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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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schien, dass sie mit zu Roscoes Party kam, hatte sie schließlich eingewilligt, ihn zur Burg zu begleiten. Das war offensichtlich ein Fehler gewesen: Eine geschlagene Stunde saßen sie schonin diesem düsteren Turmzimmer, während Roscoe sie auf beleidigende Art übersah.
    Earnshaw versuchte, mit Blicken ihre Gereiztheit zu besänftigen. Für ihn stand viel auf dem Spiel: Er wollte mit Roscoe die Details einer weiteren Waffenlieferung besprechen; als Anschlussgeschäft von erheblichem Umfang brächte es Earnshaw eine Provision ein, auf die er nicht verzichten konnte. Persephone indes zeigte für seine Lage wenig Verständnis. Nachdem er ihre Verabredung zum Lunch verpasst hatte, behandelte sie ihn äußerst ungnädig und hatte ihn schon auf dem Hinweg gebeten, die Nacht im Club zu verbringen. Warum mussten schöne Frauen so anstrengend sein? Er lächelte geduldig und küsste ihre Hand.
    Als er wieder aufsah, begegnete er Roscoes ungerührtem Blick. »Earnshaw, aus Ihrem Lieferbericht geht nicht hervor, von welchem Modell der Brown Bess hier die Rede ist.« Er pochte auf den Folioblock, der vor ihm auf dem Tisch lag. »Die Bezeichnung der Produktionsreihe fehlt. Bei dem Posten von zwölfhundert Musketen für die Infanterie sollte es sich um das neue Short-Land-Modell, Kaliber .71 mit dem kürzeren Zweiundvierzig-Inches-Lauf handeln, nicht um das Vorläufermodell. Wie, Earnshaw, soll ich diese Auslassung verstehen?«
    Hingelümmelt in seinem kostspieligen Admiralskostüm brachte er Earnshaw so aus dem Konzept, dass dieser nur eine lahme Erklärung vorbrachte: »Ich glaube nicht, dass die Auslieferungsstelle in Bristol in diesem Falle das Verschulden trifft. Sie, Mr. Roscoe, hatten den Termin für die Verschiffung vorgezogen, und in der Eile konnten wir nicht …«
    »Sie halten mich nicht wirklich für so dumm, Earnshaw?«, fiel Roscoe ihm ins Wort.
    Earnshaw hasste seinen überspannten, kreolischen Tonfall. Wollte der Mann ihm drohen? Er dachte noch über eine Antwort nach, als Roscoe fortfuhr: »Ihr General sollte keinen Untergebenen schicken, der die Rahmenbedingungen unseresAbkommens nicht kennt. Bei Ihrer Inkompetenz erübrigt sich jede weitere Verhandlung.«
    »Erlauben Sie, Sir! Die Rahmenbedingungen sind klar, General Malvern möchte sie nicht noch einmal diskutieren.«
    »Ist mit egal, was Malvern möchte oder nicht, Earnshaw! Sagen Sie ihm, wenn er meine Bedingungen nicht akzeptiert, kommen wir nicht ins Geschäft.«
    Earnshaw erschrak. Er hatte dem General zugesichert, dass die Vereinbarung mit Roscoe heute noch zum Abschluss käme, darum machte er einen letzten Versuch: »Mr. Roscoe, Sie wissen, dass wir Lt.-Colonel Reading und Major Blackburn erwarten. Mr. Reading ist der Verbindungsmann in den Bristoler Arsenalen, Mr. Blackburn leitet die Verteilung der Arsenalsbestände. Die beiden Herren kennen die Vereinbarungen im Detail und können die fraglichen Abweichungen sicher erklären.«
    Roscoe schlug den Lieferbericht zu und stand auf. »Gut, Major, sehen wir nach, ob Sie Ihre Gewährsleute ausfindig machen können.«
    Earnshaw ging gleich zur Tür. Roscoe aber kam zu Persephones Platz und sprach sie zum ersten Mal an diesem Abend an: »Sind Sie verärgert, weil ich nicht mit Ihnen flirte, Madam? Tja, das Geschäft geht nun mal vor.« Er neigte sich zu ihr herunter. »Wie wär’s, ich schicke Earnshaw allein hinunter und wir vertreiben uns zusammen die Zeit, bis Ihr Freund zurückkommt, hm?«
    »Nein! Bemühen Sie sich nicht«, stieß sie unter seinem anzüglichen Blick errötend hervor. »Ich bleibe sehr gerne allein hier oben.«
    »Na schön, vielleicht ein andermal«, sagte er achselzuckend und ging mit Earnshaw hinaus.
    Er lief eine Wendeltreppe hinunter und trat unter einem steinernen Bogen hindurch. Earnshaw, der ihm gefolgt war, fandsich unversehens an exponierter Stelle auf dem Altan über dem Bankettsaal. Achtsam trat er einen Schritt zurück. Roscoe hingegen setzte sich rittlings auf die Brüstung und beugte sich vor, um sehen zu können, was unterhalb des Altans im Gewoge der vielen Menschen vor sich ging. Earnshaw entdeckte zu seiner Erleichterung bald seine beiden Verbindungsmänner. Roscoe winkte daraufhin einen seiner Wächter heran und wies ihn an, die Offiziere in seine Kanzlei zu bitten.
    Da Earnshaw der Blick in die Tiefe Übelkeit verursachte, schlug er vor: »Vielleicht sollte ich Blackburn und Reading oben in Empfang nehmen?«
    »Ja ja, gehen Sie nur, Earnshaw«, winkte Roscoe ab.

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