Die populaersten Irrtuemer ueber das lernen
sind. Was aber
soll dann überhaupt eine Einteilung nach Typen? Sinnvoller wäre es, von „Lernstilen“ zu sprechen, wie es die Kognitionspsychologen tun. Damit lassen sich
individuelle Vorlieben bei der Nutzung von Lernstrategien beschreiben, ohne Menschen einen Stempel aufzudrücken. Doch die Frage bleibt gleich: Typen oder
Stile – haben Menschen einen Vorteil davon, wenn sie ihre Präferenzen hinsichtlich des Lernens kennen?
Der Nutzen ist – diplomatisch ausgedrückt – umstritten. Es ist offensichtlich, dass verschiedene Aufgaben
verschiedene Lösungsstrategien benötigen. Wer erfolgreich lernen will, braucht unterschiedliche Lern- und Denkstile, um verschiedene Aufgaben angemessen
zu lösen. Jemand, der lediglich auf sprachliche Ressourcen zurückgreift, wird bei geometrischen Fragen schnell an seine Grenzen kommen. Jemand, der
visuelle Veranschaulichungen bevorzugt, wird ohne die Aktivierung seiner sprachlichen Fähigkeiten kaum den Unterschied zwischen Metapher, Allegorie und
Parabel begreifen und erklären können.
An Details interessierten Lesern sei die Seite www.ifdn.tu-bs.de/ didaktikbio empfohlen. Dort findet sich ein überzeugender Verriss
der Lerntypentheorie ( Lerntypen? Ein pädagogisches Konstrukt auf dem Prüfstand ). Verfasst hat ihn die Braunschweiger Biologiedidaktikerin Maike
Looß.
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Das Konzept der unterschiedlichen Lerntypen bringt uns nicht weiter. Die Hoffnung, man müsse nur seinem Lerntyp
Rechnung tragen, erweist sich als trügerisch. Erstens gibt es keine reinen Lerntypen, zweitens brauchen Schüler verschiedene Lernstrategien, um erfolgreich
zu sein. Unterschiedliche Aufgaben und Inhalte verlangen nach unterschiedlichen Methoden der Aneignung. In diesem Sinne ist Methodenvielfalt in der Schule
unerlässlich. Methodenvielfalt bedeutet aber nicht, dass alles nach möglichst vielen Methoden gelernt werden muss, damit auch ja alle Sinne angesprochen
werden. Lehrer dürfen sich locker machen: dass beim Lernen immer alle Sinne angesprochen werden müssen, ist auch nur ein Mythos.
Irrtum: Edu-Kinestetik ist ein sinnvoller Ansatz zur Förderung von Kindern
Im Bereich des gewerblichen Lernhilfe-Marktes gibt es so viel Bizarres, dass es für ein eigenes Buch reichen würde. Man muss sich
nicht ernsthaft mit alledem beschäftigen, was da an den Mann und die Frau gebracht werden soll. Die sogenannte Edu-Kinestetik – auch Brain-Gym® genannt
– gilt jedoch mittlerweile so vielen als ernstzunehmender Ansatz, dass es angebracht scheint, der berechtigten Kritik an diesem Angebot ein Kapitel
einzuräumen. Die Brain-Gym®-Erfinder haben ihre Ideen äußerst erfolgreich unters Volk gebracht. Längst geben zahlreich geschulte Heilpraktiker,
Psychologen und Pädagogen sie in Kursen (z. B. an der Volkshochschule) weiter oder bieten in ihren privaten Praxen entsprechende Behandlungen an. In
einigen Bundesländen ist Edu-Kinestetik offizieller Bestandteil der Lehrerfortbildung. Eltern und Pädagogen sollten jedoch wissen, das es sich bei der
Edu-Kinestetik (eine Spezialrichtung der Angewandten Kinesiologie) mitnichten um eine Wunderwaffe zur Beseitigung von Lernstörungen handelt, sondern um
ein unkonventionelles Diagnose- und Therapieverfahren aus dem Reich der Parawissenschaften.
Der Arbeitsbericht 290 des Staatsinstitutes für Schulqualität und Bildungsforschung in München (ISB) warnt: „Die Verbreitung
derartiger Denkmodelle darf nicht staatlich gefördert werden; es darf nicht der Eindruck entstehen, es handle sich dabei um seriöse, allgemein anerkannte
Wissenschaft.“
Anhänger der Edu-Kinestetik eint die Überzeugung, dass eine gestörte Kommunikation zwischen rechter und linker Hirnhälftefür Lernprobleme aller Art verantwortlich sei. In den Schulen, so kritisieren sie, werde die linke, rationale Hirnhälfte permanent
überfordert, während die rechte Hirnhälfte mit ihren kreativen und emotionalen Kompetenzen kaum gefragt sei und deshalb verkümmere. Irgendwann könnten die
gestresste und die vernachlässigte Hirnhälfte nicht mehr miteinander kommunizieren, weswegen es zu Lernfrust und Gedächtnisschwächen
käme. „Hemisphärenintegrationsübungen“, das sogenannte Brain-Gym®, sollen das angebliche Problem lösen. Durch das Drücken bestimmter Stellen, bestimmte
Gedanken, das Richten des Blickes in bestimmte Richtungen oder besondere Körperübungen („Beckenschaukel“, „Bauchatmen“, „Nackenrollen“,
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