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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Gehör verschaffen konnte.«
    William erinnerte sich. Als er die elenden und kranken Häftlinge sah, brachte er das Anliegen mit der nötigen Dringlichkeit vor Cornwallis. Er missbilligte es, dass altgediente Männer solcher Beschwernis ausgesetzt wurden, und erwirkte bei seinem General die Freilassung der ältesten Gefangenen, darunter Gouverneur Rutledge und, wie er jetzt erfuhr, auch Julien Longuinius.
    »Wahrscheinlich hätte ich den Kerker nicht überlebt«, sagte Longuinius nachdenklich. »Auf Ihre Intervention hin durfteich nach Serenity Heights zurückkehren und wurde lediglich unter Hausarrest gestellt. Ich habe Ihnen viel zu verdanken … Jetzt lassen Sie uns zu Tisch gehen. Sie müssen hungrig sein.«
    Im Licht der Nachmittagssonne, später beim Tee, sprachen Sie über Williams Pläne für Legacy. Nachdem sie sich persönlich gut verstanden und keine Ressentiments hegten, unterhielten sie sich bald auch über den Krieg und die amerikanische Unabhängigkeit, mithin über das, was sie im Grunde zu Gegnern machte. William tat es gut, freimütig über seine strategischen Unternehmungen sprechen zu können, über Dinge also, die sein Beruf und für lange Jahre sein Lebensinhalt waren. Longuinius wiederum genoss die intellektuelle Herausforderung, als Vordenker der Revolution seinen Standpunkt einem höheren Offizier der Britischen Armee und damit dem Feind schlechthin zu vermitteln.
    Ein Diener brachte für Longuinius frischen Tee. William nahm stattdessen Brandy. Er blickte durch die offene Gartentür auf die Rasenflächen des Parks. Wie schön es hier war! An einem Ort wie Serenity Heights hätte er leben mögen.
    »Eines ist nach wie vor bemerkenswert«, nahm Longuinius die Unterhaltung wieder auf. »Im Sommer 1776, unmittelbar nach unserer denkwürdigen Proklamation, konnte niemand, weder Sie noch wir selbst, wirklich einschätzen, wie sich die Dinge entwickeln würden.«
    »Nun ja, aus unserer Sicht war schwer abzuschätzen, wie viele Kolonisten die Rebellion maßgeblich betraf. Es gab hier in Amerika viele königstreue Loyalisten und noch mehr Unentschlossene, von denen keiner wusste, wofür sie sich entscheiden würden, wenn es zum Schwur käme. Unsere strategischen Entscheidungen mussten dem Rechnung tragen; schließlich wollten wir nicht alle Kolonisten für die Rebellion einiger weniger abstrafen.«
    »Was dann dazu führte, dass Ihre Exzellenzen General William Howe und Admiral Richard Howe den Krieg ziemlichhalbherzig angingen. Ist Ihnen klar, dass dieses unentschlossene Vorgehen überhaupt erst die Vorstellung in uns geweckt hat, wir könnten uns gegen England erfolgreich zur Wehr setzen?«
    »Ja, das hatten viele Stabsoffiziere erkannt. Der spätere Oberbefehlshaber, Sir Clinton, nannte es den größten strategischen Fehler dieses Feldzugs, dass das Invasionsheer nicht gleich mit aller zu Gebote stehenden Härte vorgegangen ist. Jeder weiß, die Britische Armee bildet im Verband mit der Flotte die stärkste Streitmacht der Welt. Hätte man uns anfangs freie Hand gelassen, hätten unsere Truppen Washingtons Kontinentalarmee wahrscheinlich in Kürze vernichtet. Und Sie, die Initiatoren der Proklamation, hätte man wegen Hochverrats hingerichtet. Das wäre dann das Ende Ihrer glorreichen Unabhängigkeit gewesen.«
    »Stimmt, objektiv hatten wir nicht die geringste Chance, und glauben Sie mir, das war uns allen bewusst. Ich erinnere mich an eine Bemerkung des dicken Ben Harrison aus Virginia. Wir hatten die Erklärung gerade zur Veröffentlichung an die Druckereien verschickt, da sagte er zu mir: ›Ich werde Ihnen gegenüber erheblich im Vorteil sein, wenn wir alle für das, was wir jetzt tun, gehenkt werden. Infolge meines Gewichts werde ich in wenigen Minuten sterben, Sie Fliegengewicht werden sicher ein oder zwei Stunden in der Luft baumeln, bevor Sie tot sind!‹ Dank der Zögerlichkeit Ihrer Oberbefehlshaber blieb mir diese unangenehme Erfahrung erspart.«
    Sie lachten. William schenkte auch für Longuinius Brandy ein, dann brachte jeder seinen Toast aus.
    »Auf die Vereinigten Staaten von Amerika!«
    »Lang lebe König George!«
    William drehte sein Glas in der Hand und beobachtete, wie der Facettenschliff des Kelchs das Licht in die Spektralfarben auffächerte. »Wir werden sehen, wie die Geschichte Ihrer dreizehn amerikanischen Staaten weitergeht«, sagte er nachdenklich. »Bis jetzt hatten Sie Glück.«
    »Oh, es war nicht nur Glück, mein Freund«, erwiderte Longuinius. »Ich denke sogar,

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