Die Plantage: Roman (German Edition)
tat, sie auch durchzusetzen.«
Cortés nickte, es befriedigte ihn, dass es ihm gelungen war, den Colonel aus der Reserve zu locken. Seit ihrem ersten Dinner an Bord wusste er, dass William jener Colonel Spencer, der Schlächter der Carolina-Kampagnen, war. Sein Inkognito besaß für ihn sicher einen nicht geringzuschätzenden Wert,bedachte man sein Reiseziel unter dem Aspekt seiner umstrittenen Rolle im besetzten Süden wie auch der Tatsache, dass ihn dort jedermann für tot hielt. Es hätten sich verschiedene Möglichkeiten angeboten, aus dem Wissen um seine Identität Kapital zu schlagen.
Dass Cortés ausgerechnet darauf verfiel, Williams Ehre herauszufordern, war unklug, denn er spielte William damit genau den Trumpf zu, der ihm noch fehlte.
William hatte die Karten wieder aufgenommen und war bereit, sein Blatt aufzudecken. Die Kartenfolge auf seiner Hand war unauffällig und doch unschlagbar, auch wenn Cortés sich in der besseren Position wähnte; dafür hatte William gesorgt. Aber zunächst ging es um den Einsatz. Sie hatten im Spielverlauf ihre Einsätze im üblichen Maße erhöht. Der Sieg dieser Partie sollte William allerdings mehr einbringen als Geld, darum prüfte er in Gedanken sein Argument, das Cortés dazu bewegen sollte, die Indentur von Miguel Martinez zu setzen.
Da kam ihm Cortés zuvor. »Wie wäre es, Colonel, da wir im Begriff sind, diese interessante Partie zur Entscheidung zu bringen, die Einsätze dergestalt zu erhöhen, dass es unserem denkwürdigen Wiedersehen Rechnung trägt?«
William glaubte, sich verhört zu haben: Erkannte Cortés denn nicht, dass sein Gegner sich seines Sieges hundertprozentig sicher war? »Und welchen Einsatz halten Sie für angemessen, Don Duarte?«
»Nun, ich denke an einen ideellen Einsatz, etwas von Bedeutung. Ich fordere von Ihnen den Einsatz von … Mr. Marshall!«
William sah verblüfft auf; Cortés war imstande, ihn zu überraschen! »Wenn ich Sie richtig verstehe, Señor, soll ich mein Inkognito auf Ihren Sieg setzten? Falls Sie gewännen, hielten Sie meine Ehre in Händen, Sie könnten mich, wann immer es ihnen beliebt, vernichten. Bei allem Respekt, finden Sie das durch unser kleines Spiel gerechtfertigt?«
»Sie machen sich unnötig Sorgen, Señor Spencer! Selbstwenn ich gewänne, worin bestünde die Realisierung meines Gewinns? Doch nur darin, für mein Stillschweigen von Ihnen respektiert zu werden. Ihre Ehre gegen meine – wo ist das Risiko?«
William hatte verstanden. »Also gut. Ich setze den ehrenwerten Mr. Marshall gegen Ihr Gebot, das dann aber auch kein reiner Geldwert sein sollte.«
»Kein Geld? Doch was sonst? Ich bin nur ein einfacher Händler!« Cortés wurde nachdenklich, darum kam William ihm zu Hilfe.
»Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte, Don Duarte: Sehen Sie, mir fehlt ein persönlicher Diener. Sie könnten also einen Ihrer Indenturos auf meinen Sieg setzten.«
»Ein Indenturo als Diener? Señor, das kann nicht Ihr Ernst sein! Diese Leute sind Bauern, Herumtreiber, Kriminelle. Sie würden keinen geeigneten Diener unter ihnen finden.«
»Nun, vielleicht gibt es doch einen halbwegs geeigneten Burschen, hören Sie zu: Gestern Abend ging ich mit dem Steuermann zu Ihren Indenturos auf der Suche nach dem heilkundigen Marranen, der unserem schottischen Freund helfen sollte. Dabei fiel mir ein junger Mann auf, der mir passabel erscheint. Er heißt Martinez oder so ähnlich. Ich wäre bereit, durch seine Indentur Ihren Einsatz als geleistet zu betrachten.«
Cortés nickte, er schien zufrieden. »Gut, dann gilt es: Der Indenturo Martinez gegen Mr. Marshall!«
Nun war es an ihm, seine letzte Karte zu nehmen und aufzudecken: Sein Blatt war ein absolutes Siegerblatt, die großen Trümpfe, eine hohe Bilderfolge, mit diesem Blatt musste man zufrieden sein, jeder wäre es gewesen. Jetzt konnte sich William entscheiden, ob er die nächste Karte im Stock nahm; der Form halber sah er sie kurz an, ließ sie liegen und deckte sein Blatt auf.
Cortés beugte sich vor, irritiert betrachtete er die unscheinbaren Karten. Kein Bild, die hohen Trümpfe lagen schon in seinem Blatt, wieso also blieb der Engländer so gelassen? Dannerkannte er seinen Irrtum: Es war die Innocence , das unschuldige Blatt, die drei niedrigsten Trümpfe zusammen mit den farbengleichen Nullwerten der vorangehenden Karten des Spiels. Selten kam sie zustande, weil die schwachen Trümpfe als erste abgeworfen wurden. Doch in dieser seltenen Kombination lag der besondere
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