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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ein, länger bei ihm zu verweilen, doch Starrheim fand, dass er bereits zu lange der Heimat ferngeblieben war, und drängte auf einen raschen Aufbruch. Tilla war es recht, denn sie hatte Sebastian inzwischen in all das eingeweiht, was sie bedrückte, und sie fürchteten sich ein wenig vor dem, was in der Zwischenzeit in ihrer Heimatstadt geschehen sein mochte.
    Graf Gaston stellte ihnen eine Eskorte, die sie vor Raubgesindel und plündernden Söldnern beschützen sollte, und dann ging es weiter. Sie folgten in etwa demselben Weg, den sie gekommen waren, und stellten erleichtert fest, dass die Reise hoch zu Ross weitaus einfacher zu bewältigen war. Als sie die Garonne erreichten, überschlugen die Fährleute sich, sie über den Strom zu bringen, während Dutzende von Pilgern am Ufer lagern und warten mussten.
    Tilla taten die armen Leute leid und sie reichte dem Fergen ein paar Münzen mit der Anweisung, einen Teil der Pilger beim nächsten Mal mit hinüberzunehmen. Sebastian lachte zwar darüber, doch als sie ihn daran erinnerte, mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen gehabt hatten, wurde er ernst und lobte sie für ihre Haltung.
    Auf ihrem weiteren Weg hätte Tilla gerne noch einmal den Ort aufgesucht, in dem Olivia und ihre Anhänger lebten. Doch sie bemühte sich vergebens, den Eingang zu dem Tal zu finden. Als sie die Hügelkette, in der es liegen musste, hinter sich gelassen hatten, drehte sie sich enttäuscht im Sattel um und suchte noch einmal die Linie des Höhenzugs ab, der sich scharf gegen den Himmel abzeichnete. Dabei glaubte sie auf einer nahen Anhöhe eine hochgewachsene Frauengestalt in einem weißen Gewand zu sehen, die ihr zuzuwinken schien. Die Erscheinung verschwand jedoch sofort wieder, und Tilla nahm an, dass sie einerSinnestäuschung zum Opfer gefallen war. Sie bedauerte es, die weise Frau nicht mehr getroffen zu haben, denn sie hätte gerne eine Weile mit ihr geplaudert. So aber konnte sie Olivia nur in Gedanken grüßen.
    Die Reise ging so rasch vonstatten, dass die Orte, an denen sie auf der Hinreise gebetet hatten, wie in einem Traum an ihnen vorbeizufliegen schienen. Doch Starrheim konnte es nicht schnell genug gehen. Tilla, die ihn beobachtete, nahm an, dass er sich so bald wie möglich seinen habsburgischen Verwandten in Erinnerung bringen und seinem von Saint Vith beschädigten Ruf auch bei ihnen neuen Glanz verleihen wolle. Er war oft geistesabwesend, als brüte er über der Situation, die ihn in den habsburgischen Landen erwarten mochte, und das machte den Ritt nicht leichter. Tilla hatte das wenige Französisch bereits wieder verlernt, und so war die Gruppe auf den Grafen angewiesen. Da Starrheim zunehmend vergaß, für sie zu übersetzen, saßen sie meist stumm an den Tafeln, an die sie geführt wurden, und sehnten ebenfalls das Ende ihrer Reise herbei. Auch gönnte Graf Rudolf ihnen nicht einmal die Zeit, wenigstens die wichtigsten Wallfahrtsstätten und jene heiligen Orte aufzusuchen, die sie auf ihrem Hinweg hatten meiden müssen, und er wies auch Blanches Bitte ab, einige ihrer Verwandten wiederzusehen, die etwas abseits vom Reiseweg lebten.
    Daher verlief der Heimweg ebenso ereignislos, wie die Anreise von Problemen geprägt gewesen war. Die Überquerung der Rhône fiel ihnen ebenso leicht wie die der Garonne. Der Ferge sah ihre Pferde, schätzte die noch recht gute Kleidung mit einem geübten Blick ab und verbeugte sich so tief vor ihnen, als wären sie der König von Frankreich und der Herzog von Burgund in eigener Person. Da die Pilger, die in die gleiche Richtung zogen, friedlicher wirkten als jene, die den Weg nach Santiagonoch vor sich sahen, gab es auch hier keine Schwierigkeiten, zumal Tilla erneut mehrere Münzen spendete, damit diese Leute übergesetzt werden konnten.
    Der Ritt durch die Alpen, die ihnen bei ihrem ersten Anblick so majestätisch erschienen waren, vermochte ihnen keinen Ruf des Erstaunens mehr entlocken, denn sie hatten unterwegs mehr als genug Berge gesehen, und in ihrer Erinnerung waren sie alle mit anstrengenden Aufstiegen und schmerzenden Füßen verbunden. Beim Anblick der schneebedeckten Gipfel lernten sie ihre trittsicheren Reittiere zu schätzen und waren froh über die Bequemlichkeiten, die sie sich nun leisten konnten. Das Essen war stets reichlich, die Unterkünfte sauber und die Menschen, die sie bedienten, waren freundlich und oft sogar devot.
    Trotzdem war Tilla erleichtert, als die Lande, in denen mit fremder Zunge gesprochen wurde,

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