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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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jedoch entsetzt. »Der Engländer soll Ihr Verwalter werden? Schlimm genug, dass man ihn gestern über Ihre Felder reiten sah. Wenn er für Sie arbeitet, werden Ihre Nachbarn wissen wollen, wer er ist und woher er kommt. Was dann? Wollen Sie sagen, er sei ein Deserteur?«
    »Es wäre doch nur für kurze Zeit«, verteidigte sie sich. »Ich dachte, solange er noch hier ist, sollte er etwas zu tun haben, anstatt Tag für Tag da unten im Kutscherhaus zu sitzen und zu grübeln.«
    »Ach, und da haben Sie ihm Legacy als Zeitvertreib angeboten?« Kopfschüttelnd stand Joshua auf und brachte das Geschirr hinein.
    »Natürlich nicht!«, rief sie und folgte ihm ins Küchenhaus. »Er ist gar nicht auf meinen Vorschlag eingegangen. Ich glaube, er interessiert sich nicht für die Plantage.«
    Joshua sah nachdenklich aus dem Fenster und sagte bei sich: »Da wäre ich mir nicht so sicher.«Am Tag nach seinem Ausritt ruhte William sich aus. Erst den Nachmittag wollte er draußen verbringen und wartete, dass Joshua kam und ihm den Platz auf der Veranda herrichtete. Anders als sonst war Joshua einsilbig und überließ ihn bald wieder sich selbst. Von Anfang an hatte William gewusst, welchen Groll Joshua gegen ihn hegte. Erstaunlich genug, dass der Mann seine Krankenpflege übernommen hatte. Joshuas zur Schau getragener Unmut war das erste Anzeichen, dass die Zeit der Barmherzigkeit zu Ende ging.
    Joshua kam zurück, als sich die Sonne schon über der Allee neigte. Die Wolken waren fortgezogen und gaben den Blick frei auf eine schmale, silberne Mondsichel; das gute Wetter würde demnach noch ein paar Tage anhalten. Er trat ans Geländer der Veranda und blickte zum Abendhimmel. »Wissen Sie was?«, sagte er. »Als ich Sie gestern im Morgengrauen fortreiten sah, da wünschte ich aus tiefstem Herzen, Sie würden sich beim Sprung am ersten Gatter den Hals brechen.«
    »Kein besonders frommer Wunsch«, bemerkte William.
    »Ansichtssache.« Joshua kam zu ihm und sah wie ein grimmiger Riese auf ihn herab. »Vermeiden Sie in Zukunft, Ihre Gesundheit unnötig zu strapazieren! Es geht mir dabei nicht um Sie. Ich habe nur keine Lust, noch länger für Sie sorgen zu müssen.«
    »Sind Sie fertig, Mr. Robert?«
    Joshua ignorierte Williams gereizten Ton. »Soll ich Sie hineinbringen?«, fragte er. »Es wird kühl.«
    »Nein. Ich will zum Stall, nach meinem Pferd sehen.«
    »Dann hole ich Ihnen die Krücken.«
    »Ich brauche keine Krücken! Es reicht, wenn Sie mir bei der Treppe helfen, den Rest schaffe ich dann alleine.«
    »Nein, Sir«, sagte Joshua. »Sie schaffen nicht einmal die Hälfte des Weges. Aber wir könnten etwas anderes ausprobieren.« Er verschwand im Kutscherhaus. Kurz darauf war er zurück und hielt William einen Stock hin. »Hier, versuchen Sie es damit.«
    William nahm den Stock und drehte ihn in der Hand. Es war ein eleganter Gehstock aus massivem Ebenholz und verhältnismäßig schwer. Der versilberte Griff hatte die Form eines Pferdekopfes, der Schaft endete unten in einem stählernen Dorn von fast einem Spann Länge. »Ein wehrhaftes Accessoire!«, sagte er mit Kennermiene. Er stützte sich zur Probe auf den Stock und konnte ohne Mühe aufstehen. »Wo haben Sie den her?«
    »Ein Freund von Mr. Lorimer hat ihn hiergelassen, als Pfand für eine größere Summe, die er ihm schuldete, Glücksspiel, Pferdewetten, was weiß ich. Jedenfalls hat er das Geld nie zurückgezahlt, und so blieb der Stock hier.«
    William betrachtete den fein gearbeiteten silbernen Pferdekopf, in dessen Hals der Namenszug »Hadban Enzahi« eingraviert war, zusammen mit der Stempelprägung eines bekannten Londoner Silberschmieds. Er fasste den Stock fester, der Griff lag gut in der Hand. »Danke, Mr. Robert. Der Gentleman wird wohl nichts dagegen haben, wenn ich sein Pfand für eine Weile entleihe.«
    Die Stahlspitze ritzte das Holz, als William auf den Stock gestützt die Treppe hinabstieg. Joshua ging zu den Stallungen voraus. Er entzündete eine Laterne, hielt das Tor auf und ließ ihn eintreten. Ghost schien hocherfreut über den späten Besuch. Nachdem Joshua den Wassertrog für die Nacht gefüllt hatte, untersuchte er sorgfältig die Sprunggelenke des Pferdes. Ghost war in bester Verfassung.
    »Sie haben ihn ganz hervorragend hingekriegt, Mr. Robert«, sagte William anerkennend, während er Ghosts Mähne zauste. »Anscheinend mag er sie. Er lässt sich sonst nicht gern von andern anfassen.«
    »Sicher, ein Klassepferd wie dieses kennt nur einen Herrn.

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