Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
Vom Netzwerk:
Stratton kamen her. Jeremy hat sich nicht gewehrt, als sie ihn mitnahmen.«
    Quinn pfiff leise durch die Zähne. Er hatte sich fast soetwas gedacht, nachdem Jeremys Miene täglich verzweifelter geworden war. Wie es sich anhörte, hatte er sich in sein Schicksal gefügt. Nun gut, dann konnte er Crossbow berichten, was seinem Caid widerfahren war. Aber er konnte es auch lassen! Sollte Crossbow sehen, wie er seine Plantage – mit oder ohne Caid – am Laufen hielt. Er, Gabriel Quinn, wäre jedenfalls nicht mehr lange hier.
    Zadia schmiegte sich wieder mit ihrem heißblütigen, kleinen Leib an ihn, dass er lustvoll aufstöhnte. Sie mochte es nicht, wenn er so ernst und nachdenklich war, und wollte ihn zärtlich umschlingen. Doch gerade ging ihm zu viel durch den Kopf. Nein, das war jetzt nicht der Zeitpunkt, konnte sie das nicht verstehen? Er machte sich los und stand auf. Die Arme aufs Fensterbrett gestützt, atmete er die feucht-heiße Nachtluft. Er wusste, dass sie ihn beobachtete. Bestimmt war sie verunsichert, weil er sie zurückwies; am Ende fürchtete sie, er hätte genug von ihr und würde sie ins Sklavenquartier zurückschicken.
    Wie sollte er ihr erklären, dass es nicht von ihm abhing, was aus ihr wurde? Er liebte sie wirklich, seine Sehnsucht nach ihr wurde umso größer, je öfter sie zusammen waren. Durch Zadia hatte er bekommen, was ihm das Leben an Schönheit bisher vorenthalten hatte; wenn er sie umarmte, wurde die Welt für ihn vollkommen. Am liebsten würde er sie nie wieder loslassen! Doch sie gehörte einem Sklavenhalter, der mit ihr nach Belieben verfahren konnte. Quinn war in ständiger Sorge, sie an Crossbows Willkür zu verlieren, und es quälte ihn, dass er nichts für sie tun konnte.
    Lange betrachtete er die gelbe Mondscheibe, die tief über den Sümpfen hing. »Ich werde bald fortgehen«, sagte er ohne sich umzudrehen. »Captain Reed will mich als Bereiter einstellen, ich soll auf Hollow Park seine englischen Vollblüter trainieren. Es wird ein gutes Leben sein. Auf seiner Plantage gibt es kein Fieber, man spürt dort den Wind vom Meer. So weit dasAuge reicht, ist alles sein Land. Sein Haus und die Gärten sind vollkommen schön.«
    Eine leichte Berührung unterbrach seine Schwärmerei, Zadia war zu ihm gekommen. Er legte die Arme um sie. Zart und schmal stand sie vor ihm und betrachtete mit ihm den Mond, der die Erde zu streifen schien.
    »Du sollst mit mir kommen, Zadia«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Ich will ihn bitten, dass er dich Mr. Crossbow abkauft.«
    »Das würde dein Captain für dich tun?«
    »Ja, ich glaube, das würde er tun.«
    Er dachte an Reeds Absence am Ashley River und fühlte einen kalten Schauer. Gleich zog er Zadia nah an sich, die Berührung ihrer warmen Haut tröstete ihn. Sie wandte sich ihm zu, legte die Arme um seinen Hals, um ihn zu küssen. Aber er sah über sie hinweg, gebannt vom Mond über dem Moor.
    »Woran denkst du, Gab?«
    »An den Erlkönig.«

X. Heimkehr

39.
    Am 16. Juni 1782 schrieb Père Guénégou an seinen Mitbruder und Freund Émanuel Rammeau:
    »Mein Bruder in Christo, lieber Émanuel,
    Die Gesellschaft ( Jesu) hat mir befohlen, dem armen Schiffbrüchigen meinen Schutz zu entziehen. Das betrübt mich sehr, zumal ich zu wenig Spanisch spreche, um dem Jungen zu erklären, warum er nicht länger bei mir bleiben kann. Dennoch glaube ich, eine barmherzige Lösung gefunden zu haben: Er ist ein Kind der Neuen Welt, und so scheint es mir das Beste, ihn in seine Heimat Neuspanien zurückzuschicken. Also erwirkte ich beim General des spanischen Ordens die Erlaubnis, meinen ›Engel‹ zum Jesuitenkolleg von Funchal zu senden, von wo er sich mit dem nächsten Schiff zu unserer Mission nach Brasilien einschiffen wird. Mit Gottes Hilfe sollte er danach den Weg nach Hause finden. Alles ist vorbereitet, nächste Woche bringt eine Schaluppe meinen Miguel nach Madeira. Ich bete darum, dass er in der Neuen Welt seinen Seelenfrieden wiederfinden möge.
    Dein Bruder in Christo Horace Guénégou, SJ«
    Die Glocken läuteten zum dritten Mal am Morgen. Oliver Roscoe fragte sich entnervt, wieso manche Menschen es für erstrebenswert hielten, ihre Lebenszeit mit einer dauernden Abfolge von Andachten zu vergeuden. Nicht nur tagsüber quälten ihn die frommen Pflichten, er hatte das Gefühl, dieGebete häuften sich besonders des Nachts, perfiderweise zur Zeit seines tiefsten Schlafs. Als wäre alles andere nicht schon schlimm genug!
    Er lief über den Klosterhof des

Weitere Kostenlose Bücher