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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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einen Sessel heran und setzte sich, den Stock griffbereit an seiner Seite. William gab, Cortés kam heraus. Zum ersten Mal spielten sie nur zu zweit. Cortés konzentrierte sich als Einzelspieler viel besser auf die Karten. Als sich eine erste Chance abzeichnete, genoss er die Souveränität eines lakonischen Kommentars.
    »Singleton!«
    »Da muss ich passen. Ihr Spiel, Señor Cortés.«
    William gab sich den Anschein angeregter Spielfreude, manchmal wirkte er fast leichtfertig. In Wirklichkeit aber war jeder Spielzug von ihm genau durchdacht. An diesem Abend würde keine Karte fallen, wenn er es nicht genau so wollte. Seine Strategie war einfach. Die ersten Runden brachten seinem Gegner schnelle Erfolge; dabei warf er sich selbst mangelnde Konzentration vor, um Cortés zu vermitteln, dass es nicht soeinfach wäre, ihn zu schlagen. Dann steigerte er deutlich das Tempo. Doch ohne fulminante Ausfälle blieb die Partie farblos und hielt sich auf einem ausgeglichenen Niveau. Schließlich hatte jeder Spieler sein Blatt durch Ablegen und Aufnehmen neuer Karten so weit verbessert, dass letztlich eine einzige Karte über Sieg oder Niederlage entscheiden würde.
    Stillschweigend einigten sie sich auf eine Spielpause und legten ihr Blatt verdeckt auf den Tisch. Cortés nahm seine glimmende Zigarre und lehnte sich zurück.
    »Erinnern Sie sich, wir sprachen zu Beginn der Reise einmal über den amerikanischen Krieg. Verzeihen Sie meine Neugier, Colonel, aber ich habe mich in dem Zusammenhang oft gefragt, wie jemand von Ihrer intellektuellen Brillanz Autoritäten gegenüber so treu sein kann.« Da William schwieg, setzte er hinzu: »Ich meine, wieso haben Sie, trotz besserem Verständnis von der Situation in den Kolonien, dennoch Dinge getan, die in Ihren Augen falsch waren und nur fatal enden konnten?«
    »Wovon sprechen Sie, Señor?«, erwiderte William ausdruckslos. »Wann hätte ich Ihnen je meine Einschätzung der britischen Strategie oder des Einsatzes unseres Expeditionsheeres erläutert?«
    Cortés ließ sich durch den kühlen Ton nicht beirren. »Sagen wir, Colonel, ich hatte mehrfach Gelegenheit, Sie im Stab um Lord Cornwallis zu beobachten. Damals war ich oft in South Carolina, die Pflanzer brauchten meine Indenturos , nachdem ihre Sklaven in britische Lager geflohen waren.«
    William hob ganz sacht die Brauen; also wusste Cortés, wer er war! »Sie waren in Silk Hope?«, bemerkte er kalt. »Ich erinnere mich zwar an den erbärmlichen Anblick der Latinosklaven, doch Sie hatte ich vollkommen vergessen.«
    Cortés lachte leise. »Sie haben mich verachtet. Aber ich habe Sie immer bewundert, Colonel. Ich erinnere mich an eine Stabskonferenz auf Mr. Laurens’ Plantage, als Ihr General Cornwallis mit den Kommandeuren des besetzten Südens eineVerlagerung der Verteidigungslinie nach Norden erörterte. Sie warfen dem Plan Halbherzigkeit vor und forderten eine grundsätzliche Änderung der Strategie.«
    »Ich würde es heute wieder tun. Zu jenem Zeitpunkt wäre es noch einmal möglich gewesen, in einem Generalangriff gegen die Rebellen vorzugehen. So wie es von Anfang an die bessere Strategie gewesen wäre, die Rebellion mit voller militärischer Stärke niederzuwerfen und dann möglichst bald durch einen schnellen Truppenabzug die Normalität wiederherzustellen. Es hätte dann meines Erachtens vollkommen ausgereicht, die vorhandenen Garnisonen zu verstärken und die Landestruppen und Milizen in das stehende Kolonialheer einzubinden. Die Provincials unter britischem Kommando, perfekt!« Er seufzte, offenkundige Fehlentscheidungen schmerzten ihn noch nach längerer Zeit. »Den Süden zu besetzen, war der größte Fehler gewesen. Es ist immer falsch, viele eigene Soldaten über einen langen Zeitraum im Feindesland zu haben.«
    »Aber genau diesen Zustand haben Sie maßgeblich mit Ihren Reitertruppen unterstützt«, hielt ihm Cortés vor. »Warum, wenn Sie im Grunde nicht davon überzeugt waren?«
    »Ich fürchte, Señor, für einen Zivilisten ist das schwer zu verstehen.« William überlegte einen Augenblick. »Es gibt einen Loyalitätsreflex tief im Innern, der einen hemmt, die Autorität der oberen Befehlsebene offen anzuzweifeln; wahrscheinlich ist es eine der Folgen langjähriger Kriegserfahrung. Soldaten müssen sich aufeinander verlassen können, dieses Prinzip heißt Loyalität. Persönliche Überzeugungen haben nichts damit zu tun. Für mich bedeutete es, nachdem die Besatzung des Südens beschlossen war, dass ich alles

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