaten vorbei sein würde.
    Tilla begriff, dass Renata sich nach der körperlichen Nähe ihres Mannes sehnte, und fragte sich, ob es ihr und Sebastian wohl ähnlich ergehen würde. Eine Weile hatte sie sich vorgestellt, wie es sein mochte, wenn sie als Mann und Frau zusammenlebten. Nun aber fürchtete sie, dass sie sich etwas vorgemacht hatte. Ihr vieles Grübeln hatte sie zu der Überzeugung gebracht, dass er nichts an ihr fand. Als junger Bursche hatte er ihr deutlich klargemacht, um wie viel mehr Busen eine Frau haben müsse, umsein Interesse zu wecken, von den Hüften ganz zu schweigen. Tilla erinnerte sich, wie er der Magd der Bäckersleute nachgestiert hatte, deren Hintern mindestens doppelt so breit gewesen war wie der ihre.
    Mit einem Mal räusperte Renate sich, und Tilla begriff, dass ihre Begleiterin eine Antwort erwartete. »Es freut mich, dass du mit Peter so gut zurande kommst. Ich glaube, er liebt dich wirklich sehr.«
    »Er ist viele Jahre nur dem Geld nachgejagt und hat dabei ganz vergessen, dass er sein Dingelchen zwischen den Beinen auch zu etwas anderem benützen kann als zum Wasserlassen. Jetzt weiß er es und ich glaube, ich werde scharf auf ihn aufpassen müssen, damit er nicht zu den Huren rennt, wenn mein Bauch gar zu dick werden sollte. Weißt du, wie lange vorher man aufhören sollte?«
    »Was meinst du mit Aufhören? Ach so, damit! Ich glaube, da solltest du besser Hedwig fragen. Die hat schon Kinder geboren und weiß über diese Sache Bescheid.« Tilla seufzte, denn Renata wurde ihr ein wenig zu frivol. Wahrscheinlich nahm sie an, dass Tilla als Witwe sowohl das Wissen hatte wie auch das Interesse für das aufbringen würde, was sie und Peter im Ehebett trieben.
    Aus diesem Grund war Tilla im ersten Moment erleichtert, als einer der Mönche mit wehender Kutte auf sie zurannte und schon von weitem schrie: »Soldaten! Sie marschieren die Straße von Pamplona herab. Kommt besser in die Kirche, denn wenn sie euch hier sehen, kann es euch schlecht ergehen!«
    Renata verließ sofort ihren Platz und eilte auf das Kloster zu. Tilla folgte ihr etwas langsamer und hielt dabei nach der Truppe Ausschau, bei der es sich wahrscheinlich um die erwarteten Engländer handelte. Aber es war auch möglich, dass Karl vonNavarra sich entschlossen hatte, auf einer der verfeindeten Seiten in den Krieg einzutreten.
    Als der Heerzug Puente la Reina erreichte, befand Tilla sich bereits hinter den schützenden Wänden des Klosters und konnte die Soldaten zusammen mit Renata und Blanche von einem Fenster aus ungefährdet beobachten. Die Männer marschierten rasch und warfen dem Kloster nur einen beiläufigen Blick zu. Auch scherte keiner aus, um Beute zu machen oder auch nur ein Huhn zu rauben. Es waren kräftige Kerle, die zumeist in rotbraunen Kitteln steckten. Einige trugen leichte Kettenhemden, andere nur ein gestepptes Wams oder einen Brustpanzer aus gehärtetem Leder, aber fast alle besaßen Helme, zumeist einfache Eisenhüte mit abstehenden Rändern ohne Federn und Zier. Als sie näher kamen, entdeckte Tilla, dass sie ein rotes Kreuz auf ihre Ausrüstung genäht oder gemalt hatten.
    »Das ist das Zeichen der Engländer. Franzosen würden ein weißes Kreuz tragen.« Ein Mönch war an Tillas Seite getreten, spähte ebenfalls ins Freie und schien sich zu freuen, dass er sein Wissen mit jemand teilen konnte. Nun wies er auf eine Reihe recht einfach gekleideter Soldaten, von denen höchstens die Hälfte Helme besaß. Als Waffe schien ihnen nur ein langer Dolch zu dienen, und alle trugen einen schmalen Gegenstand in einem ledernen Futteral auf dem Rücken.
    »Das sind die Langbogenschützen, die den Franzosen bereits große Opfer abverlangt haben. Ihre Pfeile reichen weit und zerschlagen jedes Kettenhemd.«
    »Haben sich die französischen Ritter deshalb eiserne Platten vor die Brust

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