Die populaersten Irrtuemer ueber das lernen
„Energiegähnen“) will man die „Mittellinie“ des Gehirns überqueren und somit beide Hirnhälften dazu zwingen, wieder zu interagieren.
Edu-Kinestetik – eine, so die Erfinder, „ganzheitliche und wirkungsvolle Methode zum Abbau von Lernblockaden“ – beruht auf
esoterischen und spirituellen Vorstellungen. Die kosmische Energie (Qi) spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Anhänger beteuern zudem die
neurowissenschaftliche Fundierung des Konzepts. Es gibt von Edu-Kinestetikern tatsächlich Aussagen zu neurologischen Sachverhalten, aber die sind häufig
nicht korrekt. So gibt es z. B. kein „Abschalten“ von Hirnhälften, wie die Kinestetiker behaupten. Paul Dennison, amerikanischer Hauptbegründer der
Bewegung, sieht sich als „Pionier in angewandter Gehirnforschung“, doch er hat von der Hirnstruktur ein grob vereinfachtes Bild. So betrachtet Dennison
die beiden Gehirnhälften irrtümlich als autonome Organe, die lediglich durch das sogenannte Corpus callosum miteinander verbunden sind. Dabei übersieht
er, dass es sogar Menschen gibt, die von Geburt an ohne Corpus callosum leben und in ihrer Intelligenz nicht beeinträchtigt sind. Auf der anderen Seite
verfügen überdies in aller Regel auch Kinder, denen das Lernen schwer fällt, überfunktionierende Verbindungen zwischen den
Hirnhälften. Zentrale Annahmen der Edu-Kinestetik sind also falsch.
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Niemand bestreitet, dass es in der Praxis Übungen aus der Edu-Kinestetik gibt, die Spaß machen und gut
tun. Wie hilfreich es z. B. ist, sich auf seine Atmung zu konzentrieren, wird jede Gebärende bestätigen. Eine Behandlung von Kindern kann aus
pädagogisch-psychologischer Sicht jedoch nicht empfohlen werden. Die Ursache für Lernschwierigkeiten wird ausschließlich beim Kind gesucht. „Kindern wird
damit suggeriert, mit ihrem Körper sei etwas nicht in Ordnung und sie müssten die propagierten Techniken anwenden, um einen (vermeintlichen) Defekt zu
beheben“, urteilt die promovierte Lehrerin und Edu-Kinestetik-Kritikerin Barbro Walker. Edu-Kinestetik schadet nicht — aber ein Nutzen ist
wissenschaftlich auch nicht nachgewiesen. Zudem steht sie womöglich angemessenen Problemlösungen im Wege.
Irrtum: SMS-Schreiben verhunzt das Ausdrucksvermögen
Wie Angela Merkel darüber denkt, können wir nur vermuten. Jedenfalls tut sie es: Die Bundeskanzlerin ist eine leidenschaftliche
„Simserin“. Intuitiv verfahrende Sprachkritiker sind überzeugt, dass die bei Politikern (auch Barack Obama liebt SMS) und vor allem bei Jugendlichen so
populären Kurzmitteilungen per Handy oder Computer die Sprache verhunzen, also die Fähigkeit schmälern, ordentliche Texte zu schreiben. Aus
wissenschaftlicher Sicht darf das allerdings bezweifelt werden. Es mehren sich gar die Stimmen jener, die sogar das Gegenteil vermuten. Ludwig Eichinger,
Direktor des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), etwa sieht das Simsen „eher positiv“. Wer nie einen Brief geschrieben habe, schicke heute zumindest
eine Mail oder eine SMS. Gegner der SMS führen gern ins Feld, die vielen Abkürzungen („8ung“ statt „Achtung“, „Memiwi“ statt „Melde mich wieder“ oder
„cu“ für „see you“) seien Gift für die Sprachkompetenz. Der britische Sprachwissenschaftler David Crystal jedoch will herausgefunden haben, dass 90
Prozent aller in Kurznachrichten verwendeten Wörter normal geschrieben werden. Die deutschen Sprachwissenschaftler Jürgen Dittmann, Hedy Siebert und
Yvonne Staiger-Anlauf fanden zwar in 40 Prozent aller untersuchten SMS Abkürzungen, aber diese beschränkten sich in drei von vier Fällen auf die
Grußformeln „lg“ (liebe grüße), „hdl“ (hab dich lieb) oder „mb“ (mail back). Auch die Gefahr, dass Kurzmitteilungen einen unguten Mix aus Deutsch und
Englisch („Denglisch“) befördern, halten die deutschen Forscher für gering: Nur in jeder zehnten SMS von jungen Menschen kommen fremdsprachliche
Ausdrücke vor. Eine Untersuchung der Universität Coventry unter Elfjährigen kam überdies zu dem überraschenden Ergebnis, dassregelmäßige
SMS-Schreiber bei Sprachtests ihren gleichaltrigen Mitschülern überlegen sind. So verblüfften die besten SMS-Schreiber mit der besten Rechtschreibung und
dem größten Wortschatz. Allerdings stellt sich auch hier die bekannte Henne-Ei-Frage. Fördert das Schreiben von SMS die Lese- und Sprachfähigkeiten der
Kinder oder schicken geschickte Schreiber öfter
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