Die Portal-Chroniken - Portal: Band 1 (German Edition)
leicht schwummrig, also entschied ich mich, leise nach oben zu schleichen. Aber als ich das Lachen und Geschrei aus dem Wohnzimmer hörte, konnte ich nicht widerstehen, einen Blick hinein zu werfen. Ella und Kellan spielten Guitar Hero gegeneinander und Harry tanzte dazu mit Gertrude. Tja, das erklärte das aufwendige GH-Set.
Ich habe einen Bruder!
Ella schien sich vollständig erholt zu haben. Mom und Rupert kuschelten auf der Couch und lachten so sehr, dass Mom die Tränen übers Gesicht liefen.
Gertrude war die einzige, die bemerkte, dass ich reingekommen war. Sie sprang von Harrys Armen und stürzte sich auf mich. Sie überraschte mich und ich stolperte, verlor das Gleichgewicht und fiel der Länge nach hin. Als ich tollpatschig versuchte hochzukommen, bemerkte ich, dass das ganze Zimmer still geworden war und alle mich anstarrten. Ich spürte, wie ich rot wurde, und achtete total darauf, Kellan nicht in die Augen zu sehen. Ich ließ mich auf den nächsten Sessel fallen.
»Geht’s dir gut, Arizona?« fragte Mom und kam zu mir.
»Ja, alles in Ordnung. Wie geht’s dir, Ella? Fühlst du dich besser?«, fragte ich um die Aufmerksamkeit von mir abzulenken.
Ella kam auch rüber und kletterte für eine Umarmung auf meinen Schoß. Das fühlte sich sehr merkwürdig an, aber ich legte meine Arme um sie.
»Ich hab Kellan gerade bei Guitar Hero geschlagen. Was könnte besser sein?«
Ich hörte Kellan im Hintergrund gespielt heulen.
»Ich habe Pizza bestellt. Ich hoffe, damit sind alle einverstanden.« Rupert stand auf. »Kellan, bleibst du zum Abendessen?«
»Nein, ich mache lieber, dass ich nach Hause komme. Tonnen von Hausaufgaben für Physik!« Er stand auf, umarmte Ella fest, boxte Harry und Rupert auf die Schultern und küsste Mom auf die Wange. Er drehte sich langsam um, lächelte und zog an meinem Ärmel. »Seh dich in Physik, Krabbe.« Ich fühlte mich leer. Unerklärlicherweise wollte ich nicht, dass er ging, und fühlte das starke Verlangen ihn zu berühren. Ich unterdrückte das Gefühl und winkte ihm zum Abschied nur lässig zu.
Rupert brachte die Pizzen ins Wohnzimmer und wir bedienten uns selbst. Ich setzte mich auf einen der dick gepolsterten Sessel und sah mich um. Ella und Harry saßen auf dem Boden und stopften sich voll. Sie waren sich offenbar sehr nahe. Harry schien jede ihrer Bewegungen zu verfolgen und half ihr jedes Mal, bei dem kleinsten Anzeichen, dass sie irgendetwas brauchte. Sie betete ihn richtig an dafür, aber hatte scheinbar auch ihren Spaß daran, ihn zu ärgern. Also, bei ihr keine Neuigkeiten. Sie ist so eine Nervensäge!
Ella schnippte ständig Käsestückchen in Harrys Gesicht, aber er lachte nur und kitzelte sie dafür spielerisch. Ich war ein bisschen neidisch. Mein ganzes Leben hatte ich mir einen älteren Bruder gewünscht, der auf mich aufpasste und immer auf meiner Seite war. Mein Verhältnis zu Ella war angespannt. Oder zumindest erinnerte ich mich, dass es in Princeton so gewesen war. Wir umarmten und berührten uns nie oder verbrachten jemals Zeit miteinander. Sie wusste, wie sie mich wütend machen konnte, und das konnte ich nicht leiden. Und da war sie, Käse schießend, ohne jegliche Konsequenzen.
Ich drehte mich um und sah Rupert an. Ich überlegte, was seine Geschichte war. Ich wusste, dass er Gitarre spielte. War er eine Art Musiker? Ich fragte mich, wohin er auf seinem Bike fuhr. Er sah meine Mutter mit vernarrten Augen an, den Kopf in ihren Schoß gelegt, während sie sein Haar streichelte. Ich fragte mich, worüber sie nachdachte. Wo hatten sie sich kennengelernt? Wie lange waren sie schon zusammen? Und die größere Frage war: Warum nannten wir ihn
Dad
? Ich konnte spüren, dass ich mich wieder in etwas hineinsteigerte, und wollte schreien. Ich atmete tief ein und schloss für einen Moment die Augen.
Ich öffnete die Augen wieder und sah Mom an. Sie schien ihr gewohntes Selbst zu sein, aber entspannter und zufriedener. Ich hatte sie diesen Abend ein paar Mal dabei beobachtet, wie sie irritiert auf ihr Blackberry starrte, und fragte mich, was los war. Sie sah erstaunlich gut für ihr Alter aus, irgendwie jünger. Obwohl sie so um die fünfundvierzig sein musste, sah sie keinen Tag älter als dreißig aus… na ja, vielleicht fünfunddreißig. Ich sah ihre geliebte Kelly-Bag neben ihrem Sessel auf dem Boden liegen. Manche Dinge änderten sich nie.
Meine Augen wurden von ihren Händen angezogen. Was war das um ihren Finger? Dreck? Ich sah genauer hin—es
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