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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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es kannst.«
    »Die wollen mich fertigmachen!« Er bedeckte mit den Händen sein Gesicht und schluchzte: »Santo, ich will nicht mehr da raus! Hörst du nicht, was sie rufen?« Er nahm die Hände herab, die jetzt voller Blut waren. »Wenn du mich in den Ring schickst, wird der Kerl mich umbringen!«
    »Jetzt pass mal gut auf, Miguel.« Santáneo packte ihn im Genick und zog ihn so nah zu sich heran, dass er trotz des dröhnenden Lärms nicht die Stimme erheben musste. »Es ist mirscheißegal, ob du da rauswillst oder nicht. Es ist mir auch scheißegal, ob der Typ dich umbringt. Ich hab Geld in diesen Kampf gesteckt, und das will ich wiedersehen, klar? Du weißt, was ich von dir erwarte. Also reiß dich zusammen und hör auf zu flennen! Du wirst diesen Kampf zu Ende bringen, verstanden?« Santáneo ließ ihm keine Zeit zu antworten, er riss ihn hoch auf die Füße und stieß ihn zum Ausgang. »Geh und besieg ihn!«
    Er kam nicht bis zur Tür. Seine Knie gaben nach, er griff nach dem Plankenverbund. Es wurde ihm schwarz vor Augen, er glaubte, er müsste sich übergeben.
    Nicht loslassen, bloß nicht zu Boden gehen. Wenn ich falle, bin ich tot. Oh, hilf mir doch, bitte hilf mir! Sie wollen mich umbringen, Algie! Hilf mir! …
    Die Tür wurde aufgestoßen, durch den Lärm hörte er jemanden auf Englisch fragen: »Was in aller Welt … Bootsmann, ist er das?«
    »Aye, Sir, das ist der Indenturo Miguel Martinez, Sir.«
    »Was ist mit ihm passiert? Du da, Spanier, wieso ist der Mann verletzt?«
    »Das sehen Sie doch, er hat gekämpft«, antwortete Santáneo gereizt. »Halt, was haben Sie mit ihm vor, Zahlmeister?«
    »Wir nehmen ihn mit. Großer Gott, der ist ja furchtbar zugerichtet! Martinez, kannst du gehen? Vorsicht, langsam! Steward, halten Sie ihn fest!«
    Er ließ das Verbundholz los und fiel. Aber die Männer fingen ihn auf. Der Steward hielt ihn, während der Zahlmeister rief: »Kommen Sie her, Bootsmann, helfen Sie uns, den Mann hier rauszubringen.«
    »Aye, Sir!«
    Der Steward und der Bootsmann nahmen ihn zwischen sich, sie trugen ihn mehr, als dass er ging. Er hörte noch, wie Santáneo dem Zahlmeister nachrief: »He, wo bringen Sie ihn hin?«
    »Nach oben. Der Junge hat Glück, ein Gentleman hat ihn beim Kartenspiel gewonnen.«Er träumte davon, auf dem Meer zu treiben, sicher vom Wasser getragen im Auf und Ab der Wellen. Das Geräusch der anrollenden See wurde Teil seines Traums, ohne die Schwelle zum Erwachen zu berühren. Am folgenden Tag frischte der Wind auf, ein kühler Hauch wehte zur Luke herein und strich über sein Gesicht. Immer noch schlafend sog er die Seebrise in seine Lungen und wusste: Das war nicht mehr der dumpffeuchte Frachtraum unter dem Wasser. Er war oben, auf dem oberen Deck! Die Beklemmung löste sich, die all die Tage auf See, eingepfercht mit vierzig Mann im tiefsten Teil des Schiffs, wie ein enger Reif um seine Brust gelegen hatte. Er tauchte auf in einen ruhigen Halbschlaf und atmete eine Weile die reine, klare Luft, bis ihn unversehens eine schlimme Erinnerung überfiel: Quinceys böses Grinsen, bevor er zuschlug.
    Damit war er endgültig wach und fand sich allein in einem halbdunklen Raum. Er wollte sich aufsetzen, doch schon bei der geringsten Bewegung antwortete sein Körper mit heftigen Schmerzen. Sachte, unter flachem Atmen zog er die Decke zur Seite und begann, sich vorsichtig abzutasten. An Rippen, Bauch und Leisten spürte er unter der Haut deutliche Schwellungen, die teilweise mit Verbänden abgedeckt waren. Auch im Gesicht ertastete er Blutergüsse, der Kiefer schmerzte, die linke Schläfe pochte unter einem Verband. Weil es ihn fror, zog er die Decke wieder bis zum Kinn herauf.
    Aus seiner Koje blickte er in eine kahle Kammer mit Tisch und Stuhl. Die Luke am Kopfende der Koje war bis auf einen Spalt von einem Holzladen verschlossen. Die Kammertür war nur angelehnt, im Raum nebenan waren Schritte zu hören, dann sagte ein Mann auf Englisch: »Sehen Sie nach ihm, Steward, und erneuern Sie, wenn nötig, die Verbände. Ich muss mich fürs Abendessen umkleiden. Rufen Sie mich, falls er aufwacht.«
    »Sehr wohl, Sir.«
    Der Steward kam mit einem Stoffbündel unterm Arm herein. Roscoe stellte sich schlafend, während der Steward sichan dem Verband um seinen Kopf zu schaffen machte, indem er behutsam den Leinenstreifen löste. Dann legte er eine frische Kompresse auf die Schläfenwunde, die bei der Berührung mit der Heiltinktur brannte. Nachdem er die Wunde verbunden und sich

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