Die populaersten Irrtuemer ueber das lernen
mit dem Vorlesen aufhören. Aber man kann sich dabei abwechseln. Ein paar Seiten lesen
Mutter oder Vater, ein paar Absätze das Kind.
■
Gerade Lese-Novizen, für die das Lesen noch sehr anstrengend ist, brauchen anregende und
aufregende Lektüre und jemanden, der sie ihnen vorliest. Aber auch ältere, im Lesen schon geübte Kinder finden es toll, wenn jemand bei ihnen sitzt und
vorliest. Sie genießen nicht zuletzt die Nähe und Aufmerksamkeit ihrer Eltern! Es gibt gefrustete Erst- und Zweitklässler, die überhaupt keinen Vorteil
darin sehen, lesen zu können. Aber auch sie kann man überzeugen. Zum Beispiel mit Geheim-Botschaften im Federmäppchen: „Fußball. Stadion. Ich gehe mit dir
hin. Heute Nachmittag. Sag mir, ob du Lust hast. Papa.“ Einen Versuch ist es wert.
Irrtum: Jungs lesen einfach nicht gern
Jungs sind selten Bücherwürmer. Das könnte an den Jungs liegen – oder an den Büchern ...
Eltern sehen es in der Regel gerne, wenn Kinder anspruchsvolle Bücher lesen. Fachleute sprechen dann von guter Kinder- und Jugendliteratur, wenn an sich schon tolle, vielschichtige Storys überraschende Wendungen nehmen, mehrere Erzählebenen enthalten sowie Intelligenz und
Interesse der Leser ansprechen. Für Elisabeth Böker, frühere Schüler-Jurorin für den renommierten Deutschen Jugendliteraturpreis, sind gute Bücher in
erster Linie solche, die „die Fantasie anregen“. Vom fortschreitenden „Erfahrungsschatz des Protagonisten“, so Böker, profitiere auch der Leser, auch
wenn ihm das gar nicht bewusst sei. Was spricht noch für anspruchsvolle Literatur? „Die Welt“, sagt die mittlerweile 21-Jährige, „ist alles andere als
einfach. Mit Hilfe banaler Bücher kann man sie nicht verstehen.“
Passende Bücher für Kinder auszuwählen macht Mühe. Allein auf Altersangaben zu vertrauen hilft wenig, wenn man nicht weiß, über welche
Lesebiografie ein Kind verfügt. Ein achtjähriger Bücherwurm, der bereits „Die unendliche Geschichte“ (Michael Ende) verschlungen hat, dürfte für nahezu
nichts, was der Handel für sein Alter zu bieten hat, zu begeistern sein. Lesemuffel kann man dagegen mit etwas locken, das ihren Interessen und Vorlieben
entspricht, selbst wenn es für den Mainstream produzierte Massenware ist. Ob Sachbuch, Comic, Reiterhofromanze oder Fußballschmonzette – um Kinder zum
Lesen zu bringen, darf uns fast alles recht sein. Selbst Sybil Gräfin Schönfeldt, bekannte Publizistin und Grande Dame der Kinderliteratur, hat gegen
einfach gestrickte Detektiv- oder Gruselromane nichtseinzuwenden. Kinder hätten ihre Phasen, so die Gräfin, in denen sie solche Bücher
„fressen“ müssten. Das alles sei ganz normal und mache gar nichts. Hauptsache, die jungen Leser lernten auch mal andere Bücher kennen. Solche, die mehr
zu bieten haben.
Nach einer Studie des Instituts für angewandte Kindermedienforschung bezeichnen sich nicht einmal zehn Prozent der befragten Jungs
zwischen zehn und 16 Jahren als regelmäßige Leser. Lesen gilt als „uncool“, als „langweilig“, als etwas, das „nichts bringt“. Bücher seien Mädchenkram,
meinen die Buben. Sie selbst haben andere Hobbys: Zeit mit den Kumpels oder der Freundin verbringen sowie mit Sport. Mit zunehmendem Alter wird der PC
immer wichtiger. Den Computer nutzen Jungs vor allem, um zu spielen.
Noch keine vier Jahrzehnte ist es her, da hat allein der Besitz von viel Unterhaltungsliteratur (Micky Maus, Perry Rhodan) in der
Clique Eindruck gemacht. Heute lesen männliche Jugendliche schon deshalb nicht, weil sie um ihr Image fürchten. Fragt man sie nach ihren Lieblingsgenres,
so nennen sie an erster Stelle Krimis, dann Fantasy-, Grusel- und Abenteuerromane. Klassiker der Jugendliteratur („Tom Sawyer“) lesen sie so gut wie
überhaupt nicht. Im Zeitalter von dreidimensional animierten Konsolenspielen und spektakulären Hollywood-Produktionen lesen zumindest größere Jungs fast
ausschließlich Bücher mit Action, Spannungs- und Unterhaltungswert.
Für die Tatsache, dass vor allem Knaben über 13 Jahren sich dem Lesen zunehmend verweigern, hat Stefan Wendel, Programmleiter des
Thienemann Verlags, eine verblüffend einfache Erklärung: „Das Angebot an Büchern, die sie in diesem Alter wirklich interessieren, ist äußerst dürftig.“ Allein mit Büchern, die vonpfiffigen, vor Selbstbewusstsein strotzenden Mädchen handeln, könne man ganze Bibliotheken füllen. Wer
jedoch
Weitere Kostenlose Bücher