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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Schmugglerring in Boulogne verhandelt hatte. Das Geschäft mit den Amerikanern entsprach jedoch eher Roscoes Gesinnung, darum wollte er zunächst seine patriotische Pflicht gegenüber Amerika erfüllen und die französischen Schmuggler mit einem zweiten, nachgeschobenen Posten abspeisen, den sein Verbindungsmann beim Arsenal in der Zwischenzeit auftreiben sollte. Um sich mit den Waffen für Amerika aus der Schusslinie der Franzosen zu bringen, wollte er so bald wie möglich in See stechen.
    Wenn alles glattlief, würde die Atlantiküberquerung weniger als zwanzig Tage dauern. Falls die Waffenhändler in Boulogne Wind von der Sache bekämen, sollten sie ruhig kommen! Die Tristar war nach dem Umbau mit vierundzwanzig Kanonen gerüstet wie ein Geleitschiff, das jeden Küstensegler in die Flucht schlug. Sein übervorsichtiger Kapitän wollte die Bemastung noch einmal überholen lassen, doch dafür war keine Zeit, darum übertrug Roscoe das Kommando kurzerhand dem Skipper der Pole Star, eines Schwesterschiffs, das zur Reparatur auf Reede lag. Die deklarierte Fracht der Tristar wurde auf andere Schiffe der Gesellschaft umverteilt und der Schnellsegler mit den Waffen beladen.
    Der neue Kapitän war willig, die Fracht an Bord, am nächsten Morgen sollte die Tristar Anker lichten – da tauchte, von den Toten auferstanden, Spencer bei Roscoes Festgelage auf. Spencer wollte mit ihm abrechnen, Roscoe konnte es ihm nicht verdenken. Im Visier ihrer Waffen standen sie sich gegenüber, ein starker Moment, erregend und elegant wie jedes Duell. Für Sekunden verband sie die Gewissheit des Todes. Doch das Band zerriss, als sich der kleine Sklave in den Tod stürzte, dummer Junge! Das hatte Roscoe nicht beabsichtigt, aber sein Ziel war erreicht: Spencer gab sich geschlagen. Zumindest war er Roscoe fürs Erste nicht mehr im Weg.
    Im Morgengrauen fuhr die Tristar der Themsemündung entgegen. Die Bark bewies ihre Qualität und erreichte die Einfahrt in den Englischen Kanal in der Hälfte der angenommenen Zeit. Sie umfuhren Margate und passierten die Straße von Dover, dann hielt das Schiff unter vollen Segeln westlichen Kurs Richtung Atlantik. Sie machten gute Fahrt. Roscoe stand auf der Brücke, gegen den Sprühregen und die Gischt trug er einen Bootsmantel über seinem kostbaren Admiralsrock. In jeder der tiefen Rocktaschen lag eine von Spencers Duellpistolen, mit der Bewegung des Schiffs im starken Seegang stießen sie gegen seine Oberschenkel, rechts, links, dann wieder rechts.
    Spencer hatte nicht auf ihn geschossen, und doch traf er ihn mitten ins Herz, als er nach Algernon Reed fragte und Roscoe an etwas erinnerte, woran er nie mehr denken wollte: Als Reed den halbtoten Spencer, anstatt ihn zu töten, innig umarmt hatte, war der Engländer ihm näher gewesen, als Roscoe selbst es je sein könnte. Dieser Augenblick hatte alles verändert. Roscoes schlichtes Glück in Reeds Nähe war zerstört, und weil er so nicht weiterleben wollte, ging er nach London. Er hatte seinen Entschluss schon bald bereut, und zuletzt hatte ihm die Begegnung mit Spencer die Augen geöffnet: Es war gar nicht wichtig, was Reed für ihn empfand, wenn Roscoe nur bei ihm sein konnte! Selbst wenn es nie so werden konnte,wie er es sich wünschte, so war doch alles besser als dies Leben, fern von dem geliebten Freund. Was galt ihm sein Stolz, die Eifersucht und verletzte Eitelkeit? Er wollte zu Algernon zurück, für immer.
    Ein paar Fischer am Strand beobachteten, wie draußen ein Segler gegen den Orkan ankämpfte und verlor. Vom Gipfel grüner Wellenberge gegen den Fels des Kaps geworfen, barst der Rumpf des Schiffs. Die teure Fracht, die Waffen und Kanonen sanken zum Meeresgrund, dann verschwand die Tristar im Sog des Strudels. Die Trift trug die Trümmer rasch fort von der Stelle des Untergangs. Am nächsten Tag suchten die Bewohner des Küstenstreifens nach Treibgut, das sie in ihren armseligen Haushalten verwenden konnten. Wer am Strand nichts Brauchbares fand, war zumindest für die nächsten Wochen mit Brennholz versorgt, denn die Küste war übersät mit Bruchstücken von gutem, hartem Eichenholz. So wurde das Unglück der Seefahrer zumindest zum linden Segen für die wenigen, die hier am Rand der Welt ihr Leben fristeten und nichts wussten von den Ambitionen ihres hochfahrenden Zeitalters.
    Père Guénégou, der Seelsorger einer Gemeinde von Taglöhnern und Fischern, machte sich schon früh am Morgen nach dem Sturm auf, um sich einen Vorrat an Feuerholz

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