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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Sie auf mit dem Gejammer.« Er zog ihn zum Sitzen hoch, nahm mit der freien Hand den Becher und hielt ihn Roscoe an die Lippen. »Trinken Sie. Etwas mehr. Runterschlucken. Und noch mal. In Ordnung.« Er half ihm, sich wieder hinzulegen und deckte ihn zu. Roscoe fror und zitterte nach den Schmerzen der durchlittenen Krise. William holte aus seiner Kajüte eine Wolldecke und deckte ihn zusätzlich damit zu.
    Er zog sich den Stuhl heran und wartete, dass das Mittel zu wirken begann. Roscoe beruhigte sich allmählich. Durch das Laudanum entspannten sich seine Gesichtszüge, er atmete ruhiger, bald konnte er die Augen nicht mehr offen halten und schlief ein. Während William ihn so betrachtete, kamen ihm Zweifel, ob es eine gute Idee gewesen war, mit Cortés um Roscoe zu spielen.
    Als er die Kammer verließ, kam der Steward, verschlafen, doch korrekt gekleidet, in die Kajüte. William bat ihn, den Rest der Nacht bei dem Kranken zu wachen.
    »Ich denke, es geht ihm besser. Falls er aufwacht und über Schmerzen klagt, geben Sie ihm aus dem Becher hier zu trinken.«
    »Und wenn es ihm schlechter geht, Sir?«
    »Herrgott! Dann geht es ihm eben schlechter … Nein, tut mir leid, Steward; dann wecken Sie mich natürlich, was sonst!«
    Er ging in seine Schlafkammer und warf sich aufs Bett. Ja, was tat man, wenn ein Mann vor Angst und Schmerz um Hilfe schrie? Man half ihm, was sonst. Man stand nicht dabei und sah unbeteiligt zu, wie ein anderer erneut die Klinge ansetzte.
    Roscoe wurde wieder gesund. Seine Nieren hörten auf zu bluten, und er konnte essen, ohne sich danach zu übergeben. Die Quetschungen und Prellungen gingen zurück, die Wunde an seiner Schläfe schloss sich zu einer sichelförmigen Narbe,und nachts schlief er ohne Schmerzmittel. Sobald er aufstehen konnte, schickte William ihn zum Schiffsbarbier und ließ ihm die Haare scheren; nach der hygienischen Misere im Unterdeck die einzige Möglichkeit, des Ungeziefers an seinem Leib Herr zu werden. Im Schiffsmagazin fand sich eine passende Kadettenuniform, in der er allerdings mehr wie eine Ordonnanz denn wie ein Lakai aussah.
    William forderte neben der Erfüllung seiner Dienerpflichten vor allem Disziplin. Nun war Disziplin nicht Roscoes Problem, wie jedes vernachlässigte Kind liebte er Hierarchien, und einem Mann wie Spencer, den er bei aller Aversion respektierte, konnte er sich unterordnen. Vom Tag seiner Genesung lehnte er sich nicht mehr gegen seine Autorität auf. Es bedurfte auch keiner Anweisungen oder Vorhalte, Roscoe war selbst bestrebt, seine Sache gut zu machen. William aber beobachtete ihn genau, denn er gab sich nicht der Illusion hin, Roscoes momentanem Wohlverhalten zu trauen.
    Roscoe hatte sich schnell mit der veränderten Situation abgefunden. Das Leben an Deck erschien ihm wie eine Wohltat nach den abschreckenden Verhältnissen im Frachtraum, und da William ihn nicht schikanierte oder demütigte, war er beinahe froh, dass er die Überfahrt auf der Crusader in seinen Diensten fortsetzen durfte. Natürlich stand für ihn fest: In Amerika wäre er wieder ein freier Mann.
    Eines strahlenden Morgens, William unterhielt sich mit Jim Greene auf der Ruderbrücke, kam Roscoe in schnurgeradem Gang über das rollende Deck, stieg zur Brücke herauf und grüßte. William nickte anerkennend. Roscoes dunkelblaue Uniform saß perfekt. Er hatte auf dem Krankenlager etwas von seinem Kampfgewicht verloren, auch sein Gesicht war schmaler geworden, die schönen, ebenmäßigen Züge wirkten wie gemeißelt. Zudem ließ das radikal kurz geschorene Haar ihn gereift erscheinen. Es war erstaunlich, aber nach allem, was er hinter sich hatte, sah Oliver Roscoe besser aus denn je.
    »Sie haben mich rufen lassen, Sir?«
    »Ganz recht, Mr. Roscoe«, sagte William. »Unser Navigator, Mr. Greene hier, meint, dass wir mit etwas Glück in zwei Tagen Bermuda erreichen.« Das wusste Roscoe auch, hörte aber aufmerksam zu, als William ausführte: »Die Crusader wird als nächstes Ziel Grand Bahama anlaufen, danach zu den Keys und nach Florida segeln und etwa drei Wochen später in Charles Town eintreffen. Mr. Greene sagt, es sei daher klüger, von Saint George aus mit einem amerikanischen Handelsschiff weiterzureisen.«
    »Aye, Sir«, bestätigte Jim Greene. »Von Bermuda bis zur Küste von Carolina sind es noch rund fünfhundertvierzig Seemeilen. Eine schnelle Brigg könnte die Strecke in einer guten Woche zurücklegen.«
    »Heißt das, Sir, dass wir in Saint George von Bord gehen

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