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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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zerschlagen und blutend in seine Kajüte gebracht worden war, rief der jammervolle Anblick bei ihm keineswegs Genugtuung hervor, im Gegenteil, plötzlich ertappte er sich bei einer Anwandlung von Mitleid. Damit hatte er nicht gerechnet, er fand seine Reaktion auch unangebracht, wenn er bedachte, wie gewissenlos sich Roscoe an Néné vergangen hatte. Trotzdem ließ Roscoes unmittelbares Leid ihn nicht unberührt.
    Das war nicht Sinn der Übung, Roscoe war nur Mittel zum Zweck, sonst nichts; er wollte ihn seinem Willen unterwerfen und sich seiner zur Rache an Reed bedienen. Um also seinen Tatentschluss nicht zu verwässern, war er auf Abstand bedacht. Er überließ dem Steward Roscoes Pflege mit der klaren Anweisung, dass alles Erforderliche für den Kranken getan werde. Im Übrigen aber versuchte er, Roscoes Anwesenheit in derKajüte zu ignorieren und jede Begegnung zu vermeiden, bevor der Kreole als sein Kammerdiener den Dienst antreten konnte.
    Nach einer anfänglich scheinbaren Besserung verschlechterte sich Roscoes Zustand im Laufe der folgenden Tage. Der Steward hatte sich gewissenhaft um ihn gekümmert. Doch als William nach zwei Tagen spätabends seine Kajüte betrat, traf er den Marranen an, der Roscoe nochmals untersucht und Anzeichen innerer Verletzungen festgestellt hatte. Der Mann bedauerte, dass man in dem Falle nicht mehr tun könne, als den Patienten mit starken Drogen zu betäuben, damit er nicht so sehr leide. William ließ sich die Dosierung des Betäubungsmittels erklären, bezahlte den Marranen und schickte ihn mit düsteren Gedanken fort.
    Weit nach Mitternacht wurde er durch zwei geschlossene Türen von lautem Klagen geweckt. Weil er den Steward um die Zeit nicht mehr rufen wollte, ging er selber nach Roscoe sehen. Er fand ihn seit ihrer letzten Begegnung erschreckend verändert, seine Wangen waren eingefallen und fieberfleckig, die Haut am Körper gelblich fahl und nass von kaltem Schweiß. Roscoe krümmte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht und schrie in seiner Not.
    »Roscoe, hören Sie, was ist mit Ihnen?« William suchte seinen Blick; Roscoes Augen waren von Angst geweitet, wieder schrie er vor Schmerz. »Sagen Sie mir, wo es am meisten wehtut.«
    Roscoe konnte kaum sprechen, er krümmte sich, presste die Hände in seine Flanken, dann auf den Rücken. Über sein gequältes Gesicht liefen Tränen, er keuchte: »Me duele aqui …«
    »Sprechen Sie Englisch, Mann!«
    »Mein Rücken … und hier.«
    »Sie haben Schmerzen in den Lenden und im Rücken?«
    Roscoe nickte matt.
    »Wo ist es am schlimmsten?«
    »Aqui.«
    »Im Rücken, und wo? Gleich unter den Rippen?«
    »Sí.«
    »Pissen Sie Blut?«
    »Sí.«
    Das war nicht gut. Wahrscheinlich waren durch die vielen Schläge auch die Nieren verletzt worden. »Ich gebe Ihnen etwas gegen die Schmerzen, dafür sollten Sie sich aufsetzen.«
    William zog ihn aus dem Liegen hoch, rollte die Decke zusammen und schob sie ihm unter den Rücken. Als er die Medizin holen wollte, griff Roscoe nach seinem Arm und hielt sich panisch vor Angst und Schmerz an ihm fest.
    »Ich hole nur das Schmerzmittel, Mr. Roscoe. Jetzt lassen Sie schon los!« Ungeduldig entzog er ihm seinen Arm und ging hinaus.
    Auf dem Tisch standen schon vorbereitet ein Krug mit Wasser, ein Trinkbecher und eine Flasche mit Laudanum. William goss etwas davon in den Becher, füllte ihn mit Wasser auf, zögerte, ob er mehr Laudanum nehmen sollte, und hielt auf einmal inne. Was machte er hier? Wie kam er dazu, seinen Nachtschlaf für diesen Burschen zu opfern? Mit zwei Schritten war er bei der Tür, riss sie auf und rief in den Gang: »Steward! Kommen Sie!« Vor der offenen Kajüte, die Hände in den Taschen des Schlafrocks, ging er düster auf und ab. Roscoe wimmerte in seiner Kammer. Zum Teufel, musste er so flennen? Ein brutaler Schläger, und dabei so eine Memme!
    Roscoe schrie wieder vor Schmerz, dazwischen rief er klagend: » Ayeúdeme, por favor … bitte Spencer, hilf mir!«
    Nun war es genug. William nahm den Becher mit dem Laudanum und ging wieder hinein. Roscoe war in elender Verfassung; die Knie angezogen, die Arme um den Leib geschlungen, krümmte er sich auf dem Lager. Er schien fassungslos vor Entsetzen über das, was mit ihm geschah. William stellte den Becher auf den Tisch und setzte sich an die Koje.
    Sofort krampfte Roscoe eine Hand um seinen Arm. »Spencer, Spencer, bleib bei mir … bitte, hilf mir!«
    »Ich sollte Sie besser verrecken lassen.«, knurrte William. »Jetzt hören

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