Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
Vom Netzwerk:
einzunehmen.«
    »Aus gutem Grund. Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch, Antonia. Ich finde, Marshall hat sich Ihnen gegenüber vortrefflich verhalten; ich bin ja selber der Meinung, man sollte beizeiten Zeichen setzen. Aber er hat das vertretbare Maß überschritten.«
    Sie gab ihm im Geiste recht. Doch sie wusste auch, wie viel es ihr bedeutete, sich beschützt zu fühlen. »Sehen Sie, Frank, gestern ist mir klar geworden, dass ich mich auf Marshall verlassen kann. Und nur darauf kommt es an.«
    »Nun ja«, Shaughnessey setzte die Tasse aus chinesischem Porzellan behutsam auf die Untertasse zurück. »Aber da ist noch etwas, Antonia.«
    »Nur zu, Frank!«
    »Sie kennen Mr. Davenport, den Verwalter von Silk Hope? Er war gestern auch auf der Versammlung, später tranken wir im Warwick zusammen ein Glas Ale. Um es kurz zu machen: Davenport behauptet, Marshall sei ein britischer Offizier.«
    Antonia erbleichte. »Wie kommt er darauf ?«
    »Er sagt, er habe ihn auf Silk Hope gesehen, in Cornwallis’ Hauptquartier. Er erzählte, zum Stab um Cornwallis gehörten auch die Kommandeure der Reitertruppen, die das Gebiet vom Ashley bis zum Santee River kontrollierten. In Marshall glaubt er einen der Befehlshaber erkannt zu haben.«
    »Nein!«
    »Ich habe auch gesagt, er muss sich irren. Schließlich hatten Sie mir selber erzählt, Marshall wäre auf Wunsch Ihres Mannes nach Legacy gekommen.«
    »Hat Davenport noch mit jemand anderem darüber geredet, Frank?«
    »Nein, ich glaube nicht. Natürlich habe ich ihm klargemacht, dass solche Gerüchte gewissen Leuten wie gerufen kämen. Zum Glück ist er keiner von Hocksleys Parteigängern,im Gegenteil … Ich frage mich, was Ihr Verwalter wohl von Davenports Geschichte hält. Wo ist er eigentlich?«
    »Fortgeritten. Longuinius hat ihn eingeladen.«
    »Nach Serenity Heights?«, rief Shaughnessey. »Das ist ja ein Ding! Außer den Weggefährten vom Kontinentalkongress durfte ihn dort noch niemand besuchen.«

14.
    Der Reiter hielt am Scheitelpunkt der Hügelkette und blickte über die Hänge hinab, die sich in sanften Wellen zu den Flussniederungen neigten, im Westen zum Cooper River, im Osten zum Santee River. Dann verließ er die Anhöhe und folgte einem Pfad am Waldsaum entlang. Er näherte sich Serenity Heights aus südwestlicher Richtung. Zur Mittagsstunde ritt er in die Umfriedung des Anwesens.
    Er saß vorm Herrenhaus ab, einem Gebäude aus frühkolonialer Zeit, dem jede Form von Stilverfeinerung erspart geblieben war. Lediglich die Gartenanlagen zeugten vom europäisch geprägten Kunstsinn des Hausherrn. Zwei schottische Windhunde trabten herbei, um den Gast in Augenschein zu nehmen. Ein schwarzer Reitknecht führte sein Pferd zu den Stallungen, ein Hausdiener brachte die Satteltaschen mit seinem Gepäck aufs Zimmer. Nachdem er sich erfrischt und umgekleidet hatte, ging William zur Begrüßung in den Salon.
    »Colonel!« Longuinius stand auf und kam ihm entgegen. »Schön, dass Sie der Einladung eines alten Mannes folgen. Sie bringen das lang entbehrte Vergnügen einer guten Unterhaltung in meine Einsiedelei.«
    »Sie erweisen mir zu viel der Ehre, Sir. Ich bin nur Mrs. Lorimers Verwalter und genieße unverdienten Anteil an Ihrer Wertschätzung für die Lady.«
    »Geben Sie sich nicht so bescheiden, das waren Sie noch nie!«
    »Sie … wissen?«
    »Selbstverständlich!« Longuinius lächelte. »Hätte ich Sie sonst eingeladen?«
    William fasste ihn schärfer ins Auge. Wo und wann waren sie sich schon einmal begegnet?
    Longuinius sagte: »Der Provost Dungeon.«
    »Sie waren einer unserer Häftlinge!«
    Nach dem Fall Charles Towns im Mai 1780 brachten die Briten ihre politischen Gefangenen in die Hauptstadt und sperrten sie in die Kerker des Exchange and Custom House, der Zollbehörde am Hafen, die den Besatzern als Kaserne diente. Auch Williams Spähtrupps hatten manchen prominenten Rebellen aufgespürt und in den Kerker gebracht. Die Haftbedingungen in dem feuchten Rattenloch waren katastrophal. Die Gefangenen lagen in Eisen, zu mehreren zusammengeschlossen oder mit Halsringen an der Wand angekettet. Viele siechten mit Lungenentzündung oder Ruhr dahin, die Toten wurden erst nach Tagen fortgeschafft.
    »Unter meinen Mitgefangenen war Gouverneur Rutledge aus Virginia, ein couragierter Mann«, erzählte Longuinius. »Er wandte sich an Sie mit der Bitte um Hafterleichterung für die Älteren unter uns. Er wusste, Sie waren der Einzige, der seinem Gesuch bei General Cornwallis

Weitere Kostenlose Bücher