Die Plantage: Roman (German Edition)
einmal.
»Ich will es mir überlegen.«
Sie waren um das Haus herum zum Eingang gekommen, wo Reed sein Reitpferd angebunden hatte. Kaum sah der Fuchshengst seinen Herrn zurückkehren, zerrte er aufgeregt schnaubend an der Trense. Antonia, die ungestüme Pferde liebte, besänftigte ihn mit ruhigen Worten. Das Tier neigte den Kopf mit dem auffälligen Blässenstern und ließ sich von ihr die Mähne streicheln.
Reed sah eine Weile nachsichtig zu, dann sagte er: »Genug jetzt, Lone Star, sonst werde ich noch eifersüchtig.« Er setzte den Hut auf, nahm das Pferd beim Zügel und saß auf. »Wann darf ich Ihnen meinen Wagen schicken, um Sie abzuholen, Madam?«
»Hatte ich denn zugesagt?«
»Sie wollten es sich überlegen.«
»Nun gut, sagen wir übermorgen. Aber ich werde reiten. Meine kleine Grace und ich hatten in letzter Zeit viel zu wenig Bewegung.«
»Wie Sie möchten«, sagte er und verneigte sich. »Dann erwarte ich Sie übermorgen zum Lunch. Leben Sie wohl!«
Als er fortgeritten war, kam Joshua mit den beiden Vormännern aus dem Verwalterbüro. Wie immer zum Wochenbeginn hatten sie die Leute in Arbeitsgruppen für die verschiedenenPflanzungen eingeteilt. Cole und Allan grüßten respektvoll, ehe sie an ihre Arbeit zurückgingen. Auch Joshua wollte gehen, aber Antonia hielt ihn auf ein Wort zurück.
»Übermorgen unternehme ich einen Ausflug«, erzählte sie munter. »Ich möchte zum Ashley River reiten und anschließend Lydia in Charles Town besuchen. Noah soll mich begleiten.«
»Wollen Sie nicht lieber den Wagen nehmen? Bis zum Ashley River sind es an die zwölf Meilen.«
»Ach, Joshua, ich möchte wieder einmal einen Reitausflug unternehmen, der diese Bezeichnung verdient! Der Wagen mit meinem Gepäck soll in die Stadt vorausfahren, ich werde dann abends in Lyndon House eintreffen. Und keine Sorge, wir werden mittags ein, zwei Stunden rasten. Mr. Reed hat mich zum Lunch eingeladen. Er will es sich nicht nehmen lassen, mir seine berühmten Gärten zu zeigen.«
»Ich weiß nicht, Miss Antonia.« Joshua runzelte die Brauen. »Das scheint mir keine gute Idee. Es heißt, Mr. Crossbow arbeite für Mr. Reed als Unterverwalter. Gut möglich, dass Sie ihm auf Hollow Park begegnen.«
Sie ärgerte sich über seinen Einwand, der sich im Grunde gegen ihren Bekannten Mr. Reed richtete; das stand ihm nicht zu. Noch mehr missfiel ihr die Vorstellung, dass Reed mit Elijah Crossbow, diesem Abschaum der Sklavenhaltergesellschaft, zu tun hatte.
»Danke, Joshua«, erwiderte sie kühl, »aber deine Bedenken sind übertrieben.«
Er hob die Brauen, enthielt sich jedes weiteren Kommentars und ging. Seine Bemerkung ließ ihr jedoch keine Ruhe. Es war nicht verwunderlich, dass Reed auf seiner Riesenplantage einen ganzen Verwalterstab beschäftigte. Trotzdem musste es einen besonderen Grund geben, wenn er jemanden wie Elijah Crossbow einstellte. Am besten, sie fragte Charlene, die über die Verhältnisse auf den benachbarten Anwesen am besten Bescheid wusste.»Hollow Park is’ ’ne gigantische Plantage«, sagte Charlene, indem sie den Deckel von der Terrine hob und mit einer Suppenkelle die beiden Teller füllte. »Es gibt dort viele Sklavendörfer, sie liegen weit verstreut. Mr. Reed wohnt ganz allein im Herrenhaus, die meisten der Schwarzen bekommen ihn nie zu Gesicht. Ein paar Hausdiener bringen ihm das Essen, aber sonst müssen sie sich vom Herrenhaus fernhalten.« Sie legte den Deckel auf die Terrine und setzte sich, dabei murmelte sie: »Is’ wohl auch besser so. Nach allem, was erzählt wird.«
»Was wird denn erzählt?«, fragte Antonia, die vorsichtig von ihrem Chili aß, dessen rote Pfefferschoten ihr auf der Zunge brannten.
Charlene, unempfindlich für die Schärfe, kaute erst genüsslich, ehe sie antwortete: »Die Leute sagen, der Herr von Hollow Park habe den bösen Blick.«
»Großer Gott, Charlene!« Antonia legte geräuschvoll ihr Besteck auf den Teller. »Wer denkt sich solchen Unsinn aus?« Doch unwillkürlich dachte sie an Reeds seltsames Starren. Kein Wunder, dass manche abergläubische Sklaven darin den gefürchteten, Verderben bringenden Blick sehen wollten.
Charlene jedenfalls ließ sich von Antonias Einwurf nicht beirren. »Diese und jene Geschichte wird erzählt, und glauben Sie mir, Missy, jede davon hat einen wahren Kern.« Sie hob bedeutungsvoll die Brauen, als sie hinzusetzte: »Übrigens kauft Mr. Reed nur Sklaven von Beau Séjour.«
Na bitte, dachte Antonia, das ist die Verbindung zu
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