Die Pilgerin
brachte ihn dazu, die Zähne zusammenzubeißen und gegen das Schwindelgefühl anzukämpfen. Wild entschlossen, Tilla zu zeigen, dass er nun der Besitzer ihres Körpers war, knetete er sein schlaff gewordenes Glied, bis es wieder die nötige Härte aufwies.
Er hatte sich vorgenommen, seine Frau die Schmerzen der Entjungferung spüren zu lassen, bis sie vor Pein um Gnade flehte. Um seinen Zustand vor ihr zu verbergen, ging er nun noch rauer zu Werk, doch zu seinem Ärger entlockte er ihr keine stärkere Regung als ein leichtes Verziehen ihrer Mundwinkel.
Er ahnte nicht, dass Tilla sich zum Erbrechen schlecht fühlte, denn ihr Unterleib schmerzte nun beinahe so stark wie ihre Kehrseite. So schlimm hatte sie sich den Vollzug der Ehe nicht vorgestellt. Nicht einmal unter Tieren ging es so rabiat zu. Dennoch hasste sie den Mann über ihr weniger als ihren Bruder, der sie diesem Unmenschen ausgeliefert hatte. Den Grund für diese überstürzte Verheiratung glaubte sie zu kennen, denn sie hatte Otfried seit dem Tod ihres Vaters beinahe täglich beschworen, das Vermächtnis des Verstorbenen zu erfüllen und sein Herz, das der Zinnschmied in eine für diesen Zweck geschaffene Dose eingelötet hatte, nach Santiago de Compostela zu bringen. Ihr Bruder hatte jedoch stets neue Ausflüchte gefunden und wollte sie wohl auf diese Weise mundtot machen. Aber sie würde auch jetzt nicht schweigen, das schwor sie sich, während sie regungslos auf dem Bett lag und ihren Ehemann ertrug.
Gürtler hatte sich in eine solche Raserei hineingesteigert, dass sie der Verdacht beschlich, er könne von einem Dämon besessen sein. Als sie versuchte, sich in angenehmere Gedanken zu flüchten, tauchte jedoch ihr Vater vor ihrem inneren Auge auf, so schwach und mager, wie er in seinen letzten Tagen ausgesehen hatte. Er streckte ihr die knochigen Hände entgegen und jammerte, dass der Teufel bereits seine Seele in den Klauen hielt und er nur durch die Pilgerfahrt nach Santiago vor der ewigen Verdammnis gerettet werden könne.
Während Tilla in sich selbst gekehrt den Höllenpfuhl zu erblicken glaubte, in dem ihr Vater schmorte, wurde Gürtler fertig, ohne viel Lust verspürt zu haben. Vor Anstrengung keuchend rollte er von ihr herab und griff zu seinem Becher, um sich zu stärken. Als er den Wein schlürfte, überkam ihn erneut ein Schwindelgefühl und ein schneidender Schmerz im Bauch ließ ihn aufstöhnen. Er presste die Hand auf die Magengegend, von der nun ein Feuer ausging, das sich in seine Brust hochfraß, den rechten Arm ergriff und bis in den Kopf hineinloderte.
Ich brauche den Arzt, durchfuhr es ihn. Doch als er den Mund öffnen und um Hilfe rufen wollte, versagte ihm die Stimme. Er vermochte auch die Hand nicht mehr auszustrecken, um Tilla, die ihm den Rücken zugedreht hatte, auf seine Qualen aufmerksam zu machen. Voller Entsetzen stellte er fest, dass sein Körper von den Zehen an abzusterben begann. Nach kurzer Zeit griff das Gefühl auch auf die Hände über, und er spürte, wie eine dämonische Kraft das Leben Stück für Stück in ihm auslöschte, bis er nur noch aus einem immer schwächer schlagenden Herzen und seinen Gedanken bestand, in denen jene panikerfüllten Schreie tobten, die seinen Mund nicht mehr verlassen konnten. Dann senkte sich Dunkelheit über ihn und er erlosch wie ein Docht ohne Öl.
VI.
Tilla war mit dem Gedanken an ihren Vater eingeschlafen und träumte die ganze Nacht hindurch von ihm und den Höllenstrafen, die er zu ertragen hatte. Als sie am Morgen aufwachte, hallte immer noch sein Flehen in ihrem Ohr, sein Herz zum Grabe des heiligen Jakobus zu tragen.
Im ersten Augenblick glaubte sie, in ihrem eigenen Zimmer zu sein. Doch als sie die Augen öffnete, lag sie in einem kahlen, düsteren Raum und erinnerte sich sofort wieder an das, was am Vorabend geschehen war. Sie war Veit Gürtlers Weib und seinen Grausamkeiten ausgeliefert. Stumm verfluchte sie ihren Bruder, aber auch sich selbst, weil sie sich wie ein Schaf zur Schlachtbank hatte schleifen lassen. Ihr Unterleib brannte und ihre Kehrseite schmerzte von den Hieben, die ihr Ehemann ihr versetzt hatte. Es würden wohl nicht die einzigen Schläge bleiben, die sie von ihm erhielt. Sie zitterte bei dem Gedanken und auch daran, dass ihr Mann jetzt jederzeit über sie und ihren Leib verfügen konnte, wie es ihm gefiel. Es war etwas, das sie nicht einmal Vater Eusebius beichten würde können, denn dieser sah es als Aufgabe einer Frau an, ihrem Mann zu dienen.
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