Die Polizistin
Schritte beobachtete. Wenn etwas schief lief, würde er einschreiten.
Deshalb war sie nervös. Shawn war wegen seines Einschreitens krankenhausreif geschlagen worden. Wenn Joe ihretwegen verletzt würde, wusste sie nicht, wie sie damit fertig werden sollte.
Sie hatte schließlich zugestimmt, weil Joe ihr sonst nicht erlaubt hätte, ins Tasseis zu gehen. Ihr ging es nur darum, Santos hinter Gitter zu bringen, also wollte sie Sonny so lange ablenken, bis das Suchteam das Landhaus gefunden hatte. Es war nicht die Rache, die Shanna sich ausgemalt hatte, aber es wäre der entscheidende Schritt.
Plötzlich gellten Pfiffe durchs Lokal, und Shanna schwenkte die Hüften noch ein bisschen mehr. Es musste an der Bar liegen. Hier konnte sie Dinge tun, ohne sich zu schämen.
»Komm her, süßes Tittchen«, rief Sonny.
Okay, sie musste sich erst daran gewöhnen, so laut in der Öffentlichkeit mit diesem Namen belegt zu werden, aber sollte er doch, wenn es ihm Spaß machte.
Sie hatte ihren Einkaufsbummel am Nachmittag noch auf eine andere Boutique ausgedehnt, denn die Kollegen, die ihren Kleiderschrank bestückt hatten, waren nicht darauf vorbereitet gewesen, dass sie Kleidungsstücke brauchte, mit denen sie sich in einem Stripclub sehen lassen konnte.
Sie trug eine blütenweiße Wickelbluse, die sie an der Seite verknotete hatte und die fast fünf Zentimeter ihres nackten Bauchs zeigte. Dazu hatte sie einen Mi-ni-Lederrock und kniehohe Stiefel angezogen. Eine zierliche Goldkette schmückte ihre Taille, und für Tommy trug sie ein rotes Höschen.
An den Gesichtern der Männer sah sie, dass sie genau die Wirkung erzielte, die sie sich vorgestellt hatte.
»Setz dich zu mir, Puppe.«
Wiesel und ein anderer Mann erhoben sich, um für sie Platz zu schaffen. Dann fand sie sich zwischen zwei vertrauten Körpern wieder, Myers links und Fuentes rechts. Sie konnte nur ahnen, welche teuflischen Wonnen sich die beiden für sie ausgedacht hatten.
»Kann mir jemand ein Bier besorgen?«, fragte sie und dachte, sie würde es bestimmt noch gebrauchen.
Joe betrat den Stripclub durch den Vordereingang, blieb stehen und wartete, bis sich seine Augen an die schummrige Beleuchtung gewöhnt hatten. Im ersten Moment konnte er Shanna nicht sehen, und er geriet schon in Panik. Sein erster Gedanke war, dass sie ihm entwischt war. Aber dann hörte er rechts eine lärmen-de Gruppe, und dazwischen glänzte es weiß.
Das war sie.
Seine Nervosität legte sich nicht. Vier Männer. Er schüttelte den Kopf und ging zur Bar. Sie behauptete, dass sie mit ihnen fertig wurde. Nun, er nicht.
Er hatte alles getan, um sie vom Fall abzuziehen, damit sie heute nicht in diesen Stripladen gehen musste.
Er wollte sich gar nicht vorstellen, was alles passieren konnte, denn die Konstellation verhieß nichts Gutes.
Aber natürlich hatte sie Recht, was die Möglichkeiten dieser Situation anging. Es war die beste Vorausset-zung, Santos zu fassen. Ohne seine Bodyguards war er verwundbar. Joe musste sich zusammenreißen, um wie ein Special Agent und nicht wie ein Mann zu denken. Wenn es Shanna gelang, Santos’ Leute aufzuhal-ten, konnte das Team zuschlagen.
»Was darf’s für Sie sein?«, fragte der grauhaarige Barkeeper.
»Whisky«, sagte Joe.
Der alte Mann schenkte ihm ein und überließ ihn wieder sich selbst. Joe schwenkte die Flüssigkeit im Glas und versenkte sie dann. Er hörte Shannas helles Lachen, und mit einem lauten Knall stellte er das Glas auf die Bar.
Er stützte sich mit den Ellenbogen auf den Tresen auf und drehte sich um. Er sah, wie sie mit den Kerlen flirtete und spürte, wie sein Blutdruck in die Höhe schnellte. Es würde eine lange Nacht werden.
Der Barmann füllte sein Glas. Der alte Mann folgte Joes Blick und nickte. »Was für eine Frau«, murmelte er.
»Ach?«
»Sie hat Klasse. Obwohl ich nicht weiß, was sie davon hat, bei dieser Clique herumzuhängen.«
»Ich auch nicht«, knurrte Joe. Er schwenkte sein Glas noch länger als beim ersten Mal. »Sie sollte zu Hause bei ihrem Mann sein.«
Er zeigte dem Barmann seine Faust und den Ring an seinem Finger. Seltsam, wie schnell er sich an den Ring gewöhnt hatte. Eigentlich hielt er nichts von Schmuck, aber Shanna hatte ihm den Ring ange-steckt. Er fühlte sich gut an.
»Erzähl mir keinen Quatsch.«
Joe runzelte die Stirn, als der Barmann ihn laut aus-lachte.
»Du bist doch nicht ihr Mann!«
»Woher willst du das wissen?«
»Shanna ist nicht verheiratet.«
Joes Kopf fuhr herum.
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