Die Plantage: Roman (German Edition)
habe kein Talent zum Pflanzer. Ich bin Soldat, seit der Offiziersschule habe ich fast ununterbrochenKrieg geführt. Ich habe nicht dieses Verhältnis zu Land und Grundbesitz wie Sie. Den Boden unter meinen Füßen erobere ich oder ich verteidige ihn. Ich mache ihn nicht zu meiner Sache.«
»Ja, ich verstehe … Nur vorhin, da hatte ich einen Moment das Gefühl, es würde Sie wirklich interessieren, was aus der Plantage wird.« Sie lächelte befangen. »Jedenfalls bin ich froh, dass es Ihnen schon so viel besser geht. Und jetzt lasse ich Sie weiterlesen.« Die Hände tief in den Jackentaschen, ging sie zu ihrem Haus zurück.
Auf der Veranda gab es eine Stelle, wo bis zum frühen Abend die Sonne hinschien. Dort hatte William es sich in einem Liegestuhl bequem gemacht. Die Hände im Nacken verschränkt, ließ er müßig den Blick schweifen über die Wiesen und Bäume zum tiefblauen Himmel, an dem weiße Wolkenbänder nach Westen zogen. Joshua hatte ihm mittags etwas zu essen gemacht, sein Bein frisch verbunden und ihm geraten, ein paar Stunden zu schlafen. Danach hatten sich die Schmerzen gelegt, William konnte sich hinaussetzen und die Zeitungen bis zur letzten Seite lesen.
Die meisten Artikel berichteten euphorisch über die Belagerung von Yorktown, umrahmt von einer nicht enden wollenden Hymne auf die Tapferkeit der Patrioten und den nahen Sieg der amerikanischen Unabhängigkeit. Dass die Britische Armee den Krieg verlor, traf ihn nicht unvorbereitet. Es waren strategische Fehler gemacht worden, der Misserfolg war seit Langem vorgezeichnet. Doch was bedeutete es schon aus englischer Sicht, dreizehn aufsässige Kolonien zu verlieren? Das Empire besaß trotzdem die unangefochtene Vormachtstellung in der Welt.
William setzte sich auf und begann, das verletzte Bein vorsichtig zu beugen und zu strecken. Die Beweglichkeit war deutlich eingeschränkt. Joshua hatte ihn gewarnt, das Bein zubelasten, ehe die Bruchstelle endgültig verheilt wäre. Verflucht, sollte er denn ewig auf dieser maroden Plantage festsitzen! Er ließ sich gegen die Stuhllehne zurückfallen. Im Geiste sah er schon die Schiffe der britischen Armada zurück nach Europa segeln … Nein, so bald würde er es nicht schaffen, von hier wegzukommen, das hatte dieser erste Ausritt gezeigt. Aber so konnte es auch nicht weitergehen. Wenn er gesund werden wollte, musste er sein untätiges Krankenlager beenden. Er brauchte eine sinnvolle Betätigung, ein Ziel – so betrachtet, erschien ihm Antonias Vorschlag gar nicht mehr so abwegig. Wenn sie ihm freie Hand ließe, könnte er den Betrieb mit Sicherheit wieder zum Laufen bringen. Zumindest würde ihm bei der täglichen Arbeit die Zeit nicht lang.
Nachdem er das Anwesen heute umritten und im Geiste vermessen hatte, konnte er etwa abschätzen, was zu tun war. Die Größenordnungen des Plantagenbaus waren ihm vertraut, immerhin war er mit seinen Truppen kreuz und quer durch den Lowcountry gezogen.
Gut, bis er nach England zurückkehrte, würde er Legacy auf Vordermann bringen! Er wollte mit Antonia darüber reden. Ob sie heute noch einmal zum Kutscherhaus käme? Es dämmerte bereits, nein, es war schon spät, sie würde wohl nicht mehr kommen. Weil es ein milder Abend war, blieb er noch draußen und sah zu, wie es nach und nach dunkler wurde. Beim Haus oben waren die Fenster in der zweiten Etage erleuchtet. Er dachte daran, wie sie am Nachmittag bei der Treppe gestanden und mit ihm gesprochen hatte. Ganz außer Atem war sie gewesen, erhitzt vom Laufen … Ausgestreckt in seinem Liegestuhl, ließ er sich von dem Gedanken an sie erregen. Eigentlich, fand er, hatte er sie lange genug in Ruhe gelassen.
8.
Es erwies sich als schwierig, die verbrannten Dachbalken in der Bibliothek aus ihrer Verankerung zu lösen, ohne das übrige Gebäude zu beschädigen. Jordan brauchte auf der Baustelle jeden Mann. So war der halbe Tag vergangen, bevor Antonia eine Gelegenheit fand, mit Joshua unter vier Augen zu sprechen. Sie hatte sich mittags vor dem Küchenhaus auf eine Bank gesetzt. Néné brachte ihr einen Teller mit süßen Pfannkuchen. Joshua kam mit seinem Kaffeebecher in der Hand heraus. Sie klopfte mit der Hand auf den Platz neben sich, damit er sich zu ihr setzte. Dann erzählte sie ihm, dass sie William angeboten hatte, auf der Plantage zu bleiben. Das Ganze war ihr im Nachhinein etwas peinlich. Aber so ausweichend, wie William geantwortet hatte, schien er die Sache ohnehin nicht in Erwägung zu ziehen.
Joshua war
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