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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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dass Weiße auf diesem Wege zur Handelsware wurden. Es wäre allerdings etwas anderes, überlegte William, wenn Cortés aus irgendeinem Grund gezwungen wäre, ihm einen seiner Indenturos zu überlassen. Zum Beispiel um eine persönliche Schuld zu begleichen, eine Spielschuld möglicherweise.
    Es war Santáneos Idee gewesen, den Verschlag im achterlichen Teil des Frachtraums als Kabine zu nutzen. Er war überzeugt, es steigerte die Wirkung, den Favorit erst dann zu präsentieren, wenn das Deck von den Rufen und Pfiffen der ungeduldigen Menge widerhallte. Auch hatte er seinen Leuten beigebracht,nach jeder Runde aus dem Ring in den Verschlag zu kommen. Auf diese Art hatte er die Kämpfer besser im Griff und konnte Einfluss nehmen auf das, was in der Arena vor sich ging.
    Genau das machte ihm heute Sorgen. Martinez, den er gleich in den Ring schicken würde, war nicht kontrollierbar. Er war ein genialer Kämpfer und bislang ungeschlagen, trotzdem hatte Santáneo seine Vorbehalte. Und wie vorausgesehen gab es jetzt Schwierigkeiten, weil Martinez durch einen unnötigen Regelverstoß die Schiffsbesatzung gegen sich aufgebracht hatte. Das würden sie ihm nicht durchgehen lassen. Santáneo wusste, dass in der aufgeheizten Atmosphäre draußen bereits feststand, zu wessen Gunsten der Kampf ausgehen würde. Und er, Santáneo, hätte danach den Ärger, wenn er Don Duarte erklären musste, warum die Matrosen Martinez fertiggemacht hatten. Um den Schaden für den Patrón zu begrenzen, musste er seinen Mann wenigstens zur Vorsicht mahnen.
    Roscoe trug seine gleichgültige Miene zur Schau. Nichts an ihm verriet eine gesteigerte Spannung, wie es vor einem entscheidenden Kampf zu erwarten gewesen wäre.
    Santáneo massierte ihm die Nacken- und Schultermuskulatur und gab ihm dabei letzte Anweisungen. »Ich will dir nicht den Spaß verderben, Miguel. Du brauchst den Gegner nicht zu schonen, pack ihn so hart an, wie du kannst, alles andre wäre verkehrt. Aber achte auf die Stimmung der Männer. Vergiss nicht die Drohung von Jacks Trainer, diesem Arschloch: Der Kerl, den sie heute in den Ring schicken, hat den Auftrag, dich zu erledigen. Ich war eben da draußen. Ich kann dir sagen, Kleiner, die haben eine verdammte Wut auf dich! Also komm den Leuten nicht zu nahe. Bleib am Mann, halte dich immer in der Mitte der Arena. Und lass vor allem deine idiotische Parade um den Ring …«
    »Verdammt, Santo!« Roscoe schlug Santáneos Hände beiseite. »Willst du mir Angst machen? Ich weiß, was ich tue. Also halt einfach das Maul!«
    Einen gefährlichen Moment herrschte Schweigen. Plötzlich wurde gegen die Tür geklopft, der Trainer der Matrosen kam mit dem Ersten Maat herein. Santáneo und die Seeleute nickten sich knapp zu. Roscoe aber, anstatt zu grüßen, fing unmotiviert an zu lachen.
    »Ist der bekifft?«, fragte der Maat.
    »Was kümmert es euch?«, knurrte Santáneo. »Also, wird Mungo Jack heute antreten?«
    »Nicht dran zu denken«, meinte der Maat. »Es geht ihm nicht gut …«
    »Was heißt ›nicht gut‹? Jacks Schlagarm ist hin, so sieht’s aus!«, keifte der Trainer gegen Roscoe. »Er wird vielleicht nie mehr antreten, und das ist deine Schuld, du miese kleine Rat…«
    Den Rest brachte er nicht mehr heraus. Roscoe hatte ihn an der Kehle gepackt, hielt ihn am ausgestreckten Arm und drückte ihm den Hals zu. Der Matrose versuchte mit beiden Händen, sich zu befreien. Aber Roscoe hielt ihn wie im Schraubstock fest, indem er ihn nachäffte: »Miese kleine Ratte, wie?«
    Die Augen des Mannes wurden glasig.
    »Lass ihn los, Martinez«, befahl Santáneo.
    Roscoe grinste nur.
    »Hast du mich nicht verstanden?«, fuhr Santáneo ihn an.
    Darauf ließ Roscoe den Bootsmann los, der zurücktaumelte und sich hustend den Kehlkopf rieb.
    Der Maat klopfte ihm ermunternd auf den Rücken, dann wandte er sich an Santáneo: »Bringen wir es hinter uns. Der Kämpfer heute heißt Quincey, ein Mittelgewicht. Er gehört zur Zunft. Schläge unterhalb der Gürtellinie werden als Regelverstoß gewertet, desgleichen Tritte und hohe Kicks. Und du merk dir eins, mein Junge«, sagte er zu Roscoe, »der Kampf beginnt, wenn ich das Zeichen gebe. Ist das klar?«
    Roscoe nickte.
    »Gut. Wir sehen uns in fünf Minuten am Ring.« Er tipptean seine Mütze und ging mit dem Bootsmann, der immer noch hustete, hinaus.
    Roscoe horchte mit erhobenem Kopf auf das Gejohle, das vom Frachtraum in den Verschlag drang. Die Bohlen unter seinen Füßen bebten vom Stampfen,

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