Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
Vom Netzwerk:
Weiterfahrt über den Atlantik antreten. Nach Stopps auf Bermuda und den Florida Keys ist der Zielhafen Wilmington in Carolina. Sie haben noch fast eine Woche Zeit, es sich zu überlegen.«
    »Ich brauche keine Bedenkzeit, Mr. Turner«, erwiderte Roscoe, dem die Aussicht auf die bevorstehende Heimreise den Entschluss leichter machte, obwohl er wusste, dass es alles andere als leicht sein würde. Doch in der Sache gab eskeinen zweiten Anlauf, heute oder nie, das hatte er sich geschworen.
    Turner, von Roscoes Tonfall wie von seinem Äußeren irritiert, musterte ihn mit unverhohlener Neugier. »Woher kommen Sie, wenn ich fragen darf, Señor Martinez?«
    »Aus La Florida. Aber ich lebte lange in Georgia und zuletzt in South Carolina.«
    »Was macht ein Kreole unter lauter amerikanischen Rebellen?«
    »Er kämpft mit ihnen gegen die Briten.«
    »Touché!«, erwiderte Turner säuerlich. »Und Ihr Schiff ?«
    »Ein NewYorker Handelsfahrer. Wir kamen von London, als die Tristar in einem Sturm vor Cap d’Ouessant sank.«
    Turner nickte nachdenklich. »Wie alt sind Sie, Señor?«
    »Fünfundzwanzig.«
    »Wenn Sie Ihre Freiheit wiedererlangen, werden Sie Anfang dreißig sein. Das ist noch kein Alter, aber Ihre Jugend ist dann vorüber. Haben Sie daran gedacht?« Roscoes ausdrucksloser Blick war ihm Antwort genug. »In Ordnung, Señor Martinez. Dann blieben noch die Formalitäten.«
    Er entnahm einem Reisesekretär, der neben seinem Korbsessel stand, einen doppelseitigen Vertrag mit dem Titel »Plantation Indenture«. Roscoe trug seinen spanischen Namen und sein Alter ein, Turner ergänzte Beginn und Ende der Vertragsdauer. Nachdem beide unterschrieben hatten, teilte Turner den Kontrakt entlang einer gezahnten Linie.
    »Gegen Vorlage dieses Papiers erhalten Sie nach Ablauf der Dienstzeit Ihre Freiheit zurück«, sagte er und gab Roscoe eine Hälfte des Kontrakts. »Gute Reise, Don Miguel!«

40.
    Die Bar des Edinburgh Hotels war ein angenehmer Ort, um sich müßig dem Fluss der Zeit zu überlassen. Es war früh am Abend, Seeoffiziere und Händler kamen herein und mischten sich unter die Hotelgäste. Die Türen zur Hafenpromenade standen weit offen, dahinter glänzte die Bucht von Funchal unter der Abendsonne.
    An den Schanktisch gelehnt, ließ William den Blick über die Mole zum Leuchtturm schweifen, zur Isla de Nossa Senhora da Conceição und weiter übers Meer. In Gedanken hatte er Amerika längst erreicht und weilte an einem Ort jenseits des atlantischen Ozeans, weit entfernt von Funchal, auch weit entfernt von seinem inneren Standpunkt. Jener ferne Ort weckte große Sehnsucht in ihm, und doch war er sich seiner Rückkehr und des Wiedersehens, das ihn dort erwartete, keinesfalls sicher. In Momenten wie diesen fiel es ihm schwer, an die Existenz eines Ortes namens Legacy zu glauben; als hätte ihm ein anderer davon erzählt.
    In Madeira war er nur widerwillig an Land gegangen. Er hätte eine direkte Passage vorgezogen. Doch die Crusader war das nächste Schiff gewesen, das von London nach Amerika auslief, und weil er die Abreise von England nicht um zwei weitere Wochen aufschieben wollte, hatte er den Halt auf Madeira in Kauf genommen.
    Inzwischen kamen ihm Zweifel, ob es der richtige Entschluss war, nach Carolina zurückzukehren. Die eintönige Fahrt, vorbei an Frankreich und der Iberischen Halbinsel, der erzwungene Aufenthalt auf Madeira, das alles war seiner Seelenlage nicht zuträglich und machte ihn geneigt, das ganze Unternehmen infrage zu stellen. Sein Bruder Thomas, der ihn gut kannte, hatte ihn beim Abschied in London vor genau dieser Art Zweifel säender Spekulationen gewarnt. Also befolgte er jetzt Thomas’ Rat, indem er der Aussicht über dasMeer den Rücken kehrte und sich seiner nächsten Umgebung zuwandte.
    In dem gemischten Publikum um die Bar fielen ihm zwei junge Männer auf, die sich in betulichem Kolonialenglisch unterhielten. Dem Aussehen nach mussten es Brüder sein, rotblonde, stämmige Burschen, die auf gediegene Art provinziell gekleidet waren. William schätzte sie auf Anfang zwanzig. Der Ältere der beiden hatte sich einen flaumigen Backenbart stehen lassen, was William an ein ihm wohlbekanntes Gesicht erinnerte. Als er den Kellner heranwinkte, unterbrachen die Brüder ihr Gespräch und verfolgten interessiert seine Order. Er wählte einen Brandy, was bei dem Jüngeren der beiden eine Reaktion hervorrief, die man nur als Frohlocken bezeichnen konnte. William überlegte, ob er das Betragen des

Weitere Kostenlose Bücher