Die Plantage: Roman (German Edition)
Antonia. »Er hat das englische Heer jahrelang mit Baumwolle beliefert, alle haben davon gewusst.«
»Sie sollten vorsichtig sein«, warnte Shaughnessey sie leise. »Selbst wenn es stimmt, wird niemand es wagen, gegen ihn vorzugehen. Konzentrieren Sie Ihren Kampfgeist auf Ihr persönliches Anliegen, das ist im Augenblick wichtiger.«
»Mr. Shaughnessey hat recht, mein Kind«, bekräftigte Longuinius. »Jemanden wie Hocksley bringt man nicht durch Rechtschaffenheit zu Fall. Fordern Sie ihn also nicht unbedacht heraus.« Er wandte sich an die anderen: »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden. Diese Debatten im Planters Club wirken auf mich sehr ermüdend.« Er verneigte sich. »Meine Herren, Antonia, leben Sie wohl!«
Indessen wandte sich die Versammlung dem nächsten Tagesordnungspunkt zu: Die Inhaber der großen Reisplantagen am Cooper River planten eine Ableitung des Tidenwassers in ein System von Rückhaltebecken, um den Wasserstand auf ihren Reisfeldern gleichmäßig zu regulieren. Der Plains River sollte an die Regulierung angeschlossen werden. Nach verschiedenen Wortmeldungen hob Antonia die Hand.
»Die Regulierung würde der Region von St. James’ Parish sehr viel Wasser abziehen. Das bedeutete das Aus für die Freeholder und die Pächter kleiner Farmen um Borroughton. Im Interesse dieser Leute kann ich dem Vorhaben nicht zustimmen.«
»Mrs. Lorimer hat recht«, ergriff auch Shaughnessey das Wort. »Die Existenz vieler Familien stünde auf dem Spiel. Ich schließe mich ihrer Meinung an …«
»Die Äußerungen der Dame sind für die Erörterung unerheblich, Mr. Shaughnessey«, unterbrach ihn Hocksley.
Da Shaughnessey nicht gleich reagierte, wurde das Wort einem Pflanzer erteilt, der eine Abordnung Sklaven für den Bau des neuen Bewässerungssystems anbot. Er bekam Beifall, bis Antonias Stimme die Aufmerksamkeit des ganzen Saales auf sich zog.
»Ich fürchte, Gentlemen, Sie haben mich nicht verstanden. Als Eigentümerin einer der ältesten Plantagen am Plains River werde ich die Regulierung unseres Flusses und die damit verbundenen Nachteile für die Menschen meiner Nachbarschaft nicht hinnehmen. Sie wissen, dass den Einwohnern von St. James’ Parish ein doppeltes Stimmrecht in dieser Sache zusteht …«
»Mrs. Lorimer!«, tönte Hocksley vom Podium. »Ich weise Sie darauf hin, dass Sie in dieser Versammlung überhaupt kein Stimmrecht besitzen.«
»Mir steht jedes Stimmrecht zu, um die Belange meiner Besitzungen zu vertreten!«, erwiderte Antonia.
Hocksley schlug mit dem Hammer krachend aufs Pult: »Das Stimmrecht für Ihre Besitzungen wurde Ihnen aberkannt, als wir Ihren Ehemann Henry Lorimer aus der Handelsvereinigung ausgeschlossen haben. Wir werden uns kein zweites Mal mit Ihrem Fall auseinandersetzen.«
»Gentlemen!«, wandte Antonia sich nun an den Saal. »Ich erwarte, dass Sie meine Legitimation als Eigentümerin von Legacy respektieren –«
»Schweigen Sie, Mrs. Lorimer! Ich verbiete Ihnen, noch länger vor der Versammlung zu sprechen.«
Raunen erhob sich. Alle blickten gespannt zur Saalmitte, wo Antonia ihrem Schwager die Stirn bot. »Wagen Sie es nicht, mir den Mund zu verbieten, Theodore!«
»Genug! Verlassen Sie sofort den Saal!«
Wieder entstand Bewegung, auf einen Wink von Hocksley hatte Crossbow seinen Platz am Podium verlassen und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Das leuchtendrote Kleid imVisier, steuerte er wie ein gereizter Stier auf Antonia zu, ohne den schwarz gewandeten Mann zu beachten, der neben ihr stand. Crossbow stürmte heran und hob gerade die Hand, um nach Antonias Arm zu greifen, da traf ihn ein wohl berechneter Schlag in die Magengrube. Augenblicklich ging er zu Boden. Als Nächstes registrierte er, dass die Stahlspitze eines Stocks gegen seine Kehle gedrückt wurde und ihn rücklings auf dem Parkett niederhielt. Antonias Begleiter blickte auf ihn herab, seine Züge verrieten grausames Vergnügen an Crossbows demütigender Lage.
Antonia beobachtete entsetzt, wie Crossbow sich wand und dabei nach Atem rang. »Es ist genug, lassen Sie ihn gehen, Mr. Marshall!«, stieß sie hervor.
Auch Shaughnessey drängte: »Lassen Sie den Mann frei, Marshall, ich bitte Sie!«
Doch William hielt Crossbow ungerührt mit der Stockspitze am Boden nieder. Die Leute hatten einen Kreis gebildet, keiner traute sich, näher zu kommen, doch alle redeten gleichzeitig auf ihn ein: »Sir, das geht entschieden zu weit!« – »Wollen Sie ihn umbringen?« – »Wer sind Sie
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