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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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ließ der Kapitän es sich nicht nehmen, William mit gewisser Befriedigung als Colonel der Britischen Armee vorzustellen. Danach machten sich die Mitreisenden selber bekannt, und William hatte das Vergnügen, Mr. Henegue McElrond kennenzulernen, einen umgänglichen, etwas rechthaberischen Schotten, der im Auftrag einer Edelsteinschleiferei von Glasgow zu den Smaragdminen Brasiliens reiste. Der dritte Passagier war Señor Duarte Cortés, ein eitler Mann von Anfang fünfzig mit abgelebten Zügen, der vom Handel mit Indenturknechten profitierte, seit der Tabakboom und ein Mangel an schwarzen Sklaven in Virginia ihm Höchstpreise für weiße Leibeigene bescherten. Jim Greene hatte William berichtet, dass Cortés als spanischer Statthalter in Kuba früher den Sklavenmarkt von Havanna kontrolliert habe; seine Unbarmherzigkeit gegenüber afrikanischen Sklaven sei weithin bekannt gewesen.
    Nach dem Dinner fragte Kapitän Robins, ob William und die beiden anderen Passagiere auf ein Glas Wein in seinen Salon kommen wollten. In der Hoffnung auf etwas Unterhaltung während der mehrwöchigen Reise schloss William sich der Gesellschaft an. Nach einer Stunde entschuldigte sich der Kapitän, dessen Dienstplan routinemäßige Kursabstimmungen mit dem Navigator vorsah; Mr. Fletcher, der zweite Offizier, sollte seine Gäste weiter unterhalten. Fletcher schlug ein Kartenspiel vor. Man rückte näher an den Tisch, die Karten wurden gegeben und die Einsätze geleistet. McElrond und Cortés als die »Zivilisten« spielten zusammen gegen die Offiziere Fletcher und Marshall. McElrond ging klug aber konservativ vor und vermied jedes Risiko. Ganz im Gegensatz zu Cortés, der ein leidenschaftlicher Spieler war und durch seine leichtsinnigen Alleingänge McElrond gern zur Verzweiflung brachte.
    William und Fletcher machten ein schnelles, für ihre Gegner schwer durchschaubares Spiel. Fletcher, der typische Besucher von Offiziersclubs, bevorzugte einen offensiven Stil und zwang die Gegenspieler durch seine provokanten Eröffnungen zur Aufgabe ihrer Strategie. William dagegen gab seine Absichten nie zu erkennen. Er merkte sich jede Karte im Spielverlauf und wartete einfach ab, dass Cortés oder McElrond auf Fletchers flamboyante Aktionen eingingen, um die Partie seinerseits dann mit einer wohlüberlegten Kartenkombination zu entscheiden. Unnötig zu erwähnen, dass er sich mit Fletcher ohne Worte verständigte.
    Es war schon spät, als McElrond aufstand und sich empfahl. Der Steward füllte noch einmal die Gläser, William und Fletcher tranken sich zu auf ihr erfolgreiches Spiel. Cortés entzündete eine Zigarre und blies feine Rauchkringel in die Luft.
    »Es war mir ein großes Vergnügen, Señores«, sagte er mit einer Verneigung. »Sie haben souverän gespielt, auch unser Mr. McElrond. Da sieht man wieder, dass die Temperamente doch sehr verschieden sind. Wie schaffen es Engländer, bei einer so aufregenden Sache wie dem Glücksspiel kühl und diszipliniert zu bleiben?«
    Fletcher lachte. »Gut, dass Mr. McElrond das nicht gehört hat!«
    »Natürlich, er ist Schotte«, erinnerte sich Cortés. »Wie konnte ich das vergessen! Wahrscheinlich geht es Ihnen mit den Schotten so wie uns Spaniern mit den Portugiesen: Außenstehende bemerken kaum Unterschiede, während wir unsere Einzigartigkeit erbittert verteidigen. Wer will schon so sein wie sein Nachbar? Das ist wohl der Grund für die meisten Kriege.«
    »Unterstellen Sie den Menschen nicht zu viel Esprit, Mr. Cortés«, erwiderte Fletcher mit der Arroganz der Kadettenschulen. »Mit Ausnahme weniger aufgeklärter Staaten wie dem Britischen Empire führen andere Länder ihre Kriege doch nur aus Machtanmaßung. Im Grunde ist der Gegner sogar austauschbar,es geht lediglich darum, jemanden zu unterwerfen; politische Motive dienen dabei einzig als Entschuldigung für Machtgier und Unterdrückung.«
    »Bravo, Mr. Fletcher!« Cortés hob lächelnd das Glas. »Ich bin wirklich beruhigt, dass die meisten Kriege unter Beteiligung Ihres aufgeklärten Empires geführt werden, unter leidenschaftslosen Kommandeuren wie unserem Colonel hier.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Fletcher nach einem Seitenblick zu William, der unbeteiligt schwieg.
    Cortés sog an seiner Zigarre und sagte durch eine Wolke blauen Rauchs: »Junger Mann, lassen Sie uns Ihre schöne Abstraktion der Überlegenheit Englands an einem konkreten Beispiel überprüfen. Schauen Sie her«, er wies mit eleganter Geste auf William, »sehen

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