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Die Portugiesische Reise (German Edition)

Die Portugiesische Reise (German Edition)

Titel: Die Portugiesische Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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Hoffnungslosigkeit, was zwei verschiedene Dinge sind, mit Worten und Schlägen angegriffen wurde, ohne dass irgendjemand gekommen wäre, um den Schwachen vor den Starken zu bewahren, den Verfolgten vor seinen Verfolgern. Oder vielleicht ist ja jemand gekommen, aber das allein reichte nicht. Denn wenn man die Hand, die man eben noch gereicht hat, wieder wegzieht, dann macht man es nur noch schlimmer. Bestimmt gab es Leute, die José Junior gute Ratschläge gaben und ihn vor seinen Peinigern warnten. Und bestimmt gab es Leute, die ihm Wein ausgaben, um sich dann auf seine Kosten zu amüsieren. In einer Gegend wie dieser, in der es an allem fehlt, wäre es doch dumm, sich ein kostenloses Vergnügen entgehen zu lassen. Das willkürliche Vergessen kann da eine große Hilfe sein: Drei Menschen fragt der Reisende, ob sie José Junior gekannt haben, und keiner kann sich an ihn erinnern. Aber darüber muss man sich nicht wundern. Wenn wir mit Gewissensbissen nicht leben können, dann vergessen wir sie. Und genau deswegen schlägt der Reisende vor, in einer dieser wunderhübschen Straßen oder auch gern in einer dunklen Gasse ein Schild anzubringen mit einem halben Dutzend Wörtern, nichts Weltbewegendes, zum Beispiel: Rua José Junior, Sohn dieser Stadt. Und für den Fall, dass einmal ein Reisender vorbeikommt, würde der Gemeinderat jemanden damit beauftragen, ihm zu erklären, wer José Junior war und warum sein Name da steht.
    Den Geist hat der Reisende nicht gesehen. In São Jorge da Beira geht alles seinen gewohnten Gang, umgeben von Pinienhainen und Schluchten, unter einem weißen Himmel, der keinen Anfang und kein Ende hat. Vielleicht schneit es morgen hier oder weiter oben im Gebirge, wohin der Reisende nicht fährt. Auch José Junior wird sich nie weit von hier entfernt haben. Vielleicht hat er den Geist deswegen nicht gesehen. Jetzt, wo er ein Geist ist, nutzt er die Gelegenheit. Außerdem ist bewiesen, dass Geister nicht trinken. Und wenn es sie gibt, dann lachen sie ganz bestimmt über uns.
    Der Reisende fährt denselben Weg zurück, den er gekommen ist. Er isst in Fundão zu Mittag, sieht sich den Brunnen Chafariz das Oito Bicas an und fährt weiter in das nahegelegene Donas. Alles, was es hier zu sehen gibt, liegt dicht beieinander, was den Besuch vereinfacht. In der Pfarrkirche sind Frauen damit beschäftigt, den Boden zu wischen, und nicht besonders erfreut über den Eindringling. Sie blicken ihn misstrauisch an wie einen Aufpasser, der ihre Arbeitszeiten überwacht. Der Reisende weiß, dass diese Arbeit unbezahlt ist und zum Ruhme der Kirche und zum Erlangen des Seelenheiles verrichtet wird. Da es hier nicht viel zu sehen gibt, geht er weiter in die Capela do Pancas, die hübsch in manuelinischem Stil verziert ist. Ebenfalls manuelinisch und höchst elegant ist die Casa do Paço. Sie gehörte der Familie des Kardinals Jorge da Costa, des berühmten Alpedrinha, der mehr als hundert Jahre alt wurde und in Rom in einem wundervollen Grabmal bestattet ist. Der Kardinal war sehr ehrgeizig. Er liebte das Geld, den Luxus und die Macht. Und besaß alle drei. Er war Prälat in Évora, Erzbischof von Lissabon und Kardinal de nomine , und als er 1479 nach Rom ging, von wo er nie zurückkehrte und wo er 1508 starb, erhielt er die Titel Bischof von Albanense, Bischof von Tusculum, Bischof von Porto und von Santa Rufina. Außerdem war er Erzbischof von Braga, ohne Rom dafür verlassen zu haben. Der Reisende fragt sich, wie es möglich ist, dass der Baum des Evangeliums solche Früchte trägt, und tröstet sich mit dem Gedanken, dass es weder Alpedrinha noch seine stolzen Verwandten waren, die in Donas die wunderschöne Casa do Paço errichteten. Der Reisende hat den Verdacht, dass die Frauen, die in der Kirche den Boden wischen, von den Maurern abstammen, die diese Wände gebaut und das Mauerwerk der Fenster und Türen geformt haben. Irgendjemand muss es ihnen sagen.
    Von Donas nach Alcaide ist es ein Katzensprung, man ist schnell dort. Die wunderschöne Landschaft lässt die Strecke noch kürzer erscheinen, trotz der Unebenheiten im Gelände, darunter zwei Bahnübergänge und eine Brücke. Die Kirche São Pedro ist geschlossen, aber der Küster, ein alter, äußerst höflicher Mann, kommt und öffnet ihm auf formvollendete Art die Tür, man möchte meinen, der Reisende beliebt zu scherzen, aber nein, das ist sein voller Ernst, wer will, soll nach Alcaide kommen und sich ansehen, wie dieser Mann eine Tür öffnet. Dieser

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