Die Plantage: Roman (German Edition)
hatte sich ein provisorisches Lager aus einem Ballen Segeltuch gerichtet. Darauf saß er, gegen ein Pulverfass gelehnt, ohne aufzusehen. William blieb abwartend in der Tür stehen.
Nach einer Weile sagte Roscoe: »Vergessen Sie mich einfach hier drin, dann sind Sie mich endgültig los!«
»Sie loszuwerden, habe ich vergeblich gehofft«, entgegnete William. »Inzwischen finde ich es beruhigender, jederzeit zu wissen, wo Sie sich aufhalten.« Er sah sich um, der Raum schien trocken und sauber, eine Luke nach draußen ließ genug Luft herein, am Boden neben Roscoes Lager standen ein Krug Wasser und ein Kochgeschirr aus der Kombüse; Thompson hatte ausreichend für Roscoes leibliches Wohl gesorgt. William wandte sich zum Gehen, indem er sagte: »Kopf hoch! Das hier geht auch vorüber. Wir sehen uns morgen, Mr. Roscoe.«
»Adiós, Colonel!«
In der Nacht schallten Musik und Gegröle aus den Hafenkneipen über die windstille Bucht. Die Wasserfläche schien dieGeräusche zu verstärken, jedenfalls kam es Thompson so vor, der nun seit zwölf Stunden Wache schob.
Als nachmittags die Mannschaft an Land ging, verschwendete er keinen Gedanken daran, dass er hier unten Dienst hatte. Dann kamen die Männer zur Wachablösung zurück, nach dem Landgang waren sie nicht mehr in Topform, aber sie hatten ihren Spaß gehabt. Vier Stunden später kam die nächste Wachablösung. Mittlerweile waren alle Mann an Land gewesen, nur Thompson durfte nicht weg. Erst in der Nacht würde der Maat seinen Posten übernehmen, damit er wenigstens zum Schlafen käme. Er musste also noch länger hier sitzen. Dabei war der Bursche da drinnen ganz friedlich. Wozu hatte man ihn überhaupt in Ketten gelegt? Ohne den Schlüssel kam aus der Munitionskammer keine Maus heraus!
So haderte Thompson mit seinem ungerechten Schicksal. Einmal schlief er ein, wachte gähnend wieder auf und vertrat sich die Beine. Er hatte überhört, wie viel Glasen das Signal gegeben hatte, es musste inzwischen gegen Mitternacht sein. Wo blieb der Maat? Endlich hörte er jemanden kommen. Er schraubte den Docht in der Petroleumlampe höher, als hinter ihm eine weiche Stimme sagte: »Na, Seemann? Hast wohl auf mich gewartet!«
Er fuhr herum. Im Gang stand ein Mädchen, eine dralle junge Person mit blondem Lockenhaar. Die kurzen Röcke wippten um ihre Knie, als sie näherkam und schnurrte: »Ich glaub, ich hab mich auf dem großen Schiff verlaufen!«
Thompson fand die Sprache wieder: »Wie kommst du hierher? Weiber sind an Bord nicht erlaubt!«
»Du könntest etwas netter sein! Wo ich nur deinetwegen hergekommen bin.«
»Meinetwegen? Du kennst mich doch gar nicht!«
»Wer kann schon jeden kennen? Aber du darfst mich kennenlernen.«
»Du meinst …«
»Na, du musst doch auch mal Spaß haben, wie die andern Jungs.«
»Da hast du verdammt recht, Mädel, und ich würde schon wollen. Aber ich muss auf den Gefangenen aufpassen.«
»Ein Gefangener? Da drin?« Sie ging zur Munitionskammer, rüttelte an der verschlossenen Tür und sagte schulterzuckend: »Da kommt keiner raus, wenn du mich fragst.«
»Ganz meine Meinung.«
»Na dann, Seemann. Worauf wartest du noch?«
Thompson war schon bei ihr und legte den Arm um ihre Taille. Willig ließ sie ihn fassen und tasten, wo und wie er wollte, ließ sich am Hals und im Ausschnitt küssen, dass er schnell erregt war und sie sofort haben wollte. Ohne sie loszulassen, warf er sich mit ihr auf die Taurolle, die sich in Schlaufen am Boden ausbreitete. Das Mädchen schien es zu mögen, wie er sie packte, jedenfalls tat sie eifrig mit. Eine Hand zwischen ihren Brüsten, die andere unter ihren Röcken, drängte er sich zwischen ihre Schenkel und keuchte heiser vor Gier: »Lass mich rein, lass mich in dich rein, oh, das ist … oaaah!«
Santáneo stand im Gang und sah den beiden zu. Als Thompson zur Sache kam, trat er heran und zog dem Seemann mit einer Spillspake einen Schlag über den Schädel. Thompson stöhnte noch einmal und brach auf dem Mädchen zusammen.
Sie hielt ihren bewusstlosen Galan umarmt und beschimpfte Santáneo, der mit dem Hebelholz in der Hand über ihr stand: »Du Rüpel! Hättest ruhig noch warten können!«
Santáneo kümmerte sich nicht um ihr Gekeife. Er drehte den ohnmächtigen Thompson ungerührt zur Seite und löste ihm den Schlüsselring vom Gürtel. Dann schloss er die Tür zur Munitionskammer auf.
Roscoe stieß die Tür auf und ließ sich von Santáneo die Handschellen lösen. »Das wurde auch allmählich
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