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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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durchtriebenen Schlingel hast du zum Mann genommen?« Elsa wackelte verwundert mit dem Kopf,besann sich dann aber und nickte. »Es war wohl das Beste, nachdem sein Bruder tot war.«
    »Von Damians Tod wussten wir damals noch nichts. Wir haben uns aus freien Stücken dafür entschieden.« Tilla war empört, weil ihre Kinderfrau zu glauben schien, sie habe nur den Willen ihres Vaters befolgen wollen.
    »Ich liebe Sebastian!«, setzte sie energisch hinzu.
    »Hoffentlich verdient er es! Aber du wirst wohl einiges über deinen Bruder erfahren wollen. Der treibt es wirklich arg, und ich kann mich des Verdachts nicht erwehren, dass es mit Absicht geschieht.«
    »Mit Absicht?« Tilla sah Elsa ungläubig an.
    »Einige Leute in der Stadt behaupten – wenn keiner der Büttel in der Nähe ist –, Otfried wolle beweisen, dass die Stadt sich nicht selbst verwalten und schützen kann, um richtige bayrische Truppen nach Tremmlingen zu holen. Die Leute hier sind bald so weit, diese als Retter in der Not anzusehen. Angeblich sollen die Kerle, die Otfried in Sold genommen hat, keine Bayern sein, sondern Söldner, die man aus deren Heer entlassen und vertrieben hat. Wenigstens lässt Herr Georg von Kadelburg das verbreiten.«
    Tilla nickte versonnen. Wenn das stimmte, war ihr Bruder bei aller Macht, die er zu besitzen glaubte, nur eine Marionette der Bayern, und Herzog Stephan konnte ihn jederzeit opfern, um die aufgebrachten Bürger von Tremmlingen zu besänftigen. Wenn der Bayer rasch genug handelte, vermochte er für diese Tat sogar den Segen des Kaisers zu erringen. Die Stadt beherrschte einen wichtigen Donauübergang, und der musste offen gehalten werden, selbst wenn der Preis dafür die Regentschaft der Bayern war.
    Während Tillas Gedanken einen wilden Tanz aufführten, sprach Elsa weiter. »Wenn ich daran denke, wie viel Leid durchdeinen Bruder über diese Stadt gekommen ist, bedaure ich jeden Klaps, den ich ihm nicht gegeben habe, als er noch unter meiner Obhut war.«
    Tilla versuchte, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. »Hast du die Schatulle noch, die ich dir damals zur Aufbewahrung gegeben habe?«
    »Freilich! Sie liegt noch an derselben Stelle, an der du sie versteckt hast.« Die Alte wirkte ein wenig enttäuscht, weil Tilla sich mehr für ihren alten Heiratsvertrag und das Testament interessierte, die in dem Kasten liegen sollten, als für das Schicksal der Tremmlinger.
    »Ich muss das Ding gleich morgen aus der Stadt schaffen!« Tilla dachte daran, wie weit Otfrieds Freunde hinter ihr hergejagt waren, und war sich nun sicherer denn je, dass der Beweis für den Verrat an ihrer Heimatstadt in dieser Kassette zu finden war. Eine Urkunde mit dem Siegel der Bayern und den Namen der Verräter oder ein Hinweis auf den Plan, Tremmlingen bayrisch zu machen, würde wohl Rudolf von Starrheim und seine Habsburger Verwandten zum Eingreifen veranlassen, auch wenn dann die Farben Habsburgs auf dem Rathaus von Tremmlingen wehen würden. Das war allemal besser, als wenn die bayrischen Rauten aufgezogen wurden. Mit den Habsburgern konnten Sebastian und sie noch verhandeln und zumindest einen Teil der Bürgerrechte erhalten.

II.
    Am nächsten Morgen war Tilla froh, den weiten Talar als Verkleidung gewählt zu haben, auch wenn sie im Augenblick nur ihr Hemd trug. Elsa war gerade dabei, ihr die Schatulle vor demBauch festzubinden, und so wie es aussah, würde sie etwas steif gehen müssen. Das würde wohl niemand auffallen, denn die meisten Gelehrten bewegten sich, als hätten sie einen Stock verschluckt, um damit ihre Wichtigkeit auszudrücken.
    Elsa hatte ihre kargen Vorräte mit ihr geteilt, weigerte sich aber, mehr als ein paar Pfennige von ihr anzunehmen. »Wenn die Büttel mein Haus durchsuchen, dürfen sie nicht viel Geld bei mir finden. Die Kerle würden sonst glauben, ich hätte noch mehr versteckt, und mich quälen, damit ich alles herausrücke.« Tilla ballte die Fäuste. »Es wird Zeit, dass sich die Dinge in Tremmlingen wieder ändern.«
    »Es sollte bald geschehen, sonst werden wir noch bayerisch und die meisten werden sogar froh darüber sein.«
    Elsa Heisler brachte damit zum Ausdruck, was bereits viele Einwohner dachten. Die meisten von ihnen zogen eine harte, aber halbwegs gerechte Hand der derzeit herrschenden Willkür vor. In Tilla aber sträubte sich alles gegen diese Vorstellung.
    »Das wird nicht geschehen!« Mit diesem zornigen Ausruf erschreckte Tilla ihre alte Freundin. Elsa Heislers Hände zitterten und

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