Die Poison Diaries
wünschst?«
Er lächelt und sagt: »Gute Erde, Sonne und Regen. Was sonst braucht man im Frühling?«
Ich bin nicht bereit, mich mit dieser Antwort abzufinden, und so stricke ich ihm heimlich einen Schal in Grün- und Brauntönen, durchbrochen von narzissengelben Flecken. Da ich ihn erst in einigen Tagen fertiggestellt haben werde, wähle ich zusätzlich noch ein Buch aus, von dem ich glaube, dass es Weed interessieren könnte. Vater hat es jüngst aus London mitgebracht.
Ich backe ein Blech mit kleinen Haferkeksen, überziehe sie mit Honig, wickele sie in Leinenservietten und lege sie in einen Korb, den wir auf unserem Nachmittagsspaziergang mitnehmen werden, zusammen mit einer Flasche Apfelwein, dem Buch, das ich Weed schenken möchte, und etwas Papier und ein paar Kohlestiften, falls uns die Lust aufs Zeichen überkommt.
Vater ist heute unterwegs, um ein paar Dinge zu erledigen. Um die Wahrheit zu sagen, bin ich froh über seine Abwesenheit. Seit dem Vorfall im Apothekergarten und Weeds darauffolgendem Unwohlsein betrachtet er Weed mittlerweile mit Argusaugen. Er kommt zu nahe, stellt zu viele Fragen. Das ist doch keine Art, einen Geburtstag zu feiern!
Weed wartet, leicht verwirrt, während ich den Korb packe. Endlich brechen wir auf. Gemeinsam gehen wir ein ganzes Stück, bis wir einen hübschen, grasbewachsenen Hügel finden, wo wir uns hinsetzen und unser Mahl ausbreiten können. Die Luft duftet süß und ist erfüllt vom Summen und Surren der Insekten.
»Findest du es nicht auch beneidenswert, wie die Bienen geradewegs in eine Blüte hineinfliegen können?«, sage ich und verscheuche einige der gierigen Eindringlinge von den klebrigen Keksen. »Es ist bestimmt ganz weich zwischen den Blütenblättern. Ich frage mich, ob sie kitzeln.«
»Ich habe Grund zu der Vermutung, dass dem so ist«, sagt Weed zufrieden und schaut hinauf in den Himmel. »Die Bienen kennen sich mit Blüten am besten aus.«
»Noch besser als die berühmtesten Botaniker«, ergänze ich und gieße zwei kleine Gläser Apfelwein ein. Eins davon reiche ich Weed, der seine üblichen Dankesworte murmelt. »Früher wollte ich Botanikerin werden, aber Vater verbietet mir das Studieren der Bücher. Glücklicherweise lässt er sie immer neben seinem Stuhl im Salon liegen. Ich werfe oft einen Blick oder zwei hinein, wenn er nicht hinschaut.«
»Das ist aber ungezogen«, erklärt Weed völlig ungerührt.
Ich knabbere an einem Keks, der noch warm vom Ofen ist. »Ich habe keine andere Wahl. Vater behauptet, dass jeder, der Botanik für eine angemessene Beschäftigung für eine Dame hält, keine Ahnung von Pflanzen hat.«
Weed wälzt sich auf die Seite und lächelt. »Das klingt, als ob er den Gartenbau für etwas Sündhaftes hält.«
»Oh, aber das ist es auch!« Ich ziehe das Buch aus dem Korb und schlage es auf. »In diesem Buch beschreibt der schwedische Botaniker Carl Linnaeus, von dem Vater dir erzählt hat, sein System der Klassifizierung von Pflanzen. Wenn du möchtest, schenke ich es dir zum Geburtstag.«
»Danke«, sagt Weed. »Vermutlich werde ich nichts davon verstehen, aber trotzdem danke.«
Ich muss lachen. »Ich hoffe doch, dass du es verstehen wirst! Linnaeus sagt, dass die Pflanzen heiraten und neue Pflanzenfamilien gründen, und dass diese Familien sich miteinander verbinden und die Art erschaffen, und dann verbinden sich die Arten und erschaffen Unterarten. Jetzt verstehst du vermutlich, warum Vater dagegen ist, dass ich mich damit beschäftige.«
»Schön«, sagt Weed. »Aber wenigstens sind sie alle verheiratet.« Er schaut mich an und fragt mich rundheraus: »Möchtest du eines Tages heiraten, Jessamine?«
»Natürlich«, platze ich heraus. Dann werde ich rot. »Oder … ich weiß nicht. Vermutlich schon, aber erst muss man doch … nun ja, eine geeignete Person müsste um meine Hand anhalten, und dann müsste ich meine Einwilligung geben, und dann müsste noch mein Vater gefragt werden.«
Weiß er denn nicht mehr, dass wir uns geküsst haben?
, denke ich ratlos. Ich werde ihn doch wohl nicht daran erinnern müssen!
»Was meist du mit
geeignet
?«, fragt er mich unschuldig.
»Weed, deine Fragen sind heute so dreist!« Ich lege bewusst so viel Ärger wie möglich in meine Stimme, um meine Verwirrung zu verbergen. »Eine geeignete Person ist jemand, den ich schätze, der mich schätzt und der gut und freundlich ist und in der Lage, für mich zu sorgen.«
»War es falsch, dich zu küssen, wenn ich nicht geeignet
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