Die Polizistin
meiner Mutter.«
Es war das erste Mal, dass sie etwas Persönliches von sich erzählte. Selbst Robert hatte gesagt, sie redete nie über ihre Familie. »Ist sie gestorben?«
Sie atmete geräuschvoll ein, dann nickte sie. »Meine Eltern sind bei einem Unfall ums Leben gekommen, als ich zwölf war.«
»Das tut mir Leid.«
Sie starrte eine Weile auf den Ring, dann wachte sie aus der Erinnerung auf, der sie sich kurz hingegeben hatte. »Was ist mit dir?«, fragte sie und sah zu ihm hoch. »Gibt es eine Frau, der es nicht gefällt, dass wir… eh… zusammenarbeiten?«
»Nein.«
Er sah, wie sie die Schultern streckte und das Kinn reckte. »Bedeutet das, du überlässt mir wieder den Fall?«
Es war Zeit für eine Entscheidung. Zog er sie vom Fall ab, oder ging er für sie Undercover, um sie zu beschützen? Sein Gehirn sagte ihm, die erste Option wäre die bessere Wahl, weil sie dann in Sicherheit war.
Wenn er sich aber als ihr Ehemann tarnte, konnte er über sie wachen. Er konnte sie schützen und mit ihr Liebe machen. Es war zu verführerisch, und wer wusste, ob er je wieder eine solche Chance erhalten würde.
»Du hast an einem Tag mehr Erfolg gehabt als wir alle zusammen in Monaten. Wenn du dich an deine Versprechen hältst, bin ich bereit.«
Ihr Gesicht strahlte. Die Erleichterung war ihr anzusehen. »Danke, Sir.«
»Ich heiße Joe.« Es dauerte ihm zu lange, bis ihr dieser Name vertraut geworden war.
Sie wollte sich von ihm abwenden, aber er hielt sie auf. »Da gibt es noch eine Sache.«
»Was denn?«
Sie blickte ihm hinterher, als er zum Schreibtisch ging und eine Schublade aufzog. Ihr Kinn klappte nach unten, als er eine Schmuckschatulle herausnahm. Sie ließ sich schwer auf den Stuhl fallen.
»Wir müssen unsere Tarnung festigen«, sagte er, als er zwei Ringe aus der Schachtel nahm.
Schweigend sah sie zu, wie er ihre linke Hand griff und ihr einen goldenen Ring mit einem Diamanten an den Ringfinger steckte.
»Jetzt bist du offiziell Lily Mitchell«, sagte er leise.
Sie sagte immer noch kein Wort. Sie starrte nur auf ihren und dann auf seinen Ring.
Er hatte auf ein bisschen mehr Reaktion gehofft. Mit einem Seufzer griff er seinen Ring und wollte ihn selbst auf den Finger stecken. Da erwachte sie aus ihrer Trance und griff nach seiner Hand. Er sah sie überrascht an.
»Darf ich?«, fragte sie.
Neuntes Kapitel
Shanna verbrachte den Morgen in absoluter Benom-menheit. Sie arbeitete am Grundriss von Santos’
Haus, aber das geschah eher im Unterbewusstsein.
Seit Joe ihr den Diamantring an den Finger gesteckt hatte, war ihr Gehirn narkotisiert.
Immer wieder sah sie verstohlen auf ihre linke Hand, und immer wieder zuckte sie zusammen, wenn sie es dort glänzen sah. Sie versuchte tief durchzuatmen, aber nichts konnte die Aufgeregtheit aufhalten, die durch ihre Adern jagte.
Sie wusste, dass es zu der Rolle gehörte, die sie spielten. Der Ring war für Lily Mitchell, nicht für sie. Aber trotzdem hüpfte ihr Herz, wenn sie auf die linke Hand blickte. In anderen Regionen ihres Körpers waren die Reaktionen deutlicher auszumachen. Sie presste die Schenkel fest zusammen, als könnte sie damit das Prickeln im Schoß verhindern.
»Warum muss gerade er es sein?«, flüsterte sie.
Wenn es irgendein anderer Kollege gewesen wäre, hätte sie viel entspannter damit umgehen können.
Trotz einer vorgetäuschten Ehe hätte sie sich auf ihr Ziel konzentrieren können. Aber mit Joe war das nicht so einfach.
Sie würde Sex mit ihm haben.
Nie war sie in ihrem Leben so nervös gewesen. Sie liebte Sex. Sanft und zärtlich oder hart und derb.
Aber wie konnte sie sich bei ihrem Boss so gehen lassen? Wie konnte sie ihm ihre dunkle Seite zeigen?
Heute Abend würde ihr Problem nicht die Verlegenheit sein, vielmehr musste sie darauf achten, dass sie ihre Begeisterung nicht zeigte.
In der Mittagspause floh sie aus dem Gebäude. Die Fragen ihrer Kollegen und ihre Angst, ihre wahren Ge-fühle zu verraten, hatten sie geistig erschöpft. Sie fand einen Wagen in der Fahrbereitschaft und fuhr in die Stadt.
Sie drehte die Musik im Radio laut auf und stellte fest, wie hungrig sie war. Als sie gestern mit Shawn ins Tasseis gegangen war, hatte sie zuletzt etwas geges-sen.
»Kein Wunder, dass ich so benommen bin«, murmelte sie.
Sie fuhr den Parkplatz eines Schnellimbiss an und ver-schlang ein Putersandwich mit Heißhunger. Danach ging es ihr schon viel besser. Ihre Situation war in Wirklichkeit besser, als sie je zu hoffen
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