Die Polizistin
großen Augen an. »Was kann ich für dich tun?«
»Das Band soll analysiert werden«, sagte sie, nahm das Band aus der Tasche und legte es auf den Tisch.
Die Technikerin langte nach der Kassette. »Welche Analyse brauchst du?«
»Ich habe versucht, den Weg von Tasseis Stripclub bis zu Santos’ Landhaus zu verfolgen«, antwortete Shanna. »Das Problem bestand nur darin, dass sie mir die Augen verbunden hatten.«
Melanies Kinn sackte ab, und voller Emotion sah sie Shanna an. »Hattest du nicht schreckliche Angst?«
»Das Adrenalin pumpte ziemlich schnell durch meinen Körper«, gab Shanna zu, »deshalb habe ich auch nur leise Hinweise auf Richtungsänderungen und so gegeben. Ich hoffe, dass man den Weg anhand einer Karte verfolgen kann, wenn man das Band auswertet und auch die Hintergrundgeräusche mit einbezieht. Am Ende standen wir jedenfalls vor dem Tor von Santos’
Landhaus.«
Die Technikerin runzelte die Stirn, dann sagte sie: »Du musst sehr tapfer gewesen sein. Ich liebe solche Her-ausforderungen, aber George ist mit der Audiotechno-logie viel vertrauter als ich. Wir sollten ihn mit ein-schalten.«
»Nein!«, rief Shanna. Sie legte eine Hand auf Melanies Arm. »Ich brauche eine Frau dafür.«
Melanie hatte sich schon halb vom Stuhl erhoben, aber jetzt nahm sie wieder Platz. »Was ist auf diesem Band zu hören, Lily?«
Shanna biss sich auf die Unterlippe. Wie konnte sie einer scheuen, zurückgezogenen Frau die Geräusche erklären, die sie auf dem Band hören würde? »Hast du irgendwelche Erfahrung mit verdeckten Ermittlun-gen?«
»Shawn hat mir einiges über seine Arbeit als verdeckter Ermittler erzählt«, antwortete sie, und ihre Augen funkelten. »Aber sonst weiß ich nicht viel über Undercover.« Sie schüttelte sich. »Es hört sich so aufregend an.«
»Es kann aufregend sein, aber manchmal werden die Undercover-Agenten vor Situationen gestellt, in denen sie Dinge tun müssen, die sie sonst nicht tun würden.«
Shanna hob eine Hand und rieb sich die Schläfe. Sie hatte Mühe mit der Rechtfertigung ihres Verhaltens.
»Auf dieser Kassette sind Dinge zu hören, von denen ich nicht möchte, dass George sie hört. Und auch Joe Mitchell nicht.«
»Aber warum?«
»Ich habe Sex auf diesem Band«, sagte Shanna gera-deheraus. Sie wollte nicht länger um den heißen Brei reden.
»Oh«, brachte Melanie heraus. Nervös zupfte sie an einer blonden Strähne, die sich aus dem strengen Dutt befreit hatte. »Oh, Himmel.«
»Ich habe getan, was ich tun musste, um mich und meinen Auftrag zu schützen.«
»Nun, ich… ich weiß nicht genau, ob ich das verstehe, aber ich werde mich bemühen, das Band vertraulich auszuwerten.« Die Frau sah sich im Zimmer um, als suchte sie nach einem sicheren Versteck. Das Gespräch hatte sie verlegen gemacht.
Shanna konnte es ihr nicht ersparen. Sie brauchte die Hilfe der Technikerin. »Danke«, sagte sie leise.
Plötzlich weiteten sich Melanies Augen, und als sie Shanna ansah, stand das blanke Entsetzen in ihrem Blick. »Höre ich auch, wie Shawn zusammengeschlagen wird?«
Die Frage überraschte Shanna. Daran hatte sie nicht gedacht. »Ja«, sagte sie heiser.
Melanie biss sich auf die Unterlippe und ließ die Kassette wie eine heiße Kartoffel fallen. Ihre Hände drückten sich wieder in den Schoß. »Ich weiß nicht, ob ich es tun kann.«
Shanna rief überrascht: »Oh, du empfindest sehr viel für ihn, nicht wahr?«
Röte kroch vom Hals ins Gesicht der Frau. »Nein, das ist es nicht. Es ist nur… ich mag keine Gewalt.«
»Hast du es ihm schon mal gesagt?«
Die Röte intensivierte sich noch.
»Du solltest ihn im Krankenhaus besuchen«, sagte Shanna leise. »Er wird noch verrückt dort, weil er nichts zu tun hat.«
Melanie sah sie mit großen Augen an. »Das könnte ich nicht tun. Er wird nicht einmal wissen, wer ich bin.«
Shanna besah sich die Frau mit neuen Augen. Unter dem weißen Laborkittel steckte eine attraktive Frau, und wenn sie statt der schrecklichen schwarz gerahmten Brille eine Goldfassung trug und das blonde Haar offen ließ, dann… Ihr fiel ein, dass Shawn in letzter Zeit häufiger im Labor gewesen war, und immer war es Melanie, die für ihn gearbeitet hatte.
Ein Klopfen an die Tür des Konferenzraums riss sie aus ihren Gedanken. Sie sah Georges Gesicht im Türspalt.
»Joe ist am Telefon, Lily«, sagte er. »Er sucht dich.«
Ihr Magen schlug einen Salto, als sie daran erinnert wurde, was sie erwartete. »Sage ihm, ich bin sofort bei
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