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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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»Der junge Schrimpp hat mir ein Geschäft vorgeschlagen. Es scheint mir ein wenig riskant zu sein, deshalb würde ich gerne wissen, was du dazu sagst.«
    Laux schenkte sich selbst Wein nach, ohne den Diener zu rufen, und beugte sich dann nach vorne. »Sprich!«
    Während Vater und Bruder wieder geschäftliche Dinge beredeten, trank Sebastian seinen Becher leer und stellte ihn auf den Tisch. Mitreden durfte er bei solch schwierigen Dingen nicht, das war allein dem Älteren vorbehalten, obwohl auch er denHandel von der Pike auf gelernt hatte. Daher stand er auf, murmelte einen Abschiedsgruß und verließ den Raum. Kurz darauf trat er auf den Hof, auf dem es von fleißigen Arbeitern wimmelte, sah sich um und fand, dass er hier nicht gebraucht wurde. Daher spazierte er ruhigen Gewissens auf die Straße hinaus.
    Zunächst wusste er nicht, wohin er sich wenden sollte, doch dann führten ihn seine Schritte fast wie von selbst zur Krone, dem besten Gasthof der Stadt, in dem die Mitglieder des Hohen Rates in einem Nebenzimmer ihren Stammtisch hatten. Die Söhne der Patrizier, zu denen Sebastian zählte, kamen in der Gaststube zusammen, um miteinander zu trinken und zu feiern. Auch an diesem Tag befanden sich bereits einige junge Burschen dort und begrüßten Sebastian fröhlich. In ihrem Kreis vergaß er erst einmal all seine Befürchtungen und ließ sich bei dem munteren Gespräch mehr als nur einen Becher Wein schmecken.

IX.
    Sebastian blieb länger im Kreis der fidelen Gesellschaft, als er eigentlich gewollt hatte. Der Wirt hatte die meisten seiner Knechte und die Schankmaid bereits in die Betten geschickt, als Sebastian und seine Freunde sich endlich bequemten zu zahlen.
    »Ich wünsche den jungen Herren einen guten Heimweg«, verabschiedete der Wirt die Patriziersöhne und reichte ihnen eine Laterne, damit sie in der Nacht den Weg finden konnten. Er erhielt ebenso fröhliche wie lautstarke Antworten und hob beschwörend die Hände.
    »Ich bitte die jungen Herren, ein wenig leiser zu sein. Es ist wegen der Nachbarn, versteht ihr?«
    »Diese Duckmäuser sollen sich nicht so haben!«, lallte Anton, der jüngere Sohn des Ratsherrn Schrimpp. Sebastian zählte ihn nicht gerade zu seinen Freunden, denn der Bursche war ihm zu großmäulig und ahmte die Mode der Edelleute des angrenzenden Bayernlands nach, anstatt stolz auf seine Abkunft von einem Patriziergeschlecht zu sein.
    In der frischen Luft schwankte Anton so, dass andere ihn auffangen mussten, und stieß mehrfach geräuschvoll auf. »So, jetzt ist mir wieder besser. Ich dachte schon, ich müsste kotzen«, meinte er zufrieden.
    »Das wäre deinem schmucken Gewand aber nicht gut bekommen!«, spottete Sebastian, denn der junge Schrimpp hatte sich schon einmal ein teures Wams durch Erbrochenes ruiniert. Er selbst war ebenfalls nicht mehr nüchtern und ließ es daher zu, dass Anton sich bei ihm unterhakte und ihn in die Richtung drängte, in der das Schrimpp’sche Anwesen lag.
    »Also, auf meine Kleidung gebe ich schon Acht. So etwas Schönes hat nämlich kein Zweiter in dieser verdammten Stadt, verstehst du? Die Herren auf Riedhofen und die von Dürnwang wissen schon, was es heißt, gut zu leben. Aber wenn es nach dem Willen deines Vaters ginge, müssten wir alle im grauen oder braunen Walk herumlaufen. Beim Teufel noch mal, dabei sind wir doch reicher als alle Riedhofener und Dürnwanger zusammen!« Das Letzte schrie Anton Schrimpp so laut, dass einige Fensterläden geöffnet wurden und sich die Anwohner heftig beschwerten.
    »Wisst ihr, was ihr mich könnt?« Der junge Schrimpp machte eine verächtliche Handbewegung in die Richtung der verärgerten Bürger und bog dann ab.
    In dem Augenblick erinnerte Sebastian sich, dass er eigentlich in die entgegengesetzte Richtung gehen musste, um sein Vaterhauszu erreichen. Die anderen aber folgten Anton Schrimpp und sie trugen die Laterne des Wirts. Im nüchternen Zustand wäre Sebastian mit ihnen gegangen, um das Licht zu übernehmen, sobald der Letzte zu Hause war. Jetzt aber blieb er störrisch stehen. »He, gebt die Laterne her! Oder soll ich durch die Dunkelheit stolpern?«
    »Von mir aus kannst du in den Dreck fallen!« Anton lachte und forderte die anderen auf, mit ihm zu kommen.
    »Ich und fallen? Heiße ich etwa Schrimpp?« Sebastian kehrte seinen Saufkumpanen beleidigt den Rücken und stapfte los. Doch schon nach wenigen Schritten wurde er langsamer und versuchte die Dunkelheit mit seinen Augen zu durchdringen. Die

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