Die Portal-Chroniken - Portal: Band 1 (German Edition)
Ich wühlte in meiner Tasche, zog die Physikmappe heraus und tat so, als würde ich meine Hausaufgaben durchgehen.
Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ein sehr verspäteter Dr. Lee das Klassenzimmer betrat und alle still wurden. Ich war ein bisschen überrascht. Ich hatte einen stämmigen Ex-Eishockeyspieler erwartet, aber Dr. Lee sah wie der typische Wissenschaftler aus, der noch nie in seinem Leben auf dem Eis gewesen war. Ich nahm an, er hatte versteckte Talente. Andererseits begann ich mich zu fragen, ob das Team wirklich gut war. Ich gab mir selbst einen imaginären Tritt. Wie konnte ich so voreingenommen sein? Schließlich machte ich, ein zierliches Mädchen, mir Hoffnungen, für das Schulteam zu spielen.
»Miss Darley, ich habe ihre Notiz heute Morgen bekommen. Bitte kommen Sie während der Mittagspause in mein Büro.« Er rückte seine Fliege zurecht und wandte sich dem Rest des Kurses zu.
Maria warf mir einen wissenden Blick zu, und der Rest des Kurses sah mich neugierig an. Ich guckte nach unten und tat so, als ob ich mich auf meine Arbeit konzentrierte. Dank Harrys Hilfe gestern Abend konnte ich Dr. Lee folgen, als er zu Gleichgewicht und Drehmoment überging. Tatsächlich fing der Kurs an, mir Spaß zu machen. Physik schien ziemlich selbsterklärend zu sein, und ich konnte die verschiedenen Zusammenhänge ohne große Anstrengung verstehen. All diese Gleichungen auswendig zu lernen würde allerdings eine Herausforderung werden. Dr. Lee hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit aller, und während der Stunde gab es kein Flüstern oder Quatschen. Als wir nach draußen gingen, legten wir unsere Hausaufgaben in einen offenen Ordner auf Dr. Lees Schreibtisch.
Kellan streifte auf dem Weg zur Tür an mir vorbei. »Soll ich dich nachher bei Guitar Hero besiegen, Krabbe?«
Ich fühlte seinen Atem in meinem Nacken und ein Schauer überlief mich. Ich nickte dankbar und drückte seinen Arm.
Es war total lieb von ihm sich die Mühe zu machen, dass ich mich besser fühlte. Auf dem Weg zum Computerraum fragte ich Maria, ob sie das neue Mädchen im Kurs gesehen hatte.
»Ich hab nicht darauf geachtet, Arizona. Ich habe auf
dich
geachtet, genau wie der ganze Kurs!«
Ich nickte beschämt. »Ja, das tut mir leid. Ich muss mich wohl noch mal bei Kellan entschuldigen.«
»Was um alles in der Welt ist mit euch beiden los? Hast du ihm das mit dem Eishockey erzählt? Ist er sauer?«
»Hab ich nicht. Und warum sollte er sauer sein?«
Sie zuckte die Schultern. »Wahrscheinlich wär er’s gar nicht. Ich kapier das bloß nicht. Irgendwas
ist
mit euch beiden, definitiv.«
Ich schüttelte den Kopf, um zu widersprechen, aber sie verdrehte die Augen.
»Warum willst du Dr. Lee sprechen? Wegen Eishockey?«, fragte sie.
»Ach, ich will ihn nur wegen dem Ausprobieren fragen, Formulare und der ganze Kram.«
»Die ganzen Infos könntest du von Harry bekommen. Hast du’s ihm schon gesagt?«
»Nein, mach ich aber bald. Heute Abend vielleicht.«
»Mach das unbedingt. Er wird angepisst sein, wenn er das von jemand anderem erfährt. Das kannst du verstehen, oder?«, fragte sie spitz, weil sie offensichtlich jedes Vertrauen in meinen gesunden Verstand verloren hatte.
Ich nickte und versicherte ihr, dass ich mich darum kümmern würde.
Nach dem Computerkurs wanderte ich rüber zu Dr. Lees Büro und klopfte an die Tür.
»Herein«, klang die überraschend strenge Stimme.
Ich ging rein und wartete darauf, dass er mich zum Sitzen aufforderte. Dr. Lee war ein sehr ernst aussehender Mann. Ich hatte ihn bisher noch nicht lächeln gesehen. Er war ungefähr eins siebzig, schlank, und trug eine sehr förmliche graue Hose, einen blauen Blazer und eine rote Fliege. Das ließ ihn ein bisschen einschüchternd wirken, echt.
Er winkte mich zu einem Stuhl. »Hast du Probleme in Physik, Arizona?«
Ich atmete tief ein. »Nein, ich bin eigentlich hier, um mit Ihnen über Eishockey zu sprechen. Sie sind doch der Coach?«
»Ich bin der Leiter, nicht der Coach. Das ist Coach Stanislaw. Gibt es etwas, wobei ich dir helfen kann?«
Also war er nicht der Coach. Das ergab Sinn. Vielleicht wäre es besser, wenn ich mir irgendein Physikproblem ausdachte, um es mit ihm zu besprechen, und mit der Hockeysache wartete, bis ich Coach Stanislaw gefunden hatte.
»Dein Bruder ist ein hervorragender Eishockeyspieler. Bist du hier, um über ihn zu sprechen?«
»Nein, über mich. Ich denke darüber nach zu spielen.«
»Ich wusste nicht, dass du an Eishockey
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